Der Weg der Helden
denkt sorgfältig nach, bevor Ihr Euch verpflichtet. Es wird ein schwerer Weg sein, junger Mann. Und ich fürchte, er ist brutal und voller Gefahren. Wir werden von Stämmen angegriffen werden und uns gegen wilde Tiere zur Wehr setzen müssen.«
» Dann komme ich mit«, sagte Viruk sofort.
Er war einer der zweihundert gewesen, und wie Anu vorhergesagt hatte, war die Reise ausgesprochen gefährlich gewesen. Viruk hatte sie ungeheuer genossen. Dreimal waren sie angegriffen worden, und bei jeder Gelegenheit hatte Viruk viele Feinde getötet und zugesehen, wie sie sich in ihren Todesqualen wanden. Es hatte ihn sehr enttäuscht, als die Angriffe nachließen. Unter den Stämmen hatte sich rasch herumgesprochen, dass es besser war, die Avatar ziehen zu lassen, denn es waren furchteinflößende Krieger, und sie besaßen entsetzliche Waffen.
Sie hatten die erste der fünf Städte am vierzehnten Tag des Sommers erreicht.
Dann fiel die Welt, und Questor Anu wurde der Heilige.
Zwei Prophezeiungen hatten sich erfüllt. Questor Anu hatte den Kataklysmus vorhergesagt, und Viruk hatte die Erfahrung gemacht, dass die Quelle ihr Wort hielt. Denn seine innere Stimme hatte ihm verraten, dass Morden sich als das ultimative Vergnügen herausstellen würde. Töte für mich, sagte sie, und erlebe Freude.
Während der letzten siebzig Jahre hatte Viruk ungeheure Freude erlebt. Er fühlte sich mit Questor Anu verbunden, denn sie waren beide dem Wirken des Überlegenen Wesens ergeben.
Viruk fühlte Frieden in sich, als er das Dorf Pacepta verließ. Er ignorierte die Dorfbewohner, die sich tief verbeugten, als er an ihnen vorbeiritt, galoppierte durch das Tor und ritt nach Nordosten, zur Grenze der Schlammleute. Er hoffte, noch mehr Banditen zu entdecken und noch mehr Seelen in den flammenden Schlund der Quelle schicken zu können.
Er empfand keine Furcht, während er ritt. Er fühlte sich unsterblich. Unbesiegbar.
Es ist gut, heilig zu sein, dachte er.
Sofarita glaubte, die menschliche Natur gut einschätzen zu können. Sie hatte das seltsame Verhalten der Männer der Ortschaft beobachtet, wenn sie buhlten, und auch die gelegentlichen, brutalen Zwischenfälle, die den ausufernden Trinkgelagen in der Dorfhalle folgten. Sie hatte Ausbrüche von Trauer miterlebt, Momente von großer Freude. Sie hatte geglaubt zu verstehen, wie der Verstand von Männern funktionierte.
Jetzt wusste sie, dass sie sich geirrt hatte.
Sie war aus dem Haus und zum kleinen Heim ihrer Tante Kiaru gelaufen, wo ihr Vater und ihre Mutter sie erwarteten. Ihre ganze Familie saß um den großen Esstisch, als sie hereinkam. Kiaru saß wie immer neben dem Kamin und arbeitete an einem Teppich. Ihr Ehemann, ein kleiner, schlanker Mann mit runden Schultern, der von einem Leben voller Arbeit ausgelaugt war, stand am Fenster und lehnte sich gegen das Sims. Bekar und ihre Mutter saßen am Tisch. Drei kleine Kinder spielten auf dem Boden.
» Er hat mich geheilt!«, erklärte Sofarita glücklich. » Er hat gesagt, ich hätte Krebs und müsste sterben, dann hat er mir einen Kristall an die Brust gehalten und mich geheilt. Ich werde leben.« Die Freude, dass sie leben würde, strahlte aus ihr heraus, und geblendet von dem Schein bemerkte sie die versteinerten Mienen ihrer Familie nicht.
Niemand sagte etwas. Schließlich blickte Bekar hoch. » Du solltest in deinem Haus sein«, sagte er kalt. » Und nicht durch das Dorf rennen und deine Schande hinausschreien.«
Sofarita erstarrte. » Schande?«, erkundigte sie sich. » Was für eine Schande? Ich habe getan, was du selbst mir aufgetragen hast.«
» Eine anständige Frau hätte sich danach verkrochen und sich versteckt«, erwiderte er, ohne sie anzusehen. » Statt… statt durch die Straßen zu tanzen wie eine Hure!«
Ein Gefühl von Unwirklichkeit überkam sie, so als würde sie durch einen Traum wandeln. Sie wurde aus der Reaktion ihres Vaters nicht schlau. Instinktiv wiederholte sie seine Worte in ihrem Kopf, versuchte sie zu verstehen. Plötzlich begriff sie. Er hatte sie eine Hure genannt. Kalte Wut packte Sofarita. Bekar war schon immer ein harter Mann gewesen, aber bis jetzt hatte er sich zumindest gerecht gezeigt. » Ich bin also eine Hure?«, fragte sie mit zitternder Stimme. » Du kommst in mein Haus. Du bittest mich, ihm beizuschlafen. Du flehst mich an, es ginge um die Sicherheit des Dorfes. Und nachdem ich zögernd eingewilligt und dieses widerliche Geschäft akzeptiert habe, nennst du mich eine Hure? Was macht
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