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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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meldet.«
    Unter dem dröhnenden Jubel seiner Männer stapfte Kapitän Sir Hippolyte Taggart zurück zu seiner Kajüte.

Der Schlossherr Collincourt

    »Ich habe es geahnt, aber nicht zu hoffen gewagt. Es ist unser Wappen, das Wappen der Collincourts, und du bist in seinem Besitz.«

    D ie Kaufleute und Arbeiter auf der alten Pier von Portsmouth staunten nicht wenig, als sich am Vormittag des 10. Dezember 1576 eine böse zugerichtete, kaum noch schwimmfähige Galeone zwischen Schuten und Leichtern heranlavierte.
    Die Argonaut hatte ihr Ziel erreicht.
    Wie Kapitän Taggart vorausgesagt hatte, war die Rückfahrt ein einziger Kampf gegen die Elemente gewesen. Neben den widrigen Meeresströmungen und den heulenden Herbststürmen vor dem Kanal hatten die notdürftig abgedichteten Lecks von Tag zu Tag mehr Probleme bereitet. Wasser war zunehmend in den Schiffsleib gedrungen. Schließlich, vor über einer Woche, hatte man dazu übergehen müssen, rund um die Uhr zu lenzen.
    So kam es, dass die Argonaut unter dem ständigen Tack-tack ihrer Pumpen einlief. Ein Aufatmen ging durch die Decks, als schwere Leinen an Galion und Achterschiff zur Pier hinüberflogen und um die Poller gelegt wurden. Völlig erschöpft erschienen die Argonauts an Deck, darunter auch Vitus, der während der Rückreise nicht nur die Verwundeten versorgt, sondern wie jeder andere auch tief unten im Schiff an den Pumpen gestanden hatte. An seiner Seite befand sich ein lang gesichtiger älterer Mann, dessen besonderes Kennzeichen die stark nach oben gebogene Nase war. Der Mann hieß Bothwell Soaps und war Kammerherr. Er hatte das Pech gehabt, dass seine schwerreiche Herrschaft, Mister und Mistress Thornstaple, bei dem Gefecht mit der Senora ums Leben gekommen war, was ihn dazu bewogen hatte, nicht in die Neue Welt weiterzureisen, sondern ins vertraute England zurückzukehren.
    Soaps mit seinem vornehmen Gehabe war harmlos. Er tat niemandem etwas zuleide, war allerdings schwerlich länger als wenige Minuten zu ertragen. Trotzdem hatte Vitus sich wiederholt mit ihm unterhalten, denn er kannte sich gut in den alten Adelsgeschlechtern aus. Und, noch wichtiger, er wusste, dass der Sitz der Collincourts Greenvale Castle war - Mittelpunkt eines nicht unbedeutenden Besitzes, zu dem auch ein Gutsbetrieb gehörte, rund fünfzehn Meilen nördlich von Worthing, einem kleinen Fischerdorf am Kanal.
    »Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Sir«, sagte er jetzt zu Vitus, »mir fällt ein Stein vom Herzen.«
    »Mir auch, Soaps.« Vitus spähte nach dem Magister und dem Zwerg, die sich um das Gepäck kümmern sollten. Nachdem er sich bereits am Morgen von der Besatzung verabschiedet hatte, hielt ihn jetzt nichts mehr auf dem Schiff. Es drängte ihn, nach Greenvale Castle zu kommen und endlich Licht in seine Vergangenheit zu bringen.
    »Cirurgicus!« Von der Seite schob sich Catfield heran. Er hatte bis eben das Anlegemanöver überwacht, das trotz der Havarien wie am Schnürchen geklappt hatte. Überhaupt war festzustellen, dass Catfield seine Aufgabe ohne Fehl und Tadel erledigt hatte. Er war unermüdlich auf den Beinen gewesen und hatte sich kaum eine Mütze voll Schlaf gegönnt. Wind, See, Wetter, Kurs, Leckagen, Steuerbarkeit - es gab nichts, um das er sich nicht gekümmert hatte. Das bewiesen seine vom Schlafmangel geröteten Augen.
    »Was gibt's?«
    »Cirurgicus, jetzt wo wir's geschafft haben, wollte ich mich noch einmal bei Euch bedanken.« Catfield hielt ihm die schwielige Rechte hin.
    Vitus schlug zögernd ein. »Aber wofür denn?« Catfield kratzte sich an der Nase, die dank Vitus' Behandlung wieder halbwegs salonfähig war. »Ihr wisst schon wofür.«
    »Ach so.« Wieder einmal spielte Catfield darauf an, wie großartig er es fand, dass Vitus sich, trotz des Vorfalls mit Arlette, bei Taggart für ihn verwendet hatte. Langsam ging er einem damit auf die Nerven.
    »Nicht der Rede wert.«
    »Ich werde das nicht vergessen, Sir. Wer weiß, vielleicht habe ich eines Tages Gelegenheit, es wieder gutzumachen.«
    »Das habt Ihr doch längst. Nicht an mir, doch an der Witwe Evans. Sie hat zwar ihren Mann verloren, aber dank Eures Einsatzes wenigstens nicht das Schiff. Im Übrigen: Um den Gang zu ihr beneide ich Euch nicht.«
    Catfield seufzte. »Das ist wohl wahr, Sir. Aber ich muss es irgendwie hinter mich bringen.«
    »Ihr schafft es bestimmt.« Vitus wollte es jetzt kurz machen. »Ich wünsche Euch für die Zukunft viel Glück.«
    »Danke, Sir! Alles Gute auch

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