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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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und der Gewalt des Wassers, gegen das sie zu kämpfen haben, Widerstand leisten können. Übrigens schützt gerade ihre Leichtigkeit sie vor tausend Unfällen, die ein stärkeres Fahrzeug in Stücke zertrümmern würden, und gestattet den Schiffern, sie an unpassierbaren Stellen ohne Mühe ganze Tagesmärsche hindurch auf die Schultern zu nehmen.
    In einem dieser Kanus schiffte sich nun die kleine Schar ein. Der Komantsche trieb es mit seinen Rudern mitten in den Fluß, und das gebrechliche Werkzeug folgte bald deren lebhafter Strömung. Rayon-Brûlant und der Krieger, der ihn begleitete, fuhren dann mit dem Kanu am linken Ufer entlang, dem Land so nahe wie möglich, um sich im Schatten der Bäume, der sich bereits über den Fluß hin verbreitete, zu verbergen.
    »Wie weit sind wir etwa nach Eurer Meinung von der Gabel des Red River entfernt?« fragte der Kanadier, der die Schnelligkeit ihrer Fahrt noch langsam nannte.
    »Wenn wir so die ganze Nacht fahren, so werden wir morgen an der Red Fork sein«, antwortete der Komantsche, »sobald sich die Sonne am Horizont an derselben Stelle befindet wie heute abend.«
    Einen ganzen Tag und eine ganze Nacht hindurch mußte man also rudern; vorausgesetzt, daß kein Hindernis die Fahrt der kleinen Truppe aufhielt. Dies war jedoch fast wahrscheinlich, da die fünf Schiffer von Feinden aller Art umgeben waren.
    Bois-Rosé durchspähte mit den Augen ebenso wie seine Gefährten die buschigen Ufer des Flusses und das kahle Ufer auf der anderen Seite, wo er Sang-Mêlé und seine Bande vermutete; zugleich aber ging er in seinem Gedächtnis alle einzelnen Umstände in der Erzählung Rayon-Brûlants durch, um ihre Aussichten, den Mestizen einzuholen, zu berechnen. Einige von ihnen schienen ihm nicht recht klar genug, und dann war auch das Fabian bevorstehende Schicksal für ihn Gegenstand verzehrender Unruhe.
    »Welcher von Euren Kundschaftern«, fragte der Kanadier den Komantschen, »ist in Main-Rouges Lager gedrungen?«
    Der Indianer bezeichnete mit dem Kopf den Krieger, der neben ihm ruderte.
    »Ah«, rief der Waldläufer bebend aus, »warum sagtet Ihr mir das nicht früher? Komantsche«, fuhr er fort und wandte sich an den Ruderer mit einer Stimme voll Aufregung, »Ihr habt den jungen Krieger aus dem Süden, wie sie meinen armen Fabian nennen, gesehen; Ihr habt ihn gesehen und mit ihm gesprochen? Was tat er? Wie war seine Haltung? Richtet er oft die Augen nach dem Horizont, um in den Wolken den Flug des Adlers der Schneegebirge und denjenigen zu suchen, den sie besser den Spottadler nennen würden? Sprecht, Komantsche, die Ohren eines Vaters sind offen, um von einem vielgeliebten Sohn sprechen zu hören.«
    Aber der wilde Krieger antwortete nichts auf diese Flut von Fragen; er verstand kein Spanisch, und der Komantschendialekt war dem Kanadier unbekannt.
    Rayon-Brûlant übersetzte die Fragen und die Antworten. »Der junge Krieger aus dem Süden«, sagte er, »war ruhig und traurig wie die Dämmerung in den Bergen, wenn der Nachtvogel zu schreien beginnt.«
    »Hörst du, Pepe?« sagte der Kanadier mit feuchten Augen.
    »Sein Gesicht«, fuhr der Übersetzer fort, indem er getreulich wiederholte, was er vernahm, »war bleich wie der Mondstrahl auf einem See; aber seine Augensterne leuchteten wie die Feuerfliege im dunklen Gras der Prärien.«
    »Ja, ja«, sagte der Kanadier; »wenn Ihr wissen wollt, ob ein Mann tapfer ist, so seht nicht auf seine Wangen, sondern in seine Augen.«
    »Aber«, fuhr der Dolmetscher fort, »was bedeutet die Blässe der Wangen des jungen Kriegers aus dem Süden und das Feuer seiner Augen? Daß sein Körper Hunger litt, aber daß die Qualen in seinen Eingeweiden sein Herz nicht erreichten! Das Herz eines Kriegers leidet niemals unter den Qualen seines Leibes.«
    Der alte Jäger hatte zu lange unter den Indianern gelebt, um nicht einen in allen Fällen erprobten Mut allem anderen vorzuziehen, und eine wilde Freude strahlte in seinen Augen, als er aus dem Mund des Indianers das Lob seines Kindes hörte.
    »Der junge Krieger aus dem Süden«, begann der Indianer wieder und setzte vielleicht seine eigenen Empfindungen bei Fabian voraus, »suchte nicht am Horizont den Flug der Adler – seiner Freunde – zu unterscheiden; er schaute in sein eigenes Herz, und das Todesgeschrei der Feinde, die er getötet hatte, sang in seine Ohren, und er lächelte dem Tod zu.«
    »Geht doch, Komantsche, der junge Mann sagte nicht, was er dachte. Er weiß recht gut, daß sein

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