Der Waldläufer
flammende Augen wie zwei Feuerkugeln, während der kräftige Schweif seine Weichen peitschte.
Es war ein verwundeter Büffel. Und Pepe stürzte auf ihn zu wie ein ausgehungertes wildes Tier.
65 Eine Jagd auf Leben und Tod
Bois-Rosé war entschlossen, diese unverhoffte Gunst der Vorsehung zu nützen, und stürzte dem früheren Grenzjäger nach, von Gayferos gefolgt, der ebenso wie sie begriff, daß ihr Leben vom glücklichen Erfolg dieser Jagd auf Leben und Tod abhing.
Diese Jagd gehörte in der Tat nicht mehr zu denen, bei denen die Eigenliebe allein im Spiel ist; das Leben, das eben entfliehen wollte, mußte man dem Hungertod und seinem Gefolge von Qualen entreißen; man mußte jagen, wie es die reißenden Tiere tun, die Eingeweide vom Hunger zerrissen, mit blutigen Augen und keuchenden Weichen. Aber mitten in der Steppe war es, wo drei Männer ohne andere Waffen als ihre Messer ein Tier verfolgen sollten, das schnell genug war, ihrer Anstrengung zu spotten, und zu furchtbar, als daß man sich ihm ungestraft hätte nähern können.
Beim Anblick der auf ihn zulaufenden Feinde stand der Büffel einen Augenblick still, scharrte zurückweichend mit dem Fuß die Erde auf, peitschte unter dumpfem Brüllen seine Weichen mit dem Schwanz, fegte den Boden mit den Wellen seiner langen Mähne und wartete hinter dem Wall seiner drohenden Hörner wie hinter einer Verschanzung.
»Faß das Tier im Rücken, Pepe!« rief der Kanadier mit einer fast ebenso furchtbaren Stimme als die des brüllenden Büffels. »Gayferos, nehmt die rechte Seite; wir müssen ihn zwischen uns einschließen!«
Pepe war von den drei Jägern am weitesten voraus, und er führte den Befehl des Kanadiers mit einer Schnelligkeit aus, die man seinen müden Beinen nicht zugetraut hätte; Gayferos lief ebenfalls schnell nach der rechten und Bois-Rosé stürzte nach der linken Seite. Alle drei hatten bald die Winkel eines Dreiecks um den verwundeten Büffel gebildet.
»Jetzt zusammen vorwärts! Hurra! Hurra!« rief der Spanier, stürzte mit dem Messer in der Hand auf den Büffel los und trank mit den Augen schon das Blut, das von dem Tier wie ein purpurner Regen ringsum niedertropfte.
»Im Namen Gottes, nicht so schnell!« sagte der Kanadier, erschreckt vom heißhungrigen Eifer des früheren Grenzjägers, der jeder Gefahr Trotz bot. »Laß uns doch mit dir zugleich herankommen!«
Aber Pepe hörte nicht auf ihn; seine Augen glühten, seine Zähne waren fest zusammengebissen. Wo Bois-Rosé die Gefahr sah, erblickte Pepe nur eine zu verzehrende Beute, und er berührte fast den Büffel, als dieser aus Furcht vor den Feinden, deren Kreis sich um ihn schloß, die Flucht ergriff und in dem Augenblick fortlief, wo der Arm des Spaniers sich hob, um ihn zu treffen. Dieser letztere, von der Gewalt des Stoßes fortgerissen, traf nur die Luft, verlor das Gleichgewicht und fiel. Als er, ein wütendes Geheul ausstoßend, wieder aufstand, war der Büffel schon weit entfernt, und der Kanadier und Gayferos waren ihm voraus.
»Schneide ihm den Weg zum Fluß ab, Bois-Rosé!« rief der Spanier, als er sah, daß der Büffel einen letzten Zufluchtsort im Wasser suchen zu wollen schien. »Fabians wegen – um unser aller Leben willen dürfen wir ihn nicht entfliehen lassen!«
Bois-Rosé hatte Pepes Ruf nicht abgewartet, er hatte schon die Richtung des fliehenden Büffels bemerkt. In der Verzweiflung, die einzige Hoffnung ihres Lebens entschlüpfen zu sehen, lief der Kanadier in weiten Sätzen wie ein Jagdhund zum Ufer des Flusses, und als er sich mit dem Büffel fast in einer geraden Linie befand, verließ er diese plötzlich und stürzte sich mit lautem Geschrei auf ihn los. Das Tier schlug eine entgegengesetzte Richtung ein, und da es sich hier dem Gambusino gegenüber befand, der ihm den Weg abschnitt, so lief es wieder auf Pepe zu.
Der Kanadier und Gayferos waren geschickte Jäger, und der Hunger verdoppelte noch ihren scharfen Blick; sie setzten also ihre Verfolgung fort und verdoppelten ihr Geschrei, während Pepe im Gegenteil unbeweglich und schweigend sich auf die Erde duckte und auf sein Vorüberkommen lauerte.
Es wurde bald klar, daß der Büffel sich durch eine breite Wunde zwischen beiden Schultern und durch den Blutverlust ermattet fühlte. Seine Bewegungen hatten die nervige Spannkraft verloren, Wellen blutigen Schaums drangen aus seinen weiten schwarzen Nüstern, und sein rauhes, stoßweises Gebrüll verriet seine Erschöpfung. Eine Wolke schien vor seinen
Weitere Kostenlose Bücher