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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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seinem Gesicht. »Ihr vergesst wohl, dass ich es bin, dem die Gruppe regelmäßig den Zulauf des Publikums zu verdanken hat. Wenn ich nicht wäre und meine Nuntiatio nicht in den Ortschaften aushinge, dann käme niemand zu Euren, äh ... Darbietungen!«
    »Wir wissen Eure Nuntiatio sehr wohl zu schätzen, Doctorus«, antwortete Arturo. Seine Stimme war jetzt kühl wie Eis. »Sie erspart es uns, in die Orte zu gehen und dort Reklame zu machen, was nicht ganz ungefährlich ist angesichts der Meinung der Kirche, nach der alle Gaukler und Spielleute halbe Ketzer sind. Trotzdem bleibe ich dabei: Wenn Ihr ab jetzt nicht bei gemeinschaftlichen Arbeiten mithelft, könnt Ihr in Zukunft alleine reisen.« Er blickte in die Runde. »Oder ist jemand anderer Ansicht?«
    Wie nicht anders zu erwarten, war das nicht der Fall.
    »Das ist nun der Dank, dass man seit Wochen für Zulauf gesorgt hat. Ich protestiere und ziehe mich zurück, nicht ohne daraufhinzuweisen, dass, vorausgesetzt, ich würde tatsächlich allein Weiterreisen, diese Truppe in kürzester Zeit am Hungertuch nagen würde.« Der Doctorus erhob sich gemessen und strebte seinem Wagen zu.
    »Superbientem animusprosternet!«, rief Vitus ihm nach.
    »Wie, äh?«
    »»Wir weisen Euren Protest zurück«, sagte ich eben, Doctorus. Habt Ihr das etwa nicht verstanden?«
    »Unverschämtheit! Ich sprach schon perfekt Latein, als Ihr noch in den Windeln lagt. Selbstverständlich habe ich Euch verstanden, aber ich ziehe es vor, Euch nicht zu antworten.«
    »Seht Ihr, Doctorus«, Vitus lehnte sich grinsend zurück,
    »Ihr habt mich heute Morgen nicht aufs Glatteis führen können, dafür aber ist es mir jetzt gelungen. In Wirklichkeit sagte ich eben etwas ganz anderes zu Euch, ich sagte: »Hochmut kommt vor dem Fall.««
    Die Weiterfahrt am folgenden Tag verlief für Vitus erfreulich, denn der Doctorus hatte gleich am Morgen den Wunsch geäußert, er wolle seinen Wagen wieder selbst lenken. Das hatte zur Folge, dass Tirzah neben Vitus auf dem Bock saß. »Stimmt es wirklich, dass du nicht weißt, woher du kommst und wer du bist, Vitus?«, fragte sie.
    »Ja, das ist so. Der alte Abt von Campodios fand mich eines Morgens unweit des Klosters, ich lag in einem Weidenkorb und hatte eine schwere Lungenentzündung.«
    »Das musst du mir erzählen.«
    »Es ist aber eine lange Geschichte.«
    »Bitte, Vitus!« Tirzah schaute ihn aus großen Augen an.
    »Also gut.« Und Vitus erzählte ihr alles aus seinem Leben, während der Wagen friedlich durch die Landschaft rumpelte und die Gegend um sie herum immer grüner wurde. Langsam näherten sie sich dem Rudron, einem Fluss, der nördlich verlief und dreißig Meilen weiter in den Ebro mündete.
    Als Vitus geendet hatte, sagte Tirzah: »Du und ich, wir haben etwas gemeinsam, denn auch wir Zigeuner wissen nicht genau, woher wir stammen. Die Alten erzählen zwar, dass unsere Ahnen vor Tausenden von Jahren aus dem Reich der Mogule, welches noch hinter Arabien liegt, auswanderten, doch sicher ist das nicht.«
    »Gibt es denn keine Aufzeichnungen eures Volkes?«
    »Nein, unser Volk kennt keine Schrift, alles, was wir über unsere Herkunft wissen, entnehmen wir überlieferten Sagen und Erzählungen.«
    »Und wie ging es mit der Auswanderung weiter?«
    »In einem arabischen Land, in dem man heute Farsi spricht, so wird erzählt, trennten sich unsere Vorfahren in zwei Gruppen, Ben und Phen. Die Ben wanderten nach Afrika, während der Weg der Phen nach Europa führte. Von uns europäischen Zigeunern unterscheidet man wiederum die Rom, die auf dem Balkan und in der Walachei leben, die Sinti, die überwiegend durch Deutschland ziehen, und die Gitanos, die in Südfrankreich, Spanien und Portugal beheimatet sind. Ich gehöre zu den Gitanos.«
    »Warum haben dein Vater und du euren Stamm verlassen?« Ein Schatten überzog ihr Gesicht. »Wir Zigeuner kennen keine Stämme, sondern nur die Familie. Warum Vater und ich fortgingen, ist ebenfalls eine lange Geschichte. Nimm es mir nicht übel, wenn ich sie dir nicht erzähle.«
    »Entschuldige, ich wollte dir nicht wehtun.«
    »Ich brauche noch ein bisschen Zeit.« Ihr Gesicht belebte sich wieder. »Da vorn steht ein Bauernhaus, meinst du, dass wir bald in Rondena sind?«
    »Ich glaube schon. Wir fahren noch ein wenig weiter, denke ich, bis wir in der Flussniederung des Rudrons sind. Dort gibt es sicher Enten, Rebhühner und anderes jagdbare Wild, und fischen könnten wir da auch.«
    Als sie eine ausgedehnte Wiese am

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