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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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Stirn, wobei seine Kreuznarbe sich zusammenzog. »Was wedelst du eigentlich dauernd mit den Händen?«
    Vitus zeigte seine Daumen.
    »Donnerwetter! Dieses abscheuliche Gesindel! Sie haben dir auch noch die Daumenschrauben angesetzt, stimmt's?«
    »Ja. Mittlerweile kann ich aber das oberste Glied wieder ganz gut bewegen, nur die Nägel werden wohl abfallen.«
    »Diese Schweine!«
    »Ich mache uns einen Thymiantrank.« Vitus stocherte in der Glut des Kohlebeckens und setzte den Wasserkessel auf. »Wieso hat man eigentlich bei dir damals nach der Feuerfolter nicht weitergemacht?«
    Der Magister setzte sich aufs Bett. »Weil der Alcalde zu Tisch wollte. Hochwürden Ignacio sah zwar aus, als würde er in ein Dutzend saure Äpfel gleichzeitig beißen, aber gegen den Wunsch des Bürgermeisters konnte er nichts einwenden. Und ohne den Bürgermeister geht's nicht. Also musste Ignacio das Verhör abbrechen.«
    „Und warum hat man bei dir die Folterung nie fortgesetzt?«
    „Das weiß ich auch nicht. Vielleicht ist man zur Ansicht gekommen, dass der Tod von Conradus Magnus schon Wellen genug geschlagen hat.« Der kleine Gelehrte sah neugierig zu, wie Vitus die Trinkgefäße füllte: »Ich habe noch nie Thymian in flüssiger Form probiert, wie schmeckt das?«
    »Hier, versuch mal.« Vitus reichte einen Becher hinüber. Der Magister schlürfte vorsichtig. »Puh, ist das heiß.«
    »Aber auch aromatisch. Du wirst gleich merken, wie gut so etwas tut.«
    Beide genossen einträchtig das heiße Getränk, Vitus im Stehen, der Magister bequem auf dem Bett sitzend. »So lass ich's mir gefallen«, seufzte der kleine Gelehrte. Sein Kopf fiel vornüber, und er nickte ein.

    »So, ihr Ketzer.« Nunu humpelte mit einem Schemel und einem Strohsack in den Raum. Er hielt inne und wandte den Kopf zurück zur Tür. »Ratte, wo bleibste?«
    »Komm ja schon.« Die Ratte betrat mit einem Essenskübel den Raum und stellte den Behälter auf dem Tisch ab.
    »Linsensuppe mit bester Fleischeinlage, dazu Hartbrot. Beißt euch die Zähne dran aus!«
    »Danke, Ratte«, sagte Vitus.
    »Hau ab, Ratte!«, befahl Nunu.
    »Du kannst mich mal!«, zischte sie, aber sie huschte hinaus.
    »Was is nu mit mei'm Mittel für Elvira?« Der drohende Unterton in Nunus Stimme war nicht zu überhören.
    »Leg dich erst einmal aufs Bett, du scheinst vergessen zu haben, dass ich mir dein Bein ansehen muss.«
    »Meinetwegen, aber dann sachst du mir's Mittel, sonst werd ich ungemütlich,«
    »Sicher.« Vitus nahm den Verband ab und betrachtete das Bein. »Du machst weiterhin Fortschritte.« Die Wunde schien tatsächlich abzuheilen. Als er mit der Behandlung begann, hatte er kaum damit gerechnet, dass die Medikamente anschlagen würden, zu sicher war er gewesen, dass Nunu seine Anweisungen nicht befolgen würde. Doch der Koloss schien ein gehorsamer Patient zu sein, vielleicht, weil er verliebt war. Wenn nicht alles täuschte, hatte Nunu sogar etwas an Gewicht verloren.
    »Hier, dein Heiltrank, und nimm das Asklevirium.«
    »Ja doch, Ketzerdokter.«
    Vitus schmierte die Wunde mit Honigsalbe ein und erneuerte den Verband. »Um deine Frage zu beantworten, Nunu: Das Mittel, das du Elvira geben musst, ist ein sehr, sehr seltenes. Aber bevor ich es dir verrate, wollte ich dich bitten, nachher die Kerkertür offen zu lassen, damit der Magister und ich uns mal die Beine vertreten können.«
    Der Koloss fuhr hoch wie vom Skorpion gestochen.
    »Biste bekloppt? Kommt nich in Frage!«
    »Aber warum denn nicht? Wir können doch nicht fliehen! Die Gangtür am Ende hältst du doch sowieso immer verschlossen, oder nicht?«
    »Das ja.« Der Kerkermeister kämpfte mit sich. »Aber ihr könnt dann immer noch inne Folterkammer, un das geht nich.«
    »Die Folterkammer interessiert uns einen Dreck, die haben wir beide in keiner guten Erinnerung, wie du dir denken kannst«, ließ sich der Magister vernehmen.
    »So ist es«, bekräftigte Vitus. »Wir wollen einfach nur ab und zu ein paar Schritte auf dem Gang tun, damit wir nicht einrosten.« Er gab seiner Stimme einen geheimnisvollen Klang: »Wenn ich an das Mittel denke, dass ich für Elvira vorgesehen habe ...«
    »Was isses nu für'n Mittel?«, unterbrach Nunu ungeduldig. »Wie gesagt, es ist sehr, sehr selten, ich würde es dir auch sofort nennen, wenn du unsere Kerkertür offen ließest.«
    »Ja gut, ich versprech`s!« »Schwöre bei der Heiligen Jungfrau!«
    »Ich schwör's, weiß Gott, ich schwör's! Un wie heißt nu das Mittel?«
    Vitus beugte

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