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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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Stoffstreifen.
    Später, einer plötzlichen Eingebung folgend, holte er das Buch De morbis hervor. Vielleicht fand sich darin doch eine wirksame Arznei gegen Emilios Bluthusten? Behaglich lehnte er sich gegen die Flanke des Maultiers, während er das schwere Buch aufschloss. Gleich zu Beginn sah er eine vielfarbige, in feinsten Federstrichen ausgeführte Illustration, die Jesus von Nazareth bei der Heilung einer Aussätzigen zeigte. Danach folgte ein längeres Vorwort des Autors:
    An den geneigten Leser dieses Werkes.
    Die Versuche, das medizinische Wissen auf der Welt Unseres Erhabenen Schöpfers fortzuentwickeln, sind so mannigfaltig wie die Sandkörner an den Gestaden des Meeres. Und dennoch können alle Erkenntnisse und Aufzeichnungen nur unvollkommen sein, solange sie der Feder eines Einzelnen entspringen.
    Dieses Werk ist darum das Werk von vielen. Eines, welches die wichtigsten Entdeckungen der Wissenden in einem gesammelten medizinischen Komplex erfasst und auf das es dem Arzte Rat gebe, den Studierenden zur Verfügung stehe und dem Kranken Linderung bringe. De morbis hominorum et gradibus ad sanationem.
    Möge das Werk seinen Dienst tun, vor Gott und der Welt.
    Campodius anno domini 1575.

DEUTSCHE ERSTVERÖFFENTLICHUNG

    Umwelthinweis:
    Dieses Buch und der Schutzumschlag
    wurden auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschrumpffolie - zum Schutz vor Verschmutzung - ist aus umweltverträglichem und recyclingfähigem PE-Material.
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    Th.KnaurNachf.GmbH&Co.,München
    Umschlag-und Einbandgestaltung: init, Bielefeld
    Umschlagabbildungen: AKG Berlin
    Satz: Buch Werkstatt GmbH, Bad Aibling
    Druck und Bindung: GGP Media GmbH
    Printed in Germany 2000
    Buch-Nr. 05900 6

»Siehe, ich treibe böse Geister aus
    mache gesund heut und morgen,
    und am dritten Tage werde ich am Ziel sein.
    Doch muss ich heute und morgen
    und am Tage danach noch wandern.« Lukas 13, 32 - 33

    Die Operationen und Behandlungen in diesem Buch spiegeln den wissenschaftlichen Stand des 16. Jahrhunderts wider. Zwar gab es schon damals Eingriffe, die sich im Prinzip bis in unsere Tage nicht verändert haben, und auch die Kräuter wirken heute nicht anders als vor über vierhundert Jahren, doch sei der geneigte Leser dringend vor Nachahmung und Anwendung gewarnt.

THOMAS

priesterlich geweihet im Herrn und Pater im Orden der Zisterzienser ( GOrdCist )
    Vitus blätterte schnell weiter, gefesselt von der Ausführlichkeit, mit der jedes einzelne Leiden beschrieben wurde. Schließlich fiel sein Blick auf mehrere Zeichnungen, die dem Leser in einzelnen Schritten die Vorgehensweise beim Starstich zeigten. Die Krankheit, die auch »Graue Augen« genannt wurde, war Vitus wiederholt begegnet. Neugierig las er, was der große Arzt Susruta im Einzelnen vorschrieb.
    Vitus schaute weiter, in der Hoffnung, etwas Heilsames gegen die fortgeschrittene Schwindsucht zu erfahren. Doch außer lindernden Kräuteraufgüssen, dem Warmhalten der Brust und dem Vermeiden von jedweder Anstrengung wussten die Weisen auch keinen Rat. Einige Fälle jedoch waren bekannt geworden, wo es Kranke tief in den Süden der afrikanischen Barbareskenstaaten verschlagen hatte. Im dortigen Wüstenklima waren sie, wie durch ein Wunder, genesen. Er überlegte, ob die heißen Winde die bösen Säfte in der Brust ausgetrocknet hatten oder worauf sonst diese Heilungen zurückzuführen waren. Die Zeilen begannen vor seinen Augen zu verschwimmen Er klappte das Buch zu und schloss es ab. Ohne es zurückzulegen, schlief er ein.

    Noch vor Sonnenaufgang wurde er von einem
    köstlichen Duft geweckt. Emilio hockte pfeifend am Feuer und briet dicke Brotscheiben in Olivenöl. Isabella stand etwas abseits und rupfte an den ersten saftigen Halmen, wobei ihr samtiges Maul völlig im Gras verschwand. Emilios Handgriffe waren schnell und geschickt, es schien, als hätten die Geschehnisse des vergangenen Abends nie stattgefunden.
    »Komm ans Feuer und iss«, befahl der Fuhrmann, während er die fast fertig gerösteten Scheiben noch einmal wendete. Dann griff er hinter sich und holte ein hohes, leicht bauchiges Gefäß hervor. »Das ist Garön! Es gibt nichts Besseres auf geröstetem Brot.« Er tauchte eine Scheibe hinein und biss schmatzend ab. »Versuches selbst.«
    Vitus steckte die Nase in das Gefäß und schloss die Augen, um sich besser auf

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