Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
die mit meiner Tochter verbunden ist.«
Jasnah! Es war einige Wochen her, seit er zuletzt etwas von ihr gehört hatte; auf die Botschaften, die er ihr geschickt hatte, waren nur die knappsten Antworten zurückgekommen. Wenn Jasnah tief in einem ihrer Projekte steckte, kam es oft vor, dass sie nichts anderem mehr Beachtung schenkte. Wenn sie jetzt nach ihm rief, hatte sie entweder etwas Wichtiges entdeckt, oder sie machte eine Pause und wollte ihre Kontakte erneuern.
Dalinar drehte sich um und betrachtete die Latrine. Er hatte sie fast fertiggestellt und erkannte nun, dass er seine endgültige Entscheidung unbewusst bis zum Ende seiner Arbeit zurückgestellt hatte. Er sehnte sich danach weiterzuarbeiten.
Aber wenn Jasnah jetzt nach ihm rief …
Er musste mit ihr reden. Vielleicht konnte er sie ja überreden, auf die Zerbrochene Ebene zurückzukehren. Er würde sich bei seiner Abdankung sicherer fühlen, wenn er wusste, dass sie da war und über Elhokar und Adolin wachte.
Dalinar warf seinen Hammer beiseite – seine Schläge hatten den Stiel um etwa dreißig Grad gebogen, und der Kopf war nur noch ein missgestalteter Klumpen – und sprang aus dem Graben. Er würde sich eine neue Waffe schmieden lassen, aber das war für einen Splitterträger nicht ungewöhnlich.
»Es tut mir leid, Mathana«, sagte Dalinar, »aber ich befürchte, ich muss dich schon wieder um Entschuldigung bitten. Ich muss diese Botschaft unbedingt entgegennehmen.«
Er verneigte sich vor ihr, drehte sich um und lief los.
»Eigentlich möchte ich dich ebenfalls um etwas bitten«, sagte Navani hinter ihm. »Es ist Monate her, seit ich zum letzten Mal mit meiner Tochter gesprochen habe. Ich geselle mich zu dir, wenn du nichts dagegen hast.«
Er zögerte zwar, konnte ihren Wunsch aber nicht abschlagen, kurz nachdem er sie bereits durch sein Nichterscheinen beleidigt hatte. »Gern.« Er wartete, während Navani zu ihrer Sänfte ging und sich setzte. Die Träger hoben sie hoch, und
Dalinar lief weiter. Die Träger folgten ihm zusammen mit Navanis ausgeborgten Mündeln.
»Du bist ein freundlicher Mann, Dalinar Kholin«, sagte Navani. Auf ihren Lippen lag ein listiges Lächeln, als sie sich in den Kissen ihres Sitzes zurücklehnte. »Ich fürchte, ich bin sogar gezwungen, dich faszinierend zu finden.«
»Durch mein Ehrgefühl bin ich leicht zu manipulieren«, sagte Dalinar und blickte steif geradeaus. Es kam ihm gar nicht gelegen, dass er sich nun auch noch mit ihr abgeben musste. »Das weiß ich genau. Du brauchst nicht mit mir zu spielen, Navani.«
Sie lachte leise. »Ich versuche nicht, dich auszunutzen, Dalinar. Ich …« Sie hielt inne. »Nun ja, vielleicht nutze ich dich doch ein wenig aus. Aber ich spiele nicht mit dir. Besonders im letzten Jahr bist du zu der Person geworden , die alle anderen immer zu sein behaupten . Kannst du nicht verstehen, wie anziehend dich das macht?«
»Das ist nicht meine Absicht.«
»Wenn es dies wäre, würde es auch nicht glücken!« Sie beugte sich zu ihm vor. »Weißt du, warum ich damals Gavilar vorgezogen habe – dir vorgezogen habe?«
Verdammt. Ihre Bemerkungen und ihre Gegenwart waren wie ein Becher farbigen Wassers, das mitten in seine kristallenen Gedanken gegossen wurde. Die Klarheit, die er in der Arbeit gesucht hatte, löste sich rasch auf. Musste sie so direkt sein? Er beantwortete ihre Frage nicht. Stattdessen wurde er schneller und hoffte, dass sie begriff, wie wenig ihm an diesem Thema lag.
Doch es war zwecklos. »Ich habe ihn nicht erwählt, weil er der zukünftige König sein würde, Dalinar, auch wenn alle das behaupten. Ich habe ihn genommen, weil du mir Angst gemacht hast. Deine Eindringlichkeit … weißt du, auch dein Bruder hat sich davor gefürchtet.«
Er sagte nichts dazu.
»Sie ist noch da«, fuhr sie fort. »Ich kann sie in deinen Augen sehen. Aber du hast einen Panzer um sie gelegt. Du beherrschst sie mit einem glitzernden Splitterpanzer. Das ist einer der Gründe, warum ich dich so faszinierend finde.«
Er blieb stehen und sah sie an. Auch die Sänftenträger hielten an. »Es würde gewiss … nicht gutgehen, Navani«, sagte er leise.
»Nein?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich werde das Andenken an meinen Bruder nicht entehren.« Er sah sie streng an, und schließlich nickte sie.
Als er weiterging, sagte sie nichts mehr, auch wenn sie ihn von Zeit zu Zeit verstohlen beäugte. Schließlich hatten sie jene Gebäude erreicht, die zu ihm gehörten und über denen blaue
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