Der Waldläufer
doch der Comanche schien sich nicht um sie zu kümmern, sondern eilte vorwärts, als sei er der Untrüglichkeit eines Gedankens gewiß, der seine Schritte lenkte.
Trotz dieser Eile nahmen sich die »Herren der Prairie« die Zeit, die gefallenen Apachen ihrer Munition zu berauben, was El Mestizo wohl vergessen hatte. Pulver und Blei sind für die Steppe nothwendige Requisiten, von denen man nicht eine zu große Menge bei sich führen kann.
Der Comanche stieg drüben auf der anderen Seite des Berges, da, wo auch Baraja und Oroche hinabgelangt waren, als sie das Pferd Cuchillo’s suchten, nieder und bog dann nach seitwärts zwischen die Felsen hinein. Dort legte er sich, nachdem er den Blick wie einen Zirkel so scharf an die Umgebung gesetzt hatte, zur Erde nieder und lauschte aufmerksam. Dann sprang er auf.
»Das Wasser des See’s flüstert unter Falkenauge; er wird seiner Stimme folgen!«
Von Zeit zu Zeit wieder lauschend, schritt er wieder zurück, bog bald rechts, bald links ab und blieb dann vor einer Oeffnung halten, welche wie ein Thor in den Felsen führte. Dort bückte er sich nieder.
»Uff!« klang es befriedigt. »Die Seele des Comanchen hat ihm die Wahrheit verkündet. Meine Brüder mögen in das Wasser blicken!«
Sie traten näher und bemerkten, daß sie den verborgenen Kanal vor sich hatten, durch welchen der See sein Wasser dem Rio Gila zuschickte. Die Wellen des Kanals waren nicht tief und so krystallhell, daß man den Boden deutlich sehen konnte, in dessen weichem Niederschlage sich die Abdrücke von vier Füßen zeigten, deren Spitzen in das Dunkel des Kanals hineinführten.
Der Comanche entledigte sich seiner Moccassins und Gamaschen und stieg hinab, um den Fußstapfen zu folgen. Schon nach einigen Minuten kehrte er zurück, ein Stück Büffelhautriemen in der Hand.
Das Kanoe der Räuber hat an diesem Riemen gehangen, den sie mit der Schärfe des Messers zerschnitten haben.
Der Riemen war zu fest in den Felsen gekeilt gewesen, so das El Mestizo gezwungen gewesen war, ihn zu zerschneiden. Von dem zurückgebliebenen Ende stammte das Stückchen, welches der Kanadier jetzt in seiner Hand hielt, um die Schnittfläche zu untersuchen. Sie war noch so frisch, daß sie zur Genüge bewies, daß der Schnitt erst während der vergangenen Nacht stattgefunden habe.
»Aber es sind die Spuren von nur vier Füßen!« meinte Pepe.
»Der große Pfadfinder wurde getragen,« antwortete der Indianer. »Meine weißen Brüder mögen die Zahl der Füße zählen!«
Wirklich ging aus der Anzahl der Eindrücke hervor, daß sich der zuerst Einsteigende umgewandt haben müsse, um eine Last in Empfang zu nehmen.
»Dieser Kanal führt in den Rio Gila. Es ist bestimmt, daß die Räuber nach dem Büffelsee gehen. Wir brauchen ihren Spuren nicht direkt zu folgen, sondern können die Ecke, welche die ›rothe Gabel‹ bildet, abschneiden,« schlug Rosenholz vor, welcher vor Begierde brannte, die Räuber zu ereilen. »Wir müssen sie haben, ehe es ihnen gelingt, die Apachen zu erreichen.«
»Mein Bruder sei ruhig,« tröstete Falkenauge. »Auf der Büffelinsel harren zehn tapfere Krieger der Comanchen auf Falkenauge. Sie werden sich vor den Hunden der Apachen verbergen, die Räuber der Wüste aber nicht vorüberlassen. Meine Brüder mögen kommen, damit Falkenauge sein Pferd hole. Er wird ihnen zwei Thiere der todten Apachen fangen, damit sie nicht zu gehen brauchen auf ihren Füßen, welche nicht so schnell sind wie die Hufe des Mustangs.« – –
An demselben Morgen und ungefähr um dieselbe Zeit, in welcher Falkenauge von seinem Schlafe erwacht war, näherten sich von Norden her zehn Gestalten dem Ufer des rothen Flusses. Sie waren nicht beritten, und ihre Tätowirung ließ erkennen, daß sie Comanchen seien. Hinter einander gehend, trat immer Einer in die Fußstapfen des Andern, und dies geschah mit einer solchen Sorgfalt und Genauigkeit, daß ein sehr geübtes Auge dazu gehörte, zu erkennen, daß die Spur nicht von nur einer Person herrühre.
Außer dem Voranschreitenden trugen alle neben ihren Waffen große Stücke Baumrinde auf dem Rucken, ein Zeichen, daß sie eine Stromfahrt vorhatten, da diese Rindenstücke zu nichts anderem bestimmt sein konnten, als vermittelst Harz und Baumfasern zu Kanoe’s verbunden zu werden.
Es waren die zehn Krieger, welche der »kluge Fuchs,« der Vater von Mo-la, abgesandt hatte, um Falkenauge an der Büffelinsel zu treffen.
Der vorderste Krieger verfolgte seinen Weg mit einer
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