Der Wanderchirurg
mir!«, fistelte der Kleine. Er bemühte sich, hinter Joaquins Rücken Schutz zu finden, doch schon war der erste der drei Eindringlinge heran, packte ihn, hob ihn wie eine Puppe hoch und presste ihn gegen die Wand.
»Was macht ihr Burschen da, der Kleine hat euch nichts getan!«, rief der Glasschleifer, nachdem er sich vom ersten Schrecken erholt hatte.
»Hast du 'ne Ahnung! Das Fischmaul hier hat einen der Unsrigen mit seinen Wärmkugeln fast vergiftet«, gab der erste Bursche zur Antwort. Die beiden anderen hatten sich unterdessen links und rechts vom Zwerg aufgebaut und drückten ihm die Arme gegen die Mauer. Das Männchen stand da wie Christus am Kreuz. »Halt dich raus, wenn du keinen Ärger kriegen willst.«
»Schon gut, Kumpel.« Joaquin war das Hemd näher als der Rock.
Der erste Bursche trat zurück, holte aus und schlug dem Zwerg die Faust ins Gesicht. Der Kleine stieß einen quietschenden Laut aus.
»Gib's ihm, Taco!«, schrie einer der beiden anderen. Abermals nahm der erste Bursche Maß, verhielt für einen Augenblick, um die Situation voll auszukosten, und schlug dann krachend zu. Das Männchen zappelte wie ein Frosch, konnte sich aber nicht aus der Umklammerung befreien. Ein dritter Hieb, stärker noch als die beiden zuvor, traf das Gesicht. Blut spritzte zu Boden. Die Bewegungen des Zwergs wurden matter. Sein Kopf fiel nach vorn.
»Dies als Entgelt für das, was du mit deiner Wärmkugel angerichtet hast«, keuchte der erste Bursche.
Der rechts Stehende griff in die roten Haarbüschel des Zwergs und riss ihm den Kopf hoch, damit der nächste Schlag sein Ziel finden konnte.
Jetzt hielt es Joaquin nicht länger auf dem Platz. Er konnte zwar nicht behaupten, dass er den Winzling besonders mochte, aber das da kam einer Hinrichtung gleich! Er prüfte den Sitz seiner eisernen Greifbacken, die sich schon manches Mal im Handgemenge bewährt hatten, doch im selben Augenblick sprang ein neuer Gast hinzu und fiel dem Peiniger in den Arm.
»Es ist genug!«, rief der Mann mit entschlossener Stimme. Obwohl er sehr schlank war, schien er über erhebliche Körperkräfte zu verfügen, denn er drehte dem ersten Burschen mühelos den Arm auf den Rücken.
»Los, Vitus, hilf mir, dieses Trauerspiel zu beenden.«
Ein anderer Gast, der bislang in der Tür gestanden hatte, näherte sich zögernd. Er war Anfang zwanzig, blond, mit klaren, ausdrucksstarken Zügen. In seinem Gesicht arbeitete es heftig, während er, ohne die beiden anderen Peiniger zu beachten, auf den Zwerg zuschritt.
»Arturo«, sagte er leise, »das ist der Zwerg, der mich in den Kerker gebracht hat.« Bei seinen Worten hob der Winzling das Gesicht. Ihre Blicke trafen sich. Dann schlug der Gnom die Augen nieder.
»Aber ich helfe dir trotzdem.« Der Blonde sprang auf den Linken der Peiniger zu und schlug ihm mit parallel ausgestreckten Armen beide Fäuste auf den Kopf. Es gab einen dumpfen Laut, der Mann taumelte und ließ den Zwerg los. Der rechte Bursche war unterdessen Taco zu Hilfe gekommen und hatte ihn befreien können. Beide bearbeiteten jetzt den Mann, der Arturo genannt wurde, mit einem Gewitter aus Hieben und Stößen. Der Schlanke versuchte, unter ihnen wegzutauchen, doch es gelang ihm nicht. Der Blonde sprang hinzu und half seinem Kameraden. Gemeinsam landeten sie ein paar schwere Schläge bei Taco und dem rechten Burschen. Sie selbst mussten auch einiges einstecken. Schließlich, nach zähem Kampf, wichen die beiden Schläger zurück. Doch da, der Bursche links! Joaquin hatte gar nicht mehr auf ihn geachtet. Jetzt kam der Kerl wieder heran, ein langes Messer in der Hand. Er schwang die Waffe hin und her, um im Kampfgetümmel nicht einen seiner Kumpane zu treffen. Das ging zu weit! Ohne zu überlegen, sprang Joaquin über den Tisch und zog dem Halunken die eiserne Greifzange über den Schädel. Der Mann heulte auf und stolperte zur Seite; seine Hand fuhr zum Hinterkopf, wo Blut aus einer tiefen Risswunde hervorlief. Er wurde blass vor Schreck und stahl sich hinaus.
Die beiden anderen Angreifer waren mittlerweile in eine Ecke des Gastraums gedrängt worden, wo sie, mit den Armen ihr Gesicht abdeckend, ängstlich dastanden.
»Wir geben auf«, stöhnte Taco.
»Feiglinge!« Der Schlanke spuckte vor den beiden aus.
»Einen Zwerg verprügeln, zu mehr reicht's bei euch wohl nicht! Macht, dass ihr rauskommt.« Mit eingezogenen Köpfen eilten sie davon.
»Ich danke dir, Kamerad!« Der Schlanke kam mit ausgestrecktem Arm auf Joaquin zu und
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