Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
noch immer in der Lage gewesen weiterzumachen. Aber jetzt liefen sie mit nur dreißig Mann. Jeder Einzelne, den sie verloren, würde sie beträchtlich langsamer werden lassen, und schon der Verlust von vier oder fünf Männern konnte sie ins Taumeln bringen – vielleicht würden sie sogar stürzen. Wenn das geschah, dann würden sich die Parschendi ganz auf sie konzentrieren. So etwas hatte er schon früher beobachtet. Wenn eine Brückenmannschaft schwankte, drangen die Parschendi unbarmherzig auf sie ein.
Außerdem wurde eine Brückenmannschaft, die erkennbar wenige Mitglieder hatte, immer von den Parschendi ins Visier genommen. Brücke Vier steckte also in Schwierigkeiten. Dieser Lauf konnte durchaus fünfzehn oder zwanzig Männern das Leben kosten. Also musste er etwas tun.
Das war es.
»Rückt nahe zusammen«, sagte Kaladin.
Die Männer sahen ihn fragend an und kamen auf ihn zu.
»Wir tragen die Brücke in Seitenlage«, sagte er leise. »Ich gehe voran. Ich werde uns leiten; macht euch bereit, immer in die Richtung zu gehen, die ich vorgebe.«
»Kaladin«, sagte Teft, »in der Seitenlage sind wir aber langsam. Das ist vielleicht ein interessanter Vorschlag, aber …«
»Vertraust du mir, Teft?«, fragte Kaladin.
»Ja, ich glaube schon.« Der grauhaarige Mann sah die anderen an. Kaladin erkannte deutlich, dass sie ihm nicht vertrauten; zumindest nicht voll und ganz.
»Es wird gelingen«, sagte Kaladin nachdrücklich. »Wir benutzen die Brücke als Schild gegen die Pfeile. Dazu müssen wir ganz vorn laufen und schneller als alle anderen Brücken sein. Es ist zwar schwer, dies in der Seitenlage zu schaffen, aber eine andere Idee habe ich nicht. Wenn es nicht gelingt, bin ich wenigstens in der vordersten Reihe und einer der Ersten, die fallen werden. Wenn ich sterbe, tragt ihr die Brücke wieder auf den Schultern. Das haben wir lange genug geübt. Dann seid ihr mich endlich los.«
Die Brückenmänner schwiegen.
»Und was ist, wenn wir dich gar nicht los sein wollen?«, fragte der langgesichtige Natam.
Kaladin lächelte. »Dann lauft schnell und folgt meinen Anweisungen. Ich werde während des Laufs einige Male die Richtung ändern. Bereitet euch darauf vor.«
Er wandte sich wieder der Brücke zu. Die einfachen Soldaten hatten sie inzwischen überquert, und die Hellaugen –
einschließlich Sadeas in seinem reich verzierten Splitterpanzer – ritten nun über den Abgrund. Kaladin und Brücke Vier folgten ihnen und zogen die Brücke hinter sich heran. Sie trugen sie auf den Schultern bis zur Spitze der Armee, setzten sie ab und warteten darauf, dass auch die übrigen Brücken über die Kluft geschoben wurden. Lopen und die beiden anderen Wasserträger waren mit Gaz zurückgeblieben. Es sah so aus, als bekämen sie keine Schwierigkeiten, obwohl sie nicht mitliefen. Das war wenigstens ein kleiner Segen.
Kaladin spürte Schweißperlen auf der Stirn. Er konnte die Parschendi-Reihen auf der anderen Seite der Kluft kaum erkennen. Es waren Männer in Schwarz und Scharlachrot, die ihre Kurzbögen mit bereits eingelegten Pfeilen bereithielten. Der gewaltige Hang des Turms stieg hinter ihnen an.
Kaladins Herz schlug schneller. Erwartungssprengsel stiegen inmitten der Armee überall auf, nicht aber bei seinen Männern. Zu ihrer Verteidigung musste jedoch gesagt werden, dass sich auch keine Angstsprengsel bildeten. Es war zwar nicht so, dass sie keinerlei Angst verspürten, aber sie gerieten doch nicht so in Panik wie die anderen Mannschaften; also gingen die Angstsprengsel zu diesen.
Vorsicht, schien ihm Tukks aus der Vergangenheit zuzuflüstern. Der Schlüssel zum Kampf ist nicht Mangel an Leidenschaft, sondern beherrschte Leidenschaft. Bemühe dich zu gewinnen. Kümmere dich um die, die du zu verteidigen hast. Du musst dich um irgendetwas kümmern.
Ich kümmere mich auch, dachte Kaladin. Sturmverdammt, das tue ich.
»Brücken hoch!« Gaz’ Stimme hallte über die Frontlinien und wiederholte damit den Befehl, den Lamaril ihm gegeben hatte.
Brücke Vier setzte sich in Bewegung, drehte die Brücke rasch auf die Seite und wuchtete sie hoch. Die kleineren Männer
bildeten eine Reihe, hielten die Brücke rechts von sich, und die größeren reihten sich hinter ihnen auf, griffen nach oben und stabilisierten sie. Lamaril schenkte ihnen einen bösen Blick, und Kaladin hielt den Atem an.
Gaz trat vor und flüsterte Lamaril etwas zu. Der Adlige nickte langsam und sagte nichts. Der Ruf zum Angriff
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