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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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einer gefährlichen Lage mit furchtbaren Vasallen zu unterhandeln. »El Mestizo«, sagte er, »hat es so eilig, uns zu verlassen, daß er einen wichtigen Umstand vergißt. Sollte er sich fürchten vor dem Krieger, der zum Büffelsee kommen wird, daß er sich nicht seines Versprechens erinnert, meinen Händen denjenigen zu überliefern, den die Komantschen Rayon-Brûlant, den Zündenden Strahl, nennen?«
    Diese letzten Worte des indianischen Häuptlings bewirkten plötzlich, daß der Mestize, der seinen gewöhnlichen Anzug wieder angelegt hatte und im Begriff stand, sich mit seinen Gefangenen zu entfernen, seine Vorbereitungen zum Aufbruch einstellte. »Es ist gut; El Mestizo wird bleiben, weil er sich vor nichts fürchtet; nicht einmal vor den zündenden Strahlen des Großen Geistes«, erwiderte er stolz, indem er auf den Kriegsnamen dessen anspielte, den er nach jener Beschuldigung fürchten sollte und den auszuliefern er versprochen hatte.
    Die Bande des Schwarzen Falken bestand trotz der nach und nach auf dem Marsch bis zur Red Fork erlittenen Verluste noch aus ungefähr vierzig Reitern. Zehn Indianer begleiteten die beiden Piraten der Steppe, sechs andere hatten sich eben diesen fünfzig Kriegern angeschlossen – die Apachen waren also immer noch zahlreich genug, die Vaqueros, bei denen sie keinen Argwohn voraussetzten, mit Vorteil anzugreifen, sollte auch der junge Komantschenhäuptling die Krieger, die er befehligte, noch zur rechten Zeit herbeiführen.
    Die Schnelligkeit des Marsches der indianischen Reiter – denn sie hatten keinen einzigen Fußgänger mehr bei sich – war so groß gewesen, daß es beinahe gewiß war, die Jäger und ihr Verbündeter würden den Büffelsee nicht vor Einbruch der Nacht oder frühestens bei Sonnenuntergang erreichen. Die Krieger der Steppe sind so wenig vorsichtig wie die Kinder, deren ungestüme Launen sie ebenfalls besitzen. Es gab für sie ein noch anziehenderes Schauspiel als den Raub von Pferden: nämlich die Todesmarter eines Weißen.
    Die beiden Gefangenen – der Hacendero und der Senator – waren das ausschließliche Eigentum Sang-Mêlés, der durch das Lösegeld für sie eine reiche Beute zu machen hoffte; ihr Leben war geheiligt. Nur der unglückliche Fabian sollte mit seinem Leben die Kosten des grausamen Vergnügens tragen, das sich die Indianer versprachen. Es wurde also beschlossen, daß man ihn gleichsam als Sühneopfer vor dem Kampf darbringen wollte.
    Während die Streitäxte der Indianer in einiger Entfernung eine junge Weide von ihren Zweigen befreiten, um ihren Stamm in eine Art von Marterpfahl zu verwandeln, war Rosarita wieder zu sich gekommen; aber beim Anblick ihres gefesselten Vaters und des Senators, beim Anblick der funkelnden Augen des Mestizen, die sich mit unzüchtiger Glut auf sie richteten, fiel die Unglückliche trotz der Stimme ihres Vaters, der sie zu trösten suchte und seine ermutigenden Worte mit den Verwünschungen seiner Henker mischte, ein zweites Mal in Ohnmacht.
    »Ruhig, Freund!« sagte der Mestize kalt zu Don Agustin. »Seid ohne Furcht für Euer Leben; einige Beutel voll Piaster und hundert Pferde werden Euch aus meinen Händen loskaufen. Was die Taube des Sees anlangt, so wird sie zuerst das Weib eines tapferen Kriegers werden; dann werden wir später sehen, den Preis für ihre Loskaufung zu bestimmen. Ich habe sagen hören, daß die weißen Frauen gewöhnlich gegen den Willen ihrer Gatten so rebellisch sind, daß man nach einer gewissen Zeit sehr froh ist, sie selbst umsonst loszuwerden.« Hierauf betrachtete der Mestize mit gleichgültigen Augen die Vorbereitungen zur Todesmarter Fabians, ohne weiter auf die Verwünschungen des ungestümen Don Agustin oder auf die Bitten des Senators zu achten.
    Ebenso wie einige Tage vorher Don Antonio von Mediana, dessen Minuten gezählt waren, den vom Dolch Fabians geworfenen Schatten allmählich abnehmen sah, so bezeichnete auch jetzt jeder Fortschritt, den die Sonne nach Westen machte, einen Augenblick weniger im Leben Fabians.
    Wollte Gott etwa auf den Richter des spanischen Señors die Strafe der Wiedervergeltung in ihrer ganzen Strenge anwenden? Man hätte es fürchten können, denn während der kurzen Augenblicke des Schweigens mischte sich kein fernes Geräusch in die Seufzer des Schilfs am Fluß; keine Staubwolke am Horizont, kein Geräusch von Rudern, die durch die Anstrengungen seiner Freunde ins Wasser getaucht wurden, verkündete ihre Ankunft. Noch einige Augenblicke später,

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