Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
Splitterpanzers nach so langer Zeit war wie das Erwachen nach einer Nacht der Benommenheit und Verwirrung. Der hüpfende Schritt, der Drang der Rüstung, all dies trieb ihn vorwärts – er wäre gern den Gang hinuntergelaufen und …
Und warum nicht?
Er rannte los. Teleb und die anderen schrien vor freudiger Überraschung auf und beeilten sich, mit ihm mitzuhalten. Dalinar hängte sie mit Leichtigkeit ab, erreichte das Vordertor
des Gebäudes, sprang hindurch und warf sich auf die Treppe, die von seinen Räumen nach unten führte. Er genoss es und grinste, als er in der Luft schwebte und dann hart auf den Boden traf. Der Stein unter ihm knackte bei dem Aufprall, und er selbst ging dabei in die Hocke.
Vor ihm erstreckten sich die säuberlich aufgereihten Baracken seines Kriegslagers. Jedes Bataillon bildete einen Kreis mit einem Versammlungsplatz und der Kantine in der Mitte. Seine Offiziere hatten inzwischen das obere Ende der Treppe erreicht und sahen verblüfft nach unten. Renarin war bei ihnen. Er trug seine Uniform, die noch nie zuvor eine Schlacht gesehen hatte, und hob die Hand gegen die Sonne.
Dalinar fühlte sich närrisch. War er etwa ein Jugendlicher, der zum ersten Mal den Splitterpanzer trug? Zurück an die Arbeit. Hör auf zu spielen.
Perethom, sein Befehlshaber über die Infanterie, salutierte, als Dalinar auf ihn zuschritt. »Zweites und drittes Battaillon heute im Dienst, Hellherr. Bilden Marschreihen.«
»Erste Brückeneinheit ist angetreten, Hellherr«, sagte Havarah, der Brückenherr, und kam auf ihn zu. Er war ein kleiner Mann mit herdazischem Blut, was sich an den dunklen, kristallartigen Fingernägeln zeigte, auch wenn er keinen Flimmerfunken trug. »Ich habe von Aschelem gehört, dass die Bogenschützen bereit sind.«
»Kavallerie?«, fragte Dalinar. »Und wo ist mein Sohn?«
»Hier, Vater!«, rief eine vertraute Stimme. Adolin, dessen Splitterpanzer mit einem dunklen Kholin-Blau bemalt war, bahnte sich einen Weg durch die versammelte Menge. Er hatte das Visier hochgeklappt und sah erwartungsvoll aus. Als er aber Dalinars Blick begegnete, wich er ihm sofort aus.
Dalinar hob die Hand und brachte einige Offiziere zum Verstummen, die ihm weitere Berichte geben wollten. Er ging auf Adolin zu, und der Junge sah nun auf und hielt seinem Blick diesmal stand.
»Du hast gesagt, was du deiner Meinung nach sagen musstest«, erklärte Dalinar.
»Und es tut mir auch nicht leid, dass ich es gesagt habe«, erwiderte Adolin. »Aber es tut mir leid, wie und wann ich es gesagt habe. Das wird nicht wieder vorkommen.«
Dalinar nickte, und das war genug. Adolin schien sich zu entspannen; es war, als hätte sich eine Last von seinen Schultern gelöst, und Dalinar wandte sich wieder seinen Offizieren zu. Bald führten er und Adolin eine eilige Gruppe zum Versammlungsplatz. Dabei fiel Dalinar auf, dass Adolin einer jungen Frau zuwinkte, die neben dem Weg stand und ein rotes Kleid trug; die Haare hatte sie in einem sehr schönen Flechtwerk hochgesteckt.
»Ist das … äh …«
»Malascha?«, fragte Adolin. »Ja.«
»Sie sieht nett aus.«
»Meistens ist sie das auch, aber gerade jetzt ist sie ein wenig verärgert darüber, dass ich sie heute nicht mitnehme.«
»Sie wollte in die Schlacht ziehen?«
Adolin zuckte mit den Schultern. »Sie sagt, sie sei neugierig. «
Dalinar erwiderte nichts darauf. Das Schlagen von Schlachten war eine männliche Kunst. Eine Frau, die mit aufs Schlachtfeld ziehen wollte, war … nun ja, sie entsprach einem Mann, der lesen wollte. Das schien unnatürlich.
Vor ihnen formierten sich die Bataillone auf dem Versammlungsplatz, und ein gedrungener helläugiger Offizier eilte auf Dalinar zu. Er hatte Flecken aus rotem Haar auf seinem sonst dunklen Alethi-Kopf, und dazu einen langen, roten Schnauzbart. Es war Ilamar, der Kavallerieherr.
»Hellherr«, sagte er, »ich bitte um Entschuldigung für meine Verspätung. Die Kavallerie ist zu Pferde und bereit.«
»Dann marschieren wir los«, sagte Dalinar. »Alle Reihen …«
»Hellherr!«, rief eine Stimme.
Dalinar drehte sich um, als einer seiner Boten herbeieilte. Der dunkeläugige Mann trug eine Lederkluft mit blauen Bändern an den Armen. Er salutierte und sagte: »Großprinz Sadeas hat um Zugang zum Kriegslager gebeten!«
Dalinar warf Adolin einen raschen Blick zu. Die Miene seines Sohnes verdüsterte sich.
»Gewährt«, sagte Dalinar.
»Ja, Hellherr.« Der Bote drehte sich um. Moratel, einer der niedereren Offiziere,
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