Der Weg der Helden
Wange brannte.
» Warum schlagt Ihr mich?«, fragte sie verblüfft.
» Für deine Unverschämtheit«, erklärte er ihr und lächelte sie dann strahlend an. » Die korrekte Antwort hätte gelautet: › Drei Monate, Herr‹. Wie ist dein Ehemann gestorben?«
Ihr Gesicht war immer noch heiß von dem Schlag. » Er wurde von einem Bullen aufgespießt und zu Tode getrampelt… Herr.«
» Wie traurig. Jetzt steig ins Bett.« Sofarita gehorchte und wandte den Blick ab, als er seine Kleidung auszog.
Er war ein erfahrener Liebhaber und überraschend sanft, und Sofarita bemühte sich, so gut es ging, ihn glauben zu machen, dass sie diesen Geschlechtsakt genoss. Als er sich schließlich von ihr rollte, streckte sie sogar die Hand aus, um seine Wange zu streicheln. Seine Hand zuckte hoch und packte ihr Handgelenk. » Es ist nicht nötig, mir länger etwas vorzuspielen«, sagte er, immer noch liebenswürdig. » Du hast deine Sache gut gemacht. Meine Anspannung hat sich gelöst.«
» Ich bin froh, dass ich Euch erfreuen konnte, Herr«, antwortete sie.
» Nein, bist du nicht. Du bist froh, dass dein Vater nicht leiden wird.«
Er erhob sich vom Bett, kleidete sich rasch an und ging wieder in das andere Zimmer. Sofarita blieb noch eine Weile im Bett ihrer Eltern liegen, dann folgte sie ihm. Sie hob ihr Kleid vom Boden auf, schüttelte den Schmutz heraus und zog es an.
» Soll ich gehen, Herr?«, erkundigte sie sich.
» Nein, setz dich eine Weile zu mir.« Sie leistete ihm am Tisch Gesellschaft, und er schenkte ihr einen Becher Wein ein, an dem sie pflichtbewusst nippte. Sie spürte, wie der Husten sich erneut regte, und trank rasch noch einen größeren Schluck. » Weißt du, dass du stirbst?«, fragte er sie. Seine Stimme klang freundlich, beinahe heiter.
Die Worte erschütterten sie. » Ihr werdet mich töten?«, erkundigte sie sich.
Er beugte sich vor und gab ihr eine weitere Ohrfeige. » Wie oft muss man es dir denn sagen? Bist du so dumm, dass eine einfache Weisung, eine kleine Höflichkeit bereits zu kompliziert für dich ist?«
» Es tut mir leid, Herr. Eure Worte haben mich verängstigt. Werdet ihr mich töten, Herr?«
» Nein, ich werde dich nicht töten. Du hast Krebs in deiner Brust. Er hat bereits deine Lunge befallen. Wie lange spuckst du bereits Blut?«
» Seit einigen Wochen, Herr.« In ihrem Innersten kannte sie die Wahrheit längst, aber sie hatte sich ihr nicht gestellt. Jetzt war sie dazu gezwungen. Sie war bereits seit Monaten schwach und nahm ständig ab, trotz der reichhaltigen Mahlzeiten, die sie zu sich nahm. Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen. Es war nur ein flacher Atemzug, aber tiefer konnte sie zur Zeit nicht atmen. Dann sprach Viruk weiter.
» Nun, ein Mann sollte immer für sein Vergnügen bezahlen«, sagte er und stellte sich neben sie. Aus einem Beutel an seinem Gürtel zog er einen grünen Kristall, den er an ihre Brust hielt. Der Schmerz durchzuckte sie wie ein scharfer Strahl und ließ sie aufschreien. » Bleib ruhig sitzen«, befahl er. Ein Gefühl von Wärme breitete sich in ihrem Bauch aus und stieg in ihre Brust hoch. Die Wärme schien sich auf die rechte Seite ihres Körpers zu konzentrieren und drang dann tiefer in sie hinein. Sofarita schwindelte, aber der Avatar legte seine linke Hand auf ihre Schulter und hielt sie fest. Schließlich ebbte die Wärme wieder ab.
» Hol tief Luft«, forderte er sie auf.
Sie gehorchte, und zu ihrem Entzücken füllten sich ihre Lungen mit Luft.
» Du bist geheilt«, erklärte er. » Jetzt kannst du gehen.«
» Ihr habt mir das Leben geschenkt, Herr«, flüsterte sie.
» Ja, ja, schon gut. Wenn ich dich das nächste Mal sehe, nehme ich es dir vielleicht wieder weg. Jetzt geh und sag deinem Vater, dass ich sehr zufrieden bin. Und sag ihm auch, er soll mir Shaliks Leiche zeigen, damit ich sie sehe, bevor ich davonreite.«
Sadau, der Töpfer, hatte nicht das geringste Verlangen, dem König den Kopf seines Bruders zu bringen. Er hatte die Leichen derer gesehen, die Ammon verärgert hatten, Leichen, die gepfählt und vor dem königlichen Palast ausgestellt worden waren. Sadau wollte nicht gepfählt werden. Als er die erste Brücke über den Luan erreichte, zügelte er sein Pony und sah sich um. Niemand war in Sicht. In hohem Bogen schleuderte er den Kopf in das strömende Wasser. Er versank wie ein Stein.
Erleichtert ritt er über die Brücke und nachhause. Alles hätte gut verlaufen können, wäre da nicht sein Cousin Oris gewesen.
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