Der Waldläufer
Rückkehr der Seinen, um ihnen zu sagen, daß Falkenauge gewesen ist mitten im Lande der Feinde und elf Skalps erworben hat in einer halben Sonne. Howgh!«
Er bestieg sein Pferd und schlug die Richtung nach den Nebelbergen ein, welche eher zu erreichen ihm die heutigen Abenteuer verhindert hatten. Zwar war es nun vollständig dunkel, aber er kannte ja die Lage der Berge und hoffte, schon Mittel zu finden, auf die »Fürsten der Wälder« zu treffen.
Bald sah er die finstere Masse des Gebirges zu seiner Linken liegen. Er behielt die eingeschlagene Richtung bei. Da auf einmal drang ein weithin donnernder Ruf in sein Ohr.
»Fabian!«
Er blieb halten und lauschte.
»Fabian, mein Kind, mein Sohn!«
Das war eine Stimme, wie sie kaum einer menschlichen Kehle entstammen konnte, so donnerkräftig und dröhnend.
»Fabian!« brauste es nach einer längeren Pause zum dritten Male durch die lautlose Nacht; dann blieb es still.
Dieser Ruf kam von keinem Indianer, wie die Sprache zeigte, welcher der Name angehörte. Sollte er aus der Brust des »großen Adlers« stammen, wie die Stärke der Stimme vermuthen ließ?
Furchtlos, aber mit wachen Sinnen ritt der Comanche weiter. Schon vernahm er das Rauschen des Wasserfalles; da klang es ihm entgegen:
»Halt! Wer naht?«
»Ein Freund der Bleichgesichter!«
»Ein Indianer, der unser Freund sein will? Wie ist sein Name?«
»Mein weißer Bruder nenne erst den seinen!«
»Die rothen Männer nennen mich den ›großen Adler,‹ und hier ist noch Einer, den sie den ›zündenden Blitz‹ nennen.«
»Die ›Herren der Savanne!‹ Uff! Der Comanche hat sie gesucht schon seit zwei Sonnen!«
»Ein Comanche? Hier in der Apacheria?« frug Pepe ungläubig. »Mein rother Bruder sage, wie er heißt!«
»Die Freunde und Feinde der Comanchen sagen ›Falkenauge‹ zu ihm.«
»Falkenauge! Santa Lauretta, Rosenholz, wenn dies wahr ist, so ist dies der richtige Mann, den wir gebrauchen können. Mein rother Bruder steige ab und erzähle uns, wie er auf den Gedanken kam, uns zu suchen!«
Die Jäger setzten ihre Büchsen in Ruhe, und der Comanche schwang sich vom Pferde. Es war ein wunderbares Ereigniß, dieses Zusammentreffen der drei berühmten Männer mitten im Gebiete der Feinde und im Dunkel der Nacht. Die beiden Weißen reichten dem Indianer in biederer Weise die Hand. Er selbst besaß eine stattliche Größe, aber er mußte emporsehen, um in das Angesicht des Kanadiers zu blicken.
»Mein rother Bruder wußte, daß wir in den Nebelbergen waren?« frug dieser.
»Die ›Fürsten der Wälder,‹ die ›Räuber der Savanne‹ und zwölf Hunde der Apachen. Wo sind sie?«
»Todt!« antwortete Bois-rosé einfach. »Will mein Bruder ihre Skalpe haben?«
»Seit die Sonne gerade über seinem Haupte stand hat Falkenauge zehn Skalpe gelöst und einen gezeichnet. Er trägt nur Häute, die er selbst erworben hat!«
»Elf Kopfhäute!« rief Pepe. »Mein Bruder erzähle!«
Der Comanche begann seinen Bericht, welchen die beiden Jäger trotz der außerordentlichen Aufregung, in welcher sie sich befanden, ruhig anhörten. Er sprach nicht von seinen Thaten, aber sie hörten zwischen seinen kurzen, einfachen Worten hervor, was er gewagt und auch für sie gethan hatte, und waren voll Bewunderung und Dankbarkeit für ihn. Er war ein stolzer und hochherziger Typus jener bronzenen Gestalten, die einst die Savanne beherrschten und nur durch die Berührung mit den Weißen entnervt und verlastert werden konnten.
Als er geendet hatte, erzählte auch Bois-rosé von den Ereignissen der letzten Tage. Das plötzliche Verschwinden Fabians bildete den Schluß seiner gedrängten Darstellung. Dann schwieg er und wartete, bis Falkenauge seine Meinung aussprechen werde. Diese ließ nicht lange auf sich warten.
»Die Räuber der Wälder und Prairien werden den ›großen Pfadfinder‹ nicht tödten, sondern ihn den Apachen geben; sie führen ihn nach dem Büffelsee.«
»So müssen wir sofort nach dem Büffelsee aufbrechen!« meinte der sanguinische Dormillon.
»Meine Brüder werden warten, bis der Morgen erscheint, der alle Spuren beleuchtet.«
»Unser Freund Falkenauge hat Recht,« stimmte der Kanadier bei. »Mich treibt es wohl noch heftiger fort, als Dich, Pepe; aber die Klugheit gebietet uns, aus den Spuren zu lesen, was wir zu thun haben.«
»Und meine Brüder dürfen nicht betreten das Grab des Häuptlings, bis die Sonne kommt, damit ihr Fuß nicht stoße auf die Zeichen, die sie sehen wollen!«
»Richtig!
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