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Der Weg der Helden

Der Weg der Helden

Titel: Der Weg der Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David A. Gemmell
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diesem Wissen geehrt hatte, aber es fühlte sich gut an. Er lag auf seiner Pritsche und durchlebte noch einmal das berauschende Gefühl, das er empfunden hatte, als er die Schlange gesteuert hatte.
    Drei Kabinen weiter hatte Mondstein Schwierigkeiten, in den Schlaf zu finden. Jedes Mal, wenn er eindöste, sah er erneut die beiden Monde am Himmel. Er erhob sich von seinem Lager auf dem Boden, nahm seinen Medizinbeutel in die Hände und versuchte sich auf Suryet zu konzentrieren, aber es war sinnlos. Ihr heiteres Gesicht formte sich zwar in seinem Geist, verblasste dann jedoch und verwandelte sich in die Vision eines geisterhaften Mondes.
    Besorgt verließ der Stammesmann seine Kabine und stieg zum Außendeck hinauf, schmeckte das Salz in der Luft und beobachtete die hellen Sterne in der nächtlichen Himmelskuppel. Der Mond hing tief über dem Horizont.
    Drei Delphine tauchten in der Nähe auf. Der eine sprang hoch in die Luft; seine schlanke silbrige Gestalt wirbelte einmal um die eigene Achse, bevor sie wieder in den Fluten versank. Mondstein spürte, wie seine Ängste wichen. Eine schwere See würde die Osnu nicht irritieren. Sie würden weiter existieren, ganz gleich welches Verderben die menschliche Rasse ereilte. Mondstein richtete seinen Blick erneut auf die Sterne und suchte nach Inspiration. Er wusste, was zu tun war, und doch fürchtete er sich davor. Versagte er, konnte er sterben, oder, schlimmer noch, ihn konnte dasselbe Schicksal ereilen wie den armen Adler-ohne-Federn, der sabbernd und schwachsinnig dahinvegetierte. Traumwandeln war im besten Fall eine höchst gefährliche Angelegenheit, und nur sehr wenige Traumwandler würden auch nur mit dem Gedanken spielen, diese Reise ohne Hilfe eines Schamanen zu unternehmen.
    Mondstein hatte es zwei Mal in seinem Leben gemacht, beide Male unter der Obhut von Einäugiger-Fuchs. Er war der größte der Schamanen. Das wussten alle Stämme. Beim zweiten Mal hatte sich Mondstein in den Sternen des Großen Himmelsflusses verirrt. Einäugiger-Fuchs hatte ihn zurückgeholt.
    Der Stammesmann hätte niemals die Gefahren eines Traumwandels auf sich genommen, wäre da nicht diese hartnäckige Vision von den beiden Monden gewesen und die Tatsache, dass sie irgendwie mit Suryets Schicksal verknüpft zu sein schien. Denn jedes Mal, wenn er versuchte, sie sich vorzustellen, drängte sich diese Vision in seinen Geist.
    Mondstein seufzte und ging zu Talabans Kajüte.
    Der Kapitän machte wieder Zeichen auf weißem Papier, als er hereinkam; es waren kleine Symbole, die er sehr sorgsam in Reihen aneinanderfügte. Er hatte ihm erklärt, dass andere Menschen diese Symbole lesen konnten und sie deshalb sehr wertvoll waren. Mondstein mochte den Mann und bewunderte ihn, deshalb hatte er ihn nicht ausgelacht.
    » Du siehst beunruhigt aus«, begrüßte ihn Talaban und legte seinen Stift beiseite.
    » Große Sorgen. Brauche Hilfe.«
    Talaban bot ihm einen Stuhl an und lehnte sich zurück.
    » Schlimme Vision. Muss traumwandeln, um Antwort zu finden. Fliege hoch, wandle zwischen Sternen. Sehe Zukunft.«
    » Du hast schon einmal vom Traumwandeln geredet. Damals sagtest du, es wäre sehr gefährlich, Mondstein.«
    » Ja. Viele Gefahren. Aber ich muss Rätsel lösen.«
    » Sagtest du nicht, du brauchtest einen Schamanen für diese Reise? Der dir nachhause hilft?«
    » Du musst mich nachhause bringen.«
    » Ich weiß nicht, wie, mein Freund.«
    Mondstein schüttelte den Kopf. » Du wandelst mit mir. Du siehst, was ich sehe. Aber du hältst dich an Schiff. An…«, er suchte nach den richtigen Worten, » an Leben«, sagte er schließlich. » Eine Hand an Schiff. Andere Hand an mir. Du ziehst Mondstein zurück.«
    » Und diese Vision ist wichtig genug, dass du dein Leben dafür riskierst?«
    » Und deins«, antwortete Mondstein.
    Talaban grinste. » Gut, Traumwandeln habe ich noch nie gemacht. Wie fangen wir an?«
    » Wir sitzen. Auf Boden. Suchen Trance. Dann fliegen wir.«
    » Also los«, meinte Talaban.
    Talaban verschloss die Tür der Kajüte und kniete sich auf den Teppich, Mondstein gegenüber. Der Anajo legte seine Hände auf Talabans Schulter. Talaban tat dasselbe bei ihm. Dann beugte sich Mondstein vor und senkte den Kopf, bis sich ihre Stirnen berührten.
    » Halt dich an Schiff«, warnte ihn Mondstein. » Oder wir beide sind verloren.«
    Talaban antwortete nicht. Er entspannte sich und versuchte, sich in Trance zu versetzen; sich zu fokussieren ohne Konzentration, körperliche

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