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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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elenden Bambushütte um, welche er mit den nun todten Eltern bewohnt hatte. Ein Lager von Häuten, eine armselige Hängematte, das Skelett eines Pferdekopfes, welches als Sessel gedient hatte, das war Alles, was sie barg. Sie war zu klein, zu eng für seinen thatendurstigen Geist gewesen, es hatte ihn immer wieder hinausgetrieben in die an Abenteuern so reiche Wüste; sie bot ihm jetzt nun gar nichts mehr, was ihn halten konnte. Er trat hinaus, wo sich der größte Reichthum befand, welchen er besaß, ein Pferd, welches seines Gleichen suchte. Es wieherte ihm freudig zu; er klopfte es auf den vollen und doch so zarten, kühn gebogenen Hals und legte ihm dann den Sattel auf. Muthig, erwartungsvoll schnaubend, rieb es den kleinen Kopf an seiner Schulter.
    »Geduld, Geduld, Du Braver, Du einziges Wesen, welches mir geblieben ist. Es geht fort in den Wald, in die Savanne. Ich muß das Leid hinaustragen in die wilde Einsamkeit und es dort begraben, wo es niemand findet. Ich muß die Gefahr suchen, welche die Seele stärkt, die Gefahr und – und den hinkenden Mann, dessen Pferd stolpert. Und wenn ich ihn finde, so werde ich meinen Schwur halten, den ich der Mutter gegeben habe!«
    Er schritt zur Cisterne, um seinen Wasserschlauch zu füllen, nahm die Waffen zu sich und saß dann auf. In kurzer Zeit schon lag das Dorf weit hinter ihm. Er war mit sich und seinen Gedanken allein und konnte ungestört an seine Lage und an seine Zukunft denken.
    Die Mutter hatte ihm die Kunde von den unermeßlichen goldenen Schätzen vererbt; aber diese Reichthümer lagen mitten im Gebiete der Apachen, und er allein vermochte nicht, sie zu heben. Sollte er sich Jemandem anvertrauen? War dies der einzige Weg, zum Ziele zu kommen, so mußte er bald betreten werden, denn der Mörder von Marcos Arellanos that sicher sein Möglichstes, das Goldthal so bald wie möglich auszubeuten. Ein Plan nach dem andern tauchte in dem Kopfe Tiburcio’s auf, aber bei näherer Prüfung konnte er keinen einzigen für praktisch und ausführbar erklären. Er mußte das Gold um jeden Preis haben, nicht um des Goldes willen, sondern um mit Hülfe des werthvollen Metalles Licht über seine Vergangenheit und seine Abstammung verbreiten zu können.
    So verging unter resultatlosem Grübeln und Sinnen der Tag. Sein schnelles Pferd hatte ihn weit fortgetragen, tief in die Wildniß hinein, wo er, jeder menschlichen Wohnung fern, sein Nachtlager unter den Sternen des Himmels aufschlagen mußte.
    Schon hatte sich die Sonne hinter den westlichen Horizont hinabgesenkt, und die Lichter des Tages begannen, dem Düster der Dämmerung zu weichen. Er hielt das Pferd an und sah sich nach einem Platze um, der die zum Rastorte nothwendigen Eigenschaften hatte. Da war es ihm, als sehe er vor sich in der Ferne einige dunkle Punkte, welche sich quer über seine Richtung bewegten. Er verschärfte seinen Blick und erkannte vier Reiter, welche in langsamem Tempo durch das kniehoche Gras ritten. Er war mit der wilden Steppe nur zu wohl vertraut und wußte, daß er, um selbst sicher zu sein, ihnen folgen müsse, um sich über ihre Personen und den Zweck ihres Rittes Klarheit zu verschaffen. Er wartete, bis sie hinter den wellenförmigen Erhöhungen der Prairie verschwunden waren, und setzte dann sein Pferd in Galopp.
    Nach Verlauf von einer Viertelstunde hatte er die Fährte erreicht und stieg ab, um sie zu untersuchen.
    »Drei Männer und eine Dame!« meinte er verwundert. »Es ist kein Zweifel möglich, denn drei von den Pferden haben die gewöhnlichen Kreuzspuren hinterlassen, während das Vierte nach der Weise der Damenpferde geschritten ist: im Bärentritt, die zwei Beine einer und derselben Seite zugleich erhebend. Wer mögen die Leute sein? Sollte – –«
    Er vollendete den Satz nicht, mit welchem er seiner Vermuthung Worte geben wollte, aber ein freudiger Schimmer flog über sein bisher so ernstes Gesicht, und nach einem kurzen Nachdenken entschloß er sich:
    »Ich muß ihnen nach auf jeden Fall!«
    Noch war es hell genug, daß er die Hufeindrücke von dem Rücken des Pferdes aus zu erkennen vermochte. Er folgte ihnen ungesäumt, wenn auch, da er sie beim Lagerfeuer beobachten wollte, im langsamen Schritte, und mochte wohl eine kleine englische Meile vorwärts gekommen sein, als er plötzlich überrascht sein Pferd anhielt, zur Erde sprang und die Spuren nochmals genau betrachtete. Er ging einige Schritte zurück und wandte sich dann, den scharfen Blick immer zu Boden gerichtet, eine

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