Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Bison kühn entgegen, wenn er die Hörner gegen mich senkt, aber ein Geschöpf wie El Mestizo oder Mani Sangriente hat die blinde Wuth des Büffels, die Schlauheit des Fuchses, die Gewandtheit des Tigers und die Stärke des Löwen in sich vereinigt. Rechnet man dazu die Verworfenheit eines Menschen, dem nichts zu schlecht und gottlos ist, so lernt Ihr eine Kreatur kennen, welcher jeder ehrliche Cibolero aus dem Wege gehen muß.«
    »Ich wollte es aber doch wohl wagen, mit ihm anzubinden.«
    »Ihr? Habt Ihr überhaupt schon einmal mit Jemanden angebunden?«
    »Nein!«
    »So schweigt um aller Heiligen willen! Ihr kämt ja gleich im ersten Augenblick um Euren Skalp!«
    »Aber es findet doch jedes Wesen seinen Gegner. Giebt es denn Keinen, der sich an sie wagen könnte?«
    »Ich kenne nur Zwei oder Drei, denen dies möglich sein dürfte.«
    »Wer sind sie?«
    »Die ›Herren der Savanne‹ und Tiburcio Arellanos.«
    »Ah, Tiburcio! Ja, den kennen wir Alle. Er ist der beste Rastreador von ganz Sonora, und unser Herr hält gar große Stücke auf ihn, seit er ihn von den Räubern befreit hat. Ich glaube sogar, daß die Sennorita auch zuweilen an ihn denkt. Aber wer sind diese Herren der Savanne?«
    »Zwei nordamerikanische Jäger, welche von den Wilden der ›große Adler‹ und der ›zündende Blitz‹ genannt werden. Ich traf sie mit Tiburcio in der Steppe, als sie der Expedition Don Estevans folgten. Und wenn es außer ihnen je noch Einen gibt, der El Mestizo und Mani Sangriente nicht fürchtet, so ist es kein Anderer, als dieser Falkenauge, welcher der verteufeltste Comanche ist, den man nur sehen kann.«
    »Ist es gar so schlimm?« frug Franzesko, der gar zu gern ein Held geworden wäre wie die berühmten Männer, deren Namen er jetzt gehört hatte.
    »Schlimm nicht, aber wahr, Sennor Franzesko. Ich gebe Euch mein Wort, der Comanche nimmt es mit zwanzig Leuten, wie Ihr seid, spielend auf! Uebrigens ist er den Räubern nach, und es sollte mich wundern, wenn ich nicht einmal hörte, daß er auch wirklich mit ihnen zusammengetroffen ist!«
    In diesem Augenblicke sprangen Alle von der Erde auf.
    »Sennor Augustin, Sennorita Rosa!«
    Dieser Ruf war es, welcher eine solche Wirkung hervorgebracht hatte.
    Wirklich nahte unter den hohen Bäumen des Urwaldes eine ansehnliche Kavallade von ledigen Pferden und wohlbepackten Maulthieren, hinter welcher, von einigen bewaffneten Dienern gefolgt, Don Augustin mit seiner Tochter erschien.
    Am See angekommen, blickte er sich forschend um und deutete dann mit der Hand die Stelle an, wo er das Lager aufgeschlagen wünschte. Während dies vorgenommen wurde, trat er mit Rosarita zu den Vaquero’s, welche ihn ehrfurchtsvoll und freudig begrüßten.
    »Auch Encinas und Pascual!« rief er, sichtlich froh überrascht. »Da werde ich wohl wieder manches Abenteuer zu hören bekommen!«
    »Ich denke es, Sennor,« antwortete der Erstere. »Wir haben in diesem Jahre da draußen in der Savanne so viel erlebt, wie sonst in zweien nicht. Wir haben El Mestizo gesehen, Ti – – –«
    »Den Mestizen? Wo?« frug er rasch.
    »Eine Strecke hinter Tubac, wo er vor uns und den Comanchen fliehen mußte. Ferner Tiburcio Arellanos mit den Fürsten – – –«
    »Tiburcio?« frug Rosarita schnell, indem eine freudige Röthe ihr schönes Antlitz überflog.
    Es war die erste Kunde von ihm, welche seit seinem Scheiden zu ihr gelangte.
    »Wo saht Ihr ihn?« fügte Augustin hinzu.
    »In der Steppe zwischen Tubac und der Apacheria. Er verfolgte Don Estevan de Arechiza in Gesellschaft des ›großen Adlers‹ und des ›zündenden Blitzes.‹ Dann habe ich gesehen Falkenauge, den Comanchen, der Euch grüßen läßt, Sennorita.«
    »Mich? Ein Comanche?« frug sie befremdet.
    »Ja. Er läßt Euch sagen, daß Ihr Euch am Büffelsee vor den Räubern der Wüste hüten sollt.«
    »Wie kam das, Encinas? Doch aber, das sollst Du uns später noch erzählen, wenn uns mehr Zeit übrig bleibt als jetzt.«
    Er führte seine Tochter nach dem Zelte, welches man bereits für sie errichtet hatte. Es war aus himmelblauer Seide gefertigt und mit eingestickten goldenen Sternen übersät, ein Tribut, welchen der Vater der Schönheit und Herzensgüte seines einzigen Kindes gebracht hatte.
    Auch ihm wurde ein Zelt errichtet, und eben war er in dasselbe getreten, während die Diener noch beschäftigt waren, die Maulthiere von ihrer Bürde zu befreien, als sich am Saume des Waldes eine Gruppe bemerkbar machte, welche die Aufmerksamkeit

Weitere Kostenlose Bücher