Der Weg der Helden
steche ich dir eines deiner Augen aus und sage dem General, du hättest dich in einer Dornenhecke verfangen.«
Der Hengst legte den Kopf schief und starrte den lächelnden Mann an. Dann streckte er den Hals vor und liebkoste Viruks Brust. » Dummes Tier«, sagte der Krieger, hob die Hand und kraulte das Pferd hinter den Ohren. » Ist es möglich, dass du einen Mann magst, der dich zu verstümmeln droht? Ich dachte immer, Tiere hätten einen sechsten Sinn für Gefahren.« Der Hengst spitzte die Ohren, schwang seinen Kopf herum und blickte nach Osten. Viruk band die Zügel los und stieg in den Sattel. » Siehst du, das Warten ist fast zu Ende«, sagte er. » Schon bald können wir zurückreiten und eine schöne Pause genießen.«
Er tippte mit den Hacken gegen die weißen Flanken des Hengstes, ritt durch die Blumen und zügelte das Pferd mitten auf der Straße. Der Wagen erklomm gerade eine Hügelkuppe. Zwei Reiter flankierten ihn, und ein dritter bildete die Nachhut. Der fette König saß auf einem mit Samt überzogenen Sitz, während sein Fahrer die beiden schwarzen Pferde antrieb. Sie atmeten schwer. » Siehst du jetzt, was für ein Glück du hast?«, erklärte Viruk dem Hengst. » Hättest du nicht so viel Glück mit deiner Geburt gehabt, müsstest du vielleicht ebenfalls dieses Mammut durch die Wüste zerren. Keine besonders schöne Aussicht, hab ich Recht?«
Das Pferd spielte mit den Ohren und richtete sie nach hinten, als der Mann sprach, rührte sich ansonsten jedoch nicht. » Ich mag dich«, erklärte Viruk. » Du bist zwar nicht sehr gesprächig, aber du kannst ausgezeichnet zuhören.«
Die beiden Reiter trieben ihre Pferde an und galoppierten auf ihn zu. Sie zügelten sie unmittelbar vor Viruk. Der Avatar hob ein Bein über den Sattelknauf und stützte seinen Ellbogen auf sein Knie. » Guten Tag, ihr Bauern«, sagte er.
Der erste Reiter war ein breitschultriger Schwertkämpfer mit einem glänzenden Helm aus Bronze. Er lief rot an und legte seine Hand auf den Schwertgriff. Viruk lächelte ihn strahlend und aufmunternd an. » Ich würde ja liebend gern etwas von deinem Untermenschenblut vergießen, aber man hat mir gesagt, ich solle dafür sorgen, dass es Zeugen für meine Unterhaltung mit eurem König gibt. Also wärst du bestens beraten, dieses Schlachtermesser in seiner Scheide zu lassen.«
» Was willst du, Avatar?« Die Stimme des Soldaten war tief, und seine Augen funkelten vor Wut.
» Von dir, du mieses Stück Scheiße? Gar nichts. Ich muss mit diesem fetten Schwein da hinten reden, dem du dienst.«
Das eherne Schwert flog mit einem zischenden Singen aus der Scheide, während der Reiter sein Pferd anspornte. Viruk hob kurz den Arm, und seine Hand zuckte vor. Ein kleines Wurfmesser blitzte in der Sonne auf, landete mit einem Klatschen in der Kehle des Reiters und riss ihn aus dem Sattel. Er landete krachend auf dem Boden, versuchte aufzustehen und sank dann schlaff zurück. Viruk blickte den zweiten Reiter an und lächelte. » Ich weiß wirklich nicht, was aus der Welt noch werden soll«, sagte er beiläufig und mit einem bedauernden Unterton. » Da versucht man, freundlich zu sein. Man macht seinen Standpunkt glasklar. Und was schlägt einem entgegen? Gewalt und Unhöflichkeit. Ich hoffe, uns beiden droht nicht ein ähnliches Missverständnis.« Der Mann sah nervös zu dem Wagen zurück, während er auf einen Befehl wartete. Judon von den Patiaken stand mühsam auf. » Wie könnt Ihr es wagen, Euch mir in dieser Art und Weise zu nähern?«, blaffte er.
Viruk trieb den Hengst weiter, bis er neben dem König stand. » Der Questor General hat mich gebeten, dich aufzusuchen und dich davon zu überzeugen, dass du einen Irrweg beschritten hast. Krieg ist eine so unerfreuliche Angelegenheit. Und das Ende ist immer das gleiche. Ihr Untermenschen kleidet euch in euern schönsten Schlachtenputz, und wir Avatar erledigen euch wie Köter. Das ist nicht sonderlich stilvoll. Kapierst du das? Es ist so schrecklich langweilig.«
» Ich habe nicht die Absicht, irgendeinen Krieg zu erklären«, erwiderte Judon. » Da muss ein ernstes Missverständnis vorliegen. Die Avatar sind meine Freunde.«
Viruk hob die Hand, und seine Miene verzog sich in leichtem Ekel. » Bitte benutze nicht das Wort Freund. Denn es deutet eine Gleichheit an, die nicht existiert. Ihr seid Diener. Und eure Undankbarkeit ist erstaunlich.« Er schüttelte den Kopf. » Was wart ihr, bevor wir zu euch kamen? Kaum mehr als Tiere, die im
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