Der Waldläufer
davon. Plötzlich hielten Pferd und Reiter an; beide begannen wie zwei gut abgerichtete Spürhunde zu wittern. Es war nichts; nur zwei einzelne Männer waren in der Ferne sichtbar.
Wir haben am Anfang dieses Kapitels von fünf Personen gesprochen; dieses sind die beiden letzten, die wir an dessen Ende wiederfinden. Die beiden Männer hatten ebenfalls den Indianer zu Pferd bemerkt. »Wilson!« sagte der eine von ihnen, der zeichnete. »Sir?« antwortete der Amerikaner. »Diesmal ist dort etwas, das Euch angeht, wenn ich nicht irre.« Und Sir Frederick, der dafür bezahlte, um sich nicht mit all den kleinen Gefahren der Steppe beschäftigen zu müssen, dachte nur noch an die Skizze, die er zu zeichnen im Begriff stand. Die Bewegungen des Amerikaners und des Komantschen, um sich gegenseitig anzureden, zeigten von dem Grad des Vertrauens, der im Verkehr des wilden Lebens vorherrschend ist. Wilson machte ein Zeichen mit der Hand, daß er eine freundliche Unterredung eingehen wolle, warf sich aber dabei in eine Höhlung des Bodens, so daß sein Kopf allein darüber hervorragte.
Der Indianer wurde von diesem Verfahren betroffen, stieg vom Pferd und verbarg sich fast ganz hinter diesem. Dann ließ er es vorwärts gehen, ohne daß man mehr von seiner Person als den Scheitel seines Kopfes und seine über den Sattel hinweg wie eine Kanone auf dem Wall gerichtete Büchse hätte bemerken können. So näherte er sich dem Amerikaner. Der Engländer zeichnete immer noch. Als endlich der Indianer und der Weiße einige Worte gewechselt hatten und gegenseitig überzeugt waren, daß der eine den anderen nicht ermorden wollte, warfen sie ihre Büchsen wieder über die Schulter; der erstere stieg aus seinem Loch, der zweite wieder auf sein Pferd, und beide reichten einander die Hand. »Zu welchem Stamm gehört mein junger Freund?« fragte Wilson.
»Zur Nation der Komantschen; er will sich wieder mit seinen Brüdern vereinigen, um sie auf die Spur eines Feindes zu führen. Was macht mein weißer Bruder in der Steppe?« »Ich weiß es nicht.«
Und als der Indianer mit ungläubiger Miene lächelte, sagte Sir Frederick: »Wir gehen spazieren, mein Lieber.«
»Die Jagdgebiete von Main-Rouge und Sang-Mêlé und die der Apachen sind voll von Gefahren«, sagte der Indianer ernst.
»Das geht mich nichts an; sprecht darüber mit Wilson!«
»Diese oder andere!« erwiderte der Yankee phlegmatisch.
»Meine weißen Brüder sind gewarnt.« Als der Indianer dies gesagt hatte, brach er die Unterhaltung ab und sprengte im Galopp davon.
Wanderer folgte mit den Augen dem jungen, auf einem wilden, ungestümen Renner durch die Steppe dahinstürmenden Krieger; Pferd und Reiter waren berauscht von dem Luftzug, der – frei wie sie – um ihre Ohren sauste. Es war ein imposanter poetischer Anblick, der nur mit dem eines mit vollen Segeln dahinfahrenden Schiffes, das den unermeßlichen Ozean durchfurcht, verglichen werden kann. –
Nachdem wir nun die Lücken der Vergangenheit ausgefüllt haben, ist es Zeit, ins Val d'Or zu Pepe und dem Kanadier zurückzukehren.
63 Zwei Seelen im Fegefeuer
Am Himmel war keine Spur von dem Sturm zurückgeblieben, der die ganze Nacht hindurch nach dem Verschwinden Fabians gewütet hatte, aber die Erde trug noch deren Eindrücke. Der Regen hatte den Boden gepeitscht, zerrissen und ihn wieder geebnet; jede menschliche Spur war verschwunden, und Stimmen ließen sich in den Bergen vernehmen, die am Tag vorher noch stumm waren; es waren dies schlammige Wasserfälle, schmutzige Bergströme, die in die Ebene den Morast des trockenen Grases und die von der Seite der Felsen abgerissenen, besudelten Gebüsche hinabtrugen. Über diesen Szenen der Verwüstung – denn die gelblichen Fluten bespülten die Leichname der auf der Erde liegenden Indianer – glänzte die Sonne wie gewöhnlich an einem heiteren Himmel.
Ein Mann saß mit gebeugtem Haupt allein auf einem Felsblock dicht bei der Pyramide des Grabmals. Der Schmerz schien auf seinem energischen Antlitz in einer Nacht tiefe Furchen gezogen zu haben wie die von der Sturmflut am Fuß der Nebelberge aufgerissenen Spalten. Seine grauen Haare flatterten um seine Wangen, deren sonnenverbrannte Farbe gebleicht war; er schien die glühenden Strahlen nicht zu bemerken, die auf seine entblößte Stirn fielen.
Das war der arme kanadische Jäger.
Seine gewöhnliche, aber schon durch unaufhörliche Angst um Fabian erschütterte Seelenstärke schien unter diesem letzten Schlag ganz
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