Der Waldläufer
auseinander.
»Hier – so nahe?« frug Arechiza überrascht und schlüpfte durch die Oeffnung.
Im nächsten Augenblicke standen Baraja und Oroche neben ihm. Alle Drei stießen bei dem Anblicke des beispiellosen Reichthumes laute Rufe des Entzückens aus. Don Estevan stand todesbleich neben den beiden Andern, welche sich zu Boden geworfen hatten und gierig in den Nuggets wühlten. Durch die Beschreibungen Cuchillo’s waren große Hoffnungen in ihm erweckt worden; eine so überschwengliche Menge des reinsten, gediegenen Metalles aber hatte er nicht erwartet. Der Athem versagte ihm; alle seine Pulse fieberten; die Beine zitterten, und er mußte sich an den Zweigen festhalten, um sicher stehen zu können.
Da gewahrte er, daß Baraja und Oroche sich die Taschen zu füllen begannen.
»Halt! Der Schatz gehört nicht allein Euch. Legt weg die Stücke!«
Oroche erhob sich. Mantel und Hut waren ihm entfallen. Seine lange, hagere Gestalt stand mit den vor Aufregung verzerrten Zügen wie ein Gespenst vor Arechiza.
»Don Estevan, ich gebe Euch für jeden dieser Steine einen Schluck meines Blutes. Trinkt mich todt, aber laßt mir einmal die Wonne, meine Taschen voll zu haben!«
Auch Baraja richtete sich empor.
»Sennor, rechnet aus, wie viel mir gehört! Ich weiche keinen Schritt von dieser Stelle, bis ich meinen Antheil habe.«
In den Augen der beiden Menschen lag jene düstere Gluth, welche den Wahnsinn verkündet. Sie waren gepackt worden von dem finsteren Geiste, welcher nach der nordamerikanischen Sage sich hinter den »
deadly dust
«, den »goldigen Schimmer« versteckt, um dem menschlichen Körper die lebendige Seele zu rauben. Obgleich selbst in größter Aufregung, erkannte Don Estevan die Gefahr, in welcher er sich mit ihnen befand. Er raffte sich zusammen und zog das Pistol.
»Wer nicht augenblicklich das Gold von sich legt, den schieße ich nieder!«
Sie kannten seine Strenge, doch die Angst vor derselben war nicht größer, als ihre Gier nach dem verführerischen Metalle.
»Schießt los. Auch wir haben Kugeln!«
Sie erhoben Beide ihre Gewehre.
Arechiza befand sich in einer keineswegs beneidenswerthen Lage, aber jetzt, wo er seiner ganzen Geistesgegenwart bedurfte, war ihm dieselbe vollständig zurückgekehrt.
»Wer hier kämpfen will, verzichtet auf das Glück, einen Reichthum zu besitzen, um welchen ihn ein König beneiden würde. Legt die Waffen ab und gebt die Nuggets zurück. Wir werden unsere Pferde mit so viel Gold beladen, als sie außer uns zu tragen vermögen; morgen wird das Uebrige geholt, und dann erhält ein Jeder so viel, als er zu fordern hat.«
Dies beruhigte die beiden Männer, welche, sonst nur zu feigen, hinterlistigen Thaten fähig, aus der Goldgier den Muth zu einer offenen Drohung geschöpft hatten. Dennoch gaben sie nur zögernd die Nuggets zurück, ehe sie wieder durch den grünen Vorhang schlüpften.
Als Arechiza sich umsah, bemerkte er nur Diaz, welcher auf einem Felsstücke saß und ruhig an dem Laufe seines Gewehres herumputzte, als befinde er sich in einer sichern, ärmlichen Venda und nicht in der gefährlichen Nähe eines Schatzes, wie ihn die Bonanza bot.
»Wo ist Cuchillo?«
»
Quien save,
wer weiß es!« antwortete er gleichmüthig.
Don Estevans Auge blitzte zornig auf.
»Ihr wißt es nicht? Wie konntet Ihr zugeben, daß er sich entfernte?«
Diaz erhob sich und blickte dem Sprecher groß in das Auge.
»War er mein Gefangener, Don Arechiza?«
»Der unsrige und also auch der Eurige!«
»Ihr irrt, Sennor. Seit ich weiß, daß die Bonanza nicht uns gehört, kenne ich keine Verpflichtung mehr, welche sich auf das Gold bezieht. Das habe ich Euch bereits gesagt, und Ihr werdet zugeben, daß es unnöthig ist, weiter darüber zu sprechen. Es ist mir gleichgültig, was Ihr thut, nur ersuche ich Euch, mich nicht bei der Hebung Eures Schatzes in irgend einer Weise verwenden zu wollen!«
»Hat er mit Euch gesprochen?«
»Nein. Er ging, stieg auf sein Pferd und ritt davon. Das ist Alles, was ich weiß.«
Der Grimm über die erneute Flucht Cuchillo’s war Arechiza deutlich anzusehen, doch bezwang er sich. Die ruhige, selbstbewußte Haltung des ehrlichen, unbestechlichen Diaz imponirte ihm wider Willen.
»So wißt Ihr auch nicht, welche Richtung er eingeschlagen hat?«
»Diejenige nach dem Lager.«
»Dann hat er neue, verrätherische Absichten. Hätte er sich nach den Bergen gewandt, so wäre die Absicht zu vermuthen, sich nach unserer Entfernung von hier aus der
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