Der Waldläufer
Ueberzeugung und Genauigkeit, als ob er sich nicht in der wilden Steppe, sondern auf der Chaussée eines civilisirten Landes befände, und wirklich erreichten sie den rothen Fluß gerade an der Stelle, welcher der Büffelinsel gegenüberlag.
Ein stolzes Lächeln spielte über das ernste Gesicht des Führers, als er, sich umwendend, meinte:
»Uff! Wer vermag den Pfad so genau zu legen, wie ›Bisonmähne,‹ der Comanche?«
Wirklich trug der Sprecher ein so reiches, dichtes Haar, welches ihm weit über die Schultern herabwallte, daß er diesen Namen vollständig rechtfertigte.
Nach einer kurzen Berathung wurden die Lasten abgelegt, und die Truppe zerstreute sich, nur einen Wächter zurücklassend, auf der Insel und den beiden Ufern, um sich zu überzeugen, daß sich kein feindliches Wesen in der Nähe befinde. Als die Männer wieder zusammentrafen, hatte keiner etwas Beunruhigendes entdeckt. Bisonmähne trat daher hart an das Wasser und legte beide Hände an den Mund.
»O – hiii, o – hiii!« ließ er den Ruf der Comanchen stromauf-und stromabwärts erschallen, aber es erfolgte keine Antwort.
»Falkenauge ist noch nicht hier, doch wird er kommen, denn seine Hand thut stets, was sein Mund verspricht. Meine Brüder mögen verbergen die Rinde und sich verstecken am Wasser, daß kein Feind sie zu sehen vermag!«
Es dauerte nicht lange, so hätte selbst das schärfste Auge nicht ohne genaue Untersuchung die Anwesenheit der Comanchen bemerkt.
Ihre Geduld sollte allerdings auf eine harte Probe gestellt werden. Der Tag verging, der Abend mit der Nacht ebenso, und auch der Morgen verfloß, ohne daß sich etwas gezeigt hätte, was ihrer Aufmerksamkeit werth gewesen wäre. Endlich am Nachmittage erklang Pferdegetrabe, und der aus seinem Schilfversteck hervorlugende Bisonmähne erkannte zwei Weiße, welche mit einem Lastpferde am Ufer herbeigetrabt kamen. Gegenüber der Büffelinsel blieben sie halten. Der eine von ihnen, ein ganz in Gamuza gekleideter, wettergebräunter Mann, ritt bis hart an das Wasser heran, legte, wie gestern der Führer der Indianer, die Hände wie ein Sprachrohr an den Mund und rief:
»Hola, Comanche!«
Sofort stand Bisonmähne mit angeschlagener Büchse vor ihm.
»Woher weiß das Bleichgesicht, daß der Comanche hier ist?«
»Von Falkenauge,« antwortete lächelnd über die Wehrfertigkeit der Weiße.
»Kann mir mein weißer Bruder dies beweisen?«
»Hier!«
Wilson gab den Stachelschweinsknopf in die sofort ausgestreckte Hand des Comanchen. Dieser betrachtete das Zeichen.
»Mein weißer Bruder ist ein Freund des Comanchen. Wo hat er Falkenauge gesehen?«
»An den Nebelbergen. Er läßt den Kriegern der Comanchen sagen, daß er kommen werde mit dem ›großen Adler,‹ dem ›zündenden Blitz‹ und dem großen Pfadfinder. Vorher aber werden kommen die Söhne der Apachen, um nach dem Büffelsee zu gehen, und meine rothen Brüder sollen sich vor ihnen verbergen und sie vorüberlassen.«
»Die Worte meines Bruders werden Gehorsam finden. Wohin werden die beiden Bleichgesichter gehen?«
Da kam auch Wallerstone herbei.
»Master Wilson, was habt Ihr mit diesem Manne zu verhandeln?«
»Ich habe ihm eine Botschaft von Falkenauge auszurichten.«
»Geht mich nichts an! Macht, daß wir vorwärts kommen!«
»Ich muß doch mein Wort halten!«
»Geht mich nichts an! Von der Botschaft steht nichts in unserem Kontrakte.«
Er lenkte sein Pferd wieder um.
»Wir gehen nach dem Büffelsee,« antwortete Wilson auf die Frage des Comanchen. »Hat mein rother Bruder etwas von dem weißen Renner der Prairie gehört?«
»Er ist in den Jagdgründen der Comanchen gesehen worden.«
»Sir Wallerstone!« rief der Westmann.
»Geht mich nichts an!« klang es zurück.
»Auch der weiße Renner nicht?«
Sofort warf der Sonderling sein Pferd wieder herum. »Was ist mit ihm?«
»Er ist in den Jagdgründen dieser rothen Krieger gesehen worden.«
»Wann?«
Der Führer des Engländers verdolmetschte dem Comanchen diese Frage.
»Einen Tag bevor Bisonmähne die Hütten der Comanchen verließ: vor drei Sonnen.«
»Und wohin wird er gegangen sein?« frug Wallerstone, als er diese Antwort englisch hörte.
»Bisonmähne denkt, daß er gehen wird an den rothen Fluß oder an die Tränken des Büffelsee’s.«
»An den Büffelsee wird er gehen, Sir Wallerstone,« übersetzte Wilson.
»Dann fort! Goddam, ich muß ihn haben!«
»Wollen wir nicht bei diesen Männern ein wenig ausruhen? Ich muß ihnen von Falkenauge
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