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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Unermüdlich im Rauben, wie die Wilden, furchtbar in der Handhabung der Feuerwaffe wie ihre Väter, civilisirt und mild zugleich, die Sprachen ihrer Väter und Mütter sprechend und stets bereit, diese Kenntnisse und Fertigkeiten zu gebrauchen, um sowohl die Indianer als auch die Weißen zu betrügen, sind diese Mestizen der Schrecken der Wüste und die fürchterlichsten Feinde, denen man begegnen kann. Main-Rouge und Sang-Mele waren die berüchtigten unter ihnen. Zu jeder schlimmen That fähig und unübertroffen an Körperstärke und Geschicklichkeit, traten sie, wo sie nur erschienen, als rücksichtslose Gebieter auf, und wehe Dem, welcher ihnen Widerstand zu leisten wagte, er ging verloren, gleichviel ob er ein Weißer oder ein Indianer war. Und wie sie gegen Andere ein kein Mitleid kennendes Herz zeigten, so lebten dieser Vater und Sohn auch unter sich in einem grauenhaften Verhältniß, und man erzählte sich von Scenen zwischen ihnen, welche das Haar sträuben machten.
    »Kennst Du sie, Alter?« frug leise Sang-Mele.
    »Don Augustin, der Reiche!« antwortete Main-Rouge kurz.
    »Willst Du Geld, viel Geld?«
    Der Prairienräuber nickte mit einem Lächeln, in welchem sich die ganze Grausamkeit seiner verworfenen Seele aussprach.
    »Gut. Wir putzen die Vaquero’s weg; der Haziendero muß ein Lösegeld versprechen, und das Mädchen bleibt als Geißel bei uns.«
    »Auch wenn er das Geld bezahlt?«
    »Auch dann,« lachte El Mestizo. »Oder denkst Du, daß ich keine Frau werth bin?«
    »Aber nöthig hast Du keine. Was soll werden, wenn Du vor einem hübschen Gesicht im Grase kriechst? Ich putze sie Dir mit der ersten besten Kugel weg, darauf kannst Du Dich verlassen!«
    »Dann putze ich Dich mit der zweiten weg, darauf kannst Du Dich ebenso verlassen, Du alter Schurke, Du!«
    »Eine Frau nehmen ist der dümmste Streich, den ein Jäger machen kann.«
    »Hast Du nicht auch eine ›Squaw‹ (indianische Frau) gehabt? Und zwar eine, deren Du Dich heut noch schämen mußt!«
    »Schweig, Bube, sonst stoße ich Dir das Messer in den Leib! Ich nahm sie, weil ich gefangen war und mich nur auf diese Weise retten konnte. Sie ist Deine Mutter!«
    »Gut, daß sie nicht mehr lebt, denn ich würde ihr nach drei guten Schritten das Fell über die Ohren ziehen für die Albernheit, mir einen solchen Vater zu geben! Aber nimm die Büchse her und mach, daß wir hier fertig werden. Ich nehme den rechts und Du den Linken!«
    »
Well!
Die Abrechnung wegen dem ›einen solchen Vater‹ können wir auch später halten!«
    Sie schoben die Läufe ihrer Gewehre langsam durch die Zweige. Tiburcio erhob sich und trat leise hinter sie. Es widerstrebte seinem Gefühle, sie zu tödten, obgleich sie die Kugel sicher nicht unverdient bekommen hätten. Ein Schlag mit dem Kolben streckte Sang-Mele nieder, ein zweiter auch Main-Rouge. Der letztere hatte den Finger schon am Drücker gehabt; der Schuß ging los, traf jedoch Niemanden. Im Nu hatten der Haziendero und die beiden Vaquero’s ihre Büchsen ergriffen und hielten die Augen auf die Stelle gerichtet, an welcher sie den leichten Pulverrauch in die Höhe steigen sahen. Tiburcio trat aus dem Busch hervor.
    »Schnell, Don Augustin, kommt herbei; ich bedarf Eurer Hilfe!«
    »Tiburcio Arellanos!« rief der Haziendero, ihn erkennend. »Wo der ist, gibt es keine Gefahr für uns. Welche Hilfe braucht Ihr von mir?«
    »Helft mir zwei Räuber binden, welche Euch überfallen wollten!«
    »Ah, ists möglich? Rasch, Leute, vorwärts!«
    Sie kamen herbei und schlangen ihre Lasso’s um die Hände und Füße der zwei besinnungslos daliegenden Männer.
    »Wer sind sie?« frug Don Augustin.
    »Habt Ihr noch nichts von El Mestizo und Mani-Sangriente gehört?«
    »Von den zwei ›Teufeln der Savanne?‹ Gehört genug, aber, Gott sei Dank, gesehen habe ich sie noch nie!«
    »So blickt auf Diese hier; sie sind es!«
    »
Santa mater!
Sprecht Ihr die Wahrheit, Tiburcio?«
    Der Gefragte nickte.
    »Ich bin ihnen nur ein einzig Mal begegnet; das war droben am Rio Grande. Ich bekam zwar nichts mit ihnen zu thun, aber ich habe mir ihre Physiognomien genau gemerkt. Ein Rastreador kann leicht einmal auf ihre Fährte stoßen, wie es ja auch heut geschehen ist. Ich folgte Eurer Spur, die ich draußen in der Savanne fand, und sah, daß sich die ihrige mit der Euren vereinte. Hier lagen sie im Hinterhalte und beschlossen, Eure Begleiter wegzuputzen und Donna Rosarita gefangen zu nehmen, um ein Lösegeld zu erpressen. Auch wenn Ihr

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