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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Bonanza zu bereichern. Da er aber hinaus nach der Ebene ist, so vermuthe ich, daß er uns die Indianer schicken will. Wir müssen ihm schleunigst folgen. Holt die Pferde!«
    Baraja und Oroche folgten dieser Aufforderung; die Decken wurden ausgebreitet, welche so viel von dem Golde aufnahmen, als man den Kräften der Pferde zutrauen konnte.
    »Sennor Diaz, wollt Ihr uns Eure Serape leihen?« frug Arechiza.
    »Zu diesem Zwecke nicht,« antwortete der feste Mann. »Gebietet über mich in jeder Beziehung, nur in dieser nicht!«
    Trotz alledem konnte der Führer der Expedition zu keinem rechten Zorne über den Indianertödter kommen. Diaz war die hervorragendste Persönlichkeit der ganzen Gesellschaft, zumal nachdem diese in dem gestrigen Kampfe so sehr gelichtet worden war, und Strenge wäre hier sicherlich ganz am unrechten Platze gewesen.
    Das Gold wurde den drei Pferden aufgeladen, und schon machte sich Don Estevan bereit, aufzusteigen, als ein Ruf erscholl, welcher ihn zaudern ließ.
    »Halt!« ertönte es mit einer Stimme, welche dem Donner glich, der durch kumulirende Wolken fährt.
    Die vier Männer blickten auf.
    Droben auf der Pyramide, hart am Rande ihrer oberen Fläche stand eine hohe, breite, hünenhafte Gestalt, die schwere Büchse zum Anschlage bereit.
    »Der Tigertödter!« rief erschrocken Baraja. »Was thut er hier? Er hat uns beobachtet und wird uns das Gold rauben!«
    Rechts und links zu den Füßen des riesigen Jägers blickten zwei andere Büchsenläufe zwischen den Steinen hervor.
    »Wer sich von der Stelle rührt, ist verloren!« erscholl seine Stimme wieder.
    »Was wollt Ihr?« frug Diaz, der sich zuerst gefaßt hatte, oder vielmehr zwar überrascht gewesen, aber gar nicht aus der Fassung gekommen war.
    »Zweierlei: Den Mann, welchen Ihr Estevan de Arechiza nennt und sodann das Placer, von dem kein Körnchen Euch gehört!«
    »Mit welchem Rechte fordert Ihr das?«
    »Wir haben mit Estevan Arechiza ein Savannengericht zu halten, und das Goldthal gehört Tiburcio Arellanos, dem Sohne seines Entdeckers.«
    »Ist Tiburcio selbst bei Euch?«
    »Ja.«
    »Er mag sich zeigen!«
    Fabian de Mediana erhob sich.
    Ein Laut des Entsetzens entfuhr Arechiza, Baraja und Oroche. Sie hatten Tiburcio für todt gehalten, ertrunken in den Fluthen des Salto de Agua, und jetzt sahen sie ihn, hoch aufgerichtet und in voller Frische und Gesundheit droben auf der Pyramide stehen.
    »Die Bonanza gehört mir! Wer will sie mir streitig machen?« rief er hinab.
    »Ihr habt Recht: sie gehört nur Euch allein!« antwortete Diaz. »Darum habe ich, noch ehe ich wußte, daß Ihr zugegen seid, auch nicht ein Stäubchen von ihr angerührt. Das Uebrige aber mögt Ihr mit diesen Sennores selbst abmachen.«
    »Gut, so sind Drei gegen Drei!« ließ sich die Stimme des Kanadiers wieder vernehmen. »Herunter von den Pferden mit dem Golde!«
    Arechiza hatte bisher geschwiegen. Er war bei dem Anblicke des Todtgeglaubten auf das Heftigste erschrocken und sann auf einen Ausweg aus der peinlichen Lage, in welche er sich versetzt sah. Es war ihm vollständig klar, daß die drei Männer ihm von der Hazienda aus gefolgt waren, um Rache an ihm zu nehmen; er kannte den Ruf, in welchem Tiburcio stand; er hatte an der Cisterne ein überzeugendes Beispiel von dem Muthe, der Festigkeit und Geschicklichkeit der beiden Anderen gesehen; dazu kam, daß er sich nicht mehr auf Diaz verlassen konnte, und so kam es, daß er aus reiner Rathlosigkeit diesen letzteren bisher die Unterredung hatte führen lassen. Jetzt aber hielt er es für nothwendig, selbst das Wort zu ergreifen.
    »Ihr habt kein Recht zu dieser Forderung. In der Savanne gilt das Recht des Ersteren, und dieses haben wir, denn wir sind vor Euch hier gewesen.«
    »Und Marcos Arellanos vor Euch.«
    »Dieser lebt nicht mehr; seine Ansprüche sind mit seinem Tode erloschen.«
    »Habt Ihr die Bonanza entdeckt oder seid Ihr zu ihr geführt worden?«
    »Geführt.«
    »Durch wen?«
    »Durch Cuchillo.«
    »Wo befindet sich dieser?«
    »Er ist uns entflohen.«
    »Hättet Ihr das Placer entdeckt, so wollten wir Eure Ansprüche in Berathung ziehen; da dies aber nicht der Fall ist, so bleibt es bei meinem Befehle: Herunter von den Pferden mit dem Golde!«
    Keiner von den Dreien machte Miene, diesem Gebote Folge zu leisten.
    »Zum letzten Male herunter!«
    Arechiza schickte sich zu einer weiteren Entgegnung an, kam aber zu spät. Zwei Schüsse krachten von der Pyramide herab, wenige Augenblicke später ein

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