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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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Verunstaltung.«
    »Ich könnte mich auf der Rückreise um die Nase von Catfield kümmern, Sir.«
    »Ihr?« Taggart gab seiner unversehrten Gesichtshälfte einen erstaunten Ausdruck. »Das würde bedingen, dass ich Euch ebenfalls auf die Argonaut versetze.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Hm.« Taggart wollte seinen Cirurgicus noch ein wenig zappeln lassen, obwohl diese Maßnahme sich förmlich aufdrängte, spätestens, seitdem feststand, dass die Argonaut gerettet werden konnte. Jetzt, wo sie wieder schwimmfähig war, wollte er unbedingt, dass sie nach England zurückkehrte, denn er wusste, dass Evans in Portsmouth Familie hatte: eine Frau und noch ein paar Kinder dazu, wenn er sich richtig erinnerte. Die mussten was zu beißen haben und waren deshalb auf das Schiff und die damit verbundenen Erwerbsmöglichkeiten angewiesen. Selbst wenn es nicht wieder für große Fahrt flottgemacht werden konnte, war es wenigstens zu verkaufen. Er entsann sich sehr wohl, wie es ihm und den Seinen in den fünfziger Jahren ergangen war ...
    Taggart merkte, dass seine Gedanken abglitten, und schalt sich dafür. Laut sagte er: »Ich weiß nicht, Cirurgicus, ich weiß nicht.«
    »Mit allem Respekt, Sir.« Vitus wählte seine Worte sehr sorgfältig: »Ich denke, die Verwundeten auf der Argonaut brauchen meine Pflege, deshalb wäre es notwendig, dass ich zu ihr hinüberwechsle.«
    »Und natürlich auch, damit Ihr in England Eure Familiennachforschungen weitertreiben könnt.«
    »Ich gebe zu, Sir, dieser Hintergedanke war durchaus dabei.« »Ihr seid wenigstens ehrlich.« Taggart blickte Vitus direkt in die Augen. »Ich akzeptiere Euren Vorschlag, wenn ich auch sagen muss, dass mir der Gedanke, Euch zu verlieren, nicht sonderlich lieb ist. Ich denke außerdem, dass ich Eure Anregung aufgreifen und Catfield noch eine Chance geben sollte. Tipperton! Tipperton!«
    Endlich, nach zwei Minuten, erschien der Gerufene.
    »Verzeihung, Sir, Ihr wolltet doch nicht gestö ...«
    »Was ich wollte und was ich nicht wollte, müsst Ihr mir nicht vorhalten!«, schnauzte Taggart. »Catfield soll herkommen, aber ein bisschen plötzlich.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Diesmal dauerte es keine Minute, und Catfield stand in vorschriftsmäßiger Haltung vor Taggart. Er wirkte ruhig, dennoch musste er große Schmerzen haben. Sein Riechorgan stand in einem unnatürlichen Winkel zur rechten Seite ab.
    »Melde mich wie befohlen, Sir.«
    »Gut. Tipperton, Ihr könnt gehen.« Taggart kam sofort zur Sache. »Catfield, ich habe mich entschieden, Euch eine Chance zu geben. Ihr werdet die Argonaut als verantwortlicher Schiffsführer nach Portsmouth segeln, unterstützt von weiteren Männern der Falcon, die ich hiermit unter Euer Kommando stelle.«
    »Sir, ich ... Sir?« Catfield brauchte eine Weile, um sein Glück zu begreifen. Dann strahlte er: »Danke, Sir, ergebensten Dank! Ich werde Euch nicht enttäuschen!«
    »Bedankt Euch beim Cirurgicus, seine Fürsprache hat den Ausschlag gegeben.«
    »Der Cirurgicus?« Abermals brauchte Catfield Zeit, um die überraschende Wendung des Gesprächs zu verdauen. Dann jedoch eilte er auf Vitus zu und schüttelte ihm stürmisch die Hand. »Cirurgicus, ich danke Euch ebenfalls! Ich kann nur nochmals dasselbe sagen: Ich werde alles tun, was in meinen Kräften steht, um die Argonaut zu retten. Und ich möchte Euch versichern, äh, wegen gestern Abend, ich hätte nie ...«
    »Catfield«, unterbrach Taggart, »Ihr werdet auf der Rückreise noch genügend Gelegenheit haben, dem Cirurgicus Erklärungen abzugeben.« Er nahm einen starken Bogen Papier zur Hand, auf dem in schön geschwungenen Buchstaben eine von Tipperton vorbereitete Adresse stand: An die Ehefrau des Schiffskapitäns Timothy Evans Persönlich zu übergeben durch: »Euer Vorname, Catfield?«
    »Richard, Sir.«
    Der Kommandant griff zur Feder, tauchte sie in ein voluminöses Tintenfass und schrieb sorgfältig unter den Zweizeiler:
    Richard Catfield!
    »So.« Taggart löschte die Tinte mit Sand und rollte mehrere Dokumente in das Papier ein, bevor er es versiegelte. Dann tat er es in eine Segeltuchtasche.
    »Hier, Catfield. Zu treuen Händen. Nach Eurer Ankunft in Portsmouth macht Ihr als Erstes den Wohnsitz der Witwe Evans ausfindig und sucht sie unverzüglich auf. Sodann händigt Ihr der Frau diese Rolle aus. Sie enthält ein Beileidsschreiben von mir und eine Order an meine Bank, dass ihr die Summe von, äh ... nun ja, das spielt keine Rolle. Die Frau muss schließlich über die Runden

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