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Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Titel: Der Weg der gefallenen Sterne: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caragh O'Brien , Oliver Plaschka
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Tür tatsächlich zunickte. »Befreit sie«, sagte er.
    Gaia streckte ihre Hände aus und wartete, bis der junge Mann den Strick abgenommen hatte. Nach wie vor konnte sie nicht den Blick von ihrer Freundin aus Kindheitstagen lösen.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Gaia. »Wo sind deine beiden Jungen? Geht es ihnen gut?«
    »Man kümmert sich um sie«, sagte Emily. »Und es geht ihnen bestens, vielen Dank.« Dann wandte sie sich dem Protektor zu. »Habt Ihr es ihr schon erklärt?«
    »Ich dachte, dass ich das besser dir überlasse, wo ihr doch alte Freundinnen seid«, sagte er.
    »Dann machen wir ihr also ein Angebot?«
    Gaia rieb sich die Gelenke und hörte aufmerksam zu.
    »Nicht das übliche, nein. Am besten erklärst du ihr einfach, wie es um das Institut bestellt ist.«
    Bruder Iris räusperte sich. Auch er folgte der Unterhaltung mit großem Interesse, sagte jedoch nichts.
    »Wir Ihr wünscht«, sagte Emily. »Die Mädchen sind gerade im Hinterhof und trinken Tee. Vielleicht wäre es am einfachsten, es Gaia zu zeigen.«
    »Bring sie auf einen der Balkone«, stimmte der Protektor zu. »Hast du Genevieve gesehen?«
    »Vor einer halben Stunde war sie in der Küche.«
    Der Protektor gab der Wache ein Zeichen. »Bleib bei ihnen.«
    Marquez neigte den Kopf, öffnete die Tür, und in einem seltsam unwirklichen Moment folgte Gaia dem eleganten Mädchen, das vor langer Zeit einmal ihre beste Freundin im kargen Wharfton gewesen war, nach draußen auf den Flur.
    »Emily?«, fragte Gaia verstohlen. »Was ist los? Was stimmt hier nicht?«
    Emily warf einen kurzen Blick über die Schulter und setzte ihren Weg fort. »Ich kann mir denken, dass du ganz schön überrascht bist.«
    »Du bist meine beste Freundin . Ein ganzes Jahr haben wir uns nicht mehr gesehen, und du behandelst mich wie eine Fremde!«
    »Und wenn du jetzt noch eins und eins zusammenzählst, dann kommst du wahrscheinlich auch darauf, dass ich wohl nicht mehr deine beste Freundin bin«, entgegnete Emily.
    Gaia blieb stehen. »Was soll das alles?«, wollte sie wissen.
    Emily hielt gleichfalls an, verschränkte die Arme und warf einen knappen Blick in Richtung des Wachmanns, der sich in Hörweite befand und keine Anstalten machte, sich zu entfernen. »Mein altes Leben ist vorbei. Und zwar vollständig. Ich schlage ein neues Kapitel auf – und so schwer es mir fällt, dir einen höflichen Empfang zu bereiten, gebe ich doch mein Bestes. Bitte verlang nicht noch mehr. Wenn wir jetzt weitergehen könnten …«
    Gaia starrte sie an. »Das kann doch nicht dein Ernst sein. Ich bin’s, Emily!«
    »Glaub mir, mir ist nur allzu bewusst, wer du bist. Jetzt komm bitte weiter.«
    Bald hörten sie ein helles, rhythmisches Geräusch, das erst verstummte, dann von Neuem einsetzte und lauter wurde, je näher sie kamen. Sie bogen um eine Ecke und betraten einen überdachten Balkon, der einen kleinen Hof überblickte. Gaia erkannte ihn wieder: Sie war hier schon einmal mit ihrer Mutter gewesen, wahrscheinlich aber auf einem der anderen Stockwerke. Sie hatte damals nur flüchtig registriert, dass sich die grazilen Bogengänge, die den Hof von allen Seiten umgaben, über vier Stockwerke erstreckten. Jetzt stellte sie fest, wie harmonisch und einladend das Ensemble doch wirkte.
    Emily hob eine Hand zum Gruß über die Balustrade. Das helle Geräusch, sah Gaia nun, kam von zwei jungen Frauen, die dort unten Tischtennis spielten. Fünf Frauen hatten es sich auf Liegen und Stühlen bequem gemacht und die Füße hochgelegt. Zwei standen an einem zierlichen Teewagen und gossen sich gerade ein, zwei weitere spielten Schach. Die Ecken des Hofs waren mit großen, eingetopften Farnen begrünt, und ein paar helle, orangefarbene Markisen sorgten für Schatten. Die vorherrschende Farbe aber war Weiß – von den getünchten Säulen und den fließenden Kleidern bis hin zu der Zuckerschüssel aus Porzellan auf dem mit Tüchern ausgelegten Teewagen.
    Eine der Frauen streckte gerade die Hand nach dem Tischtennisball aus, und da sah Gaia, dass auch sie am Handgelenk ein blau schimmerndes Armband trug. Sie alle trugen ein solches Band an ihrer Linken, stellte sie fest – und alle waren sie schwanger. Sie hatte die Babyfabrik gefunden.
    »Hallo, Gaia!«, rief eine der Frauen und winkte ihnen zu. »Trink doch einen Tee mit uns!«
    Gaia kannte sie noch aus ihrer Kindheit. Sie hatten manchmal zusammen auf dem Marktplatz gespielt, aber sonst nie viel miteinander zu tun gehabt. Ein paar der anderen

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