Der Weg der gefallenen Sterne: Roman
deine Eizellen in Dutzende, vielleicht Hunderte von Leihmüttern einsetzen. Jeder, der es sich leisten kann, darf eine kaufen – garantiert gesunde Kinder. Das ist doch was wert, oder nicht?«
»Ihr vergesst vielleicht, dass es kein Trägerinstitut mehr geben wird, wenn herauskommt, was mit Sasha geschehen ist.«
Der Protektor winkte verächtlich ab. »Kinkerlitzchen. Das war ein einzelner Fehlschlag. Wir zahlen den anderen einfach das Dreifache und sind in Zukunft etwas wählerischer. Wir werden auf jeden Fall genügend Mütter finden – da mache ich mir keine Sorgen.«
Gaia konnte den irrwitzigen Plan des Protektors noch immer nicht in seinem ganzen Ausmaß verstehen. »Wären diese Babys denn dann nicht alle Zwillinge oder Vierlinge oder …?«
»Einige schon. Andere wären einfach Halbgeschwister.«
»Aber wieso ich?«
»Das habe ich dir schon erklärt: Deine Gene sind außerordentlich selten, du selbst aber bist entbehrlich.«
»Das bin ich nicht! New Sylum braucht mich.«
»New Sylum braucht Wasser «, verbesserte er sie. »Ist das nicht ein kleines Opfer wert? Lass es mich klar auf den Punkt bringen: Geh das Risiko ein, spende deine künftigen Kinder dem Institut, und jeder vor der Mauer kriegt sein Wasser. Im Falle deines Überlebens werde ich auf deiner Hochzeit persönlich mit dir tanzen. Wenn du dich weigerst, können deine Leute meinetwegen verdursten, und Leon bleibt in unserer fürsorgenden Obhut.« Er zog sich sein weißes Jackett zurecht. »Oder vielleicht doch nicht ganz so fürsorgend. Wahrscheinlich kannst du dir denken, welche Variante mir selbst am liebsten wäre – aber es gibt Geldgeber, die ich glücklich machen muss.«
Alleingelassen in ihrem Zorn brütete Gaia neben dem Bett und hielt Leons Hand, während Sephie Frank das Narkosemittel im Tropf reduzierte.
»Wie lange dauert es, bis die Wirkung nachlässt?«, fragte Gaia.
»Ich schätze, etwa eine Viertelstunde.« Sephie legte Leon sanft die Hand auf die Schulter.
Gaia dachte daran, wie Sephies graue, weit auseinanderstehende Augen und der kleine Mund sie einst an den Mond erinnert hatten. Mittlerweile erschien ihr die Sanftheit der Ärztin jedoch nur noch ein Mittel zum Zweck zu sein, das sie auch bewusst einsetzte.
In knappen Worten beschrieb Sephie ihr die Experimente, die sie bislang durchgeführt hatten. Alle Versuche, einzelne Eizellen zu entnehmen, ohne die Eierstöcke selbst zu beschädigen, waren katastrophal gescheitert und hatten viele Versuchstiere das Leben gekostet. Es hatte sich als einfacher erwiesen, die kompletten Eierstöcke zu entnehmen. Wenn man den Versuchstieren vorher Hormone spritzte, konnte man auch schon die Reifung der Eizellen anregen. Dann brauchte es nur noch einen sauberen Schnitt in den Unterleib, eine schnelle Extraktion und hohe Dosen Antibiotika. Sie hatten diesen Eingriff jetzt schon an Dutzenden Schweinen und Hunden durchgeführt, und die Tiere hatten alle überlebt.
»Aber ich wäre der erste menschliche Patient«, sagte Gaia.
»Ja.«
»Und ich könnte bei dem Eingriff sterben.«
»Ich glaube nicht, dass das passiert«, sagte Sephie. »Aber das Risiko besteht.«
»Und ich könnte nie eigene Kinder haben.«
Sephie zögerte.
»Nicht auf natürlichem Weg. Aber stell dir doch vor: Du wärst die Mutter von Hunderten. Und denk an die Möglichkeiten, die sich sonst noch bieten: Mit den gefrorenen Blastozysten könnte ein Vater eine ganze Familie genetisch identischer Kinder haben, Drillinge und Vierlinge, die über einen Zeitraum von vielen Jahren geboren werden.«
Gaia strich den Vorhang des Bettes weiter zurück, sodass die Ringe, an denen er befestigt war, leise rasselten. »Wozu sollte das gut sein? Auf die Weise bekommt man doch kaum genetische Vielfalt.«
»Darum können wir uns auch später noch kümmern. Den Kampf gegen die Unfruchtbarkeit habe ich erfolgreich gefochten. Aber wer nimmt schon all die Komplikationen einer Leihmutterschaft auf sich, nur damit sein Kind dann an Hämophilie stirbt? Wenn du wüsstest, auf wie vielen Kinderbegräbnissen ich im letzten Jahr war. Es war schrecklich.«
»Wieso arbeitet der Protektor denn nicht mit Myrna Silk zusammen? Man muss die Hämophilie doch irgendwie heilen können.«
»Es gibt aber kein Heilmittel. Glaubst du, wir haben das nicht probiert? Myrnas Bluttransfusionen schieben das Unausweichliche nur hinaus. Die einzige Lösung ist, die Krankheit als solche auszurotten. Es läuft immer auf dich hinaus.«
»Nein.«
Sephie drehte
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