Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
Kreaturen, und wenn sie eingesperrt werden, können sie den Magen durcheinanderbringen. «
»Das ist nicht nett«, protestierte Schallan.
Tozbek stieß ein schallendes Lachen aus. »So etwas behauptet Ihr noch nach einer monatelangen Reise! Ich habe Euch doch immer wieder gesagt, dass wir Seeleute sind! Wir haben jede Höflichkeit in dem Augenblick vergessen, in dem wir ein Schiff betreten, und wir sind schon weit entfernt von jeglicher Erlösung.«
Sie lächelte. Immer wieder war sie von strengen Kindermädchen und Lehrerinnen dazu angehalten worden, den Mund
zu halten. Unglücklicherweise waren ihre Brüder aber noch entschlossener gewesen, sie zum Gegenteil anzustacheln. Sie hatte es sich angewöhnt, sie mit witzigen Bemerkungen zu unterhalten, wenn niemand anders in der Nähe war. Liebevoll dachte sie an die Stunden, die sie vor dem knisternden Herdfeuer im Großraum verbracht hatten, als die jüngsten drei ihrer vier Brüder um sie herumgehockt und ihr gelauscht hatten, während sie sich über den neuesten Speichellecker ihres Vaters oder irgendein Reiseabenteuer lustig machte. Oft hatte sie die Münder von Menschen, die sie zwar sehen, aber nicht hören konnte, mit den dümmsten Gesprächen gefüllt.
Das hatte einen Charakterzug in ihr hervorgerufen, den ihre Kindermädchen als vorlaut bezeichnet hatten. Und die Seeleute waren noch dankbarer für eine witzige Bemerkung, als es ihre Brüder jemals gewesen waren.
»Also«, sagte Schallan zu dem Kapitän, »ich wollte das Folgende sagen.« Sie war noch errötet, konnte die Worte aber nicht zurückhalten. »Du sagst, dass meine Schönheit die Winde dazu getrieben habe, uns rasch nach Kharbranth zu bringen. Würde das aber nicht auch bedeuten, das ein Mangel an Schönheit auf anderen Reisen dafür verantwortlich war, dass wir zu spät ankamen?«
»Nun ja … äh …«
»Also sagst du mir in Wirklichkeit, dass ich genau während eines Sechstels der Zeit schön bin«, meinte Schallan.
»Unsinn. Junge Dame, Ihr seid wie die Morgenröte, jawohl!«
»Wie die Morgenröte? Damit meinst du wohl, dass ich zu rot bin« – dabei zog sie an ihren langen roten Haaren – »und die Männer die Augen zukneifen, wenn sie mich sehen?«
Er lachte, und mehrere Matrosen in seiner Nähe fielen in sein Lachen mit ein. »Also gut«, erklärte Tozbek, »dann seid Ihr halt wie eine Blume.«
Sie zog eine Grimasse. »Ich bin aber allergisch gegen Blumen. «
Er hob eine Braue.
»Nein, wirklich«, gab sie zu. »Ich finde sie zwar bezaubernd, aber wenn du mir einen Strauß gibst, bekomme ich schnell einen so starken Anfall, dass du die Wände nach den Sommersprossen absuchen musst, die ich mir von der Haut geniest habe.«
»Das mag zwar stimmen, aber ich behaupte trotzdem, dass Ihr so schön wie eine Blume seid.«
»Wenn ich das tatsächlich sein sollte, dann müssen die Männer meines Alters dieselbe Allergie haben, denn sie halten sich stets von mir fern.« Wieder zog sie eine Grimasse. »Ich habe dir ja gesagt, dass ich nicht höflich bin. Junge Frauen sollten nicht so gereizt reagieren.«
»Ach, junge Dame«, sagte der Kapitän und neigte seine Häkelkappe in ihre Richtung. »Die Jungs und ich, wir werden Eure flinke Zunge vermissen. Ich weiß gar nicht, was wir ohne Euch tun sollen.«
»Segeln, vermutlich«, sagte sie. »Und essen und singen und die Wellen beobachten. Eben all das, was ihr jetzt auch schon tut, nur habt ihr dann mehr Zeit dazu, denn ihr werdet nicht mehr andauernd über ein junges Mädchen stolpern, das auf eurem Deck sitzt und zeichnet, während es dabei etwas in sich hineinmurmelt. Aber ich will dir danken, Kapitän, für diese Reise, die wirklich wundervoll war, wenn auch etwas lang.«
Anerkennend hob er die Hand an seine Mütze.
Schallan grinste. Sie hatte nicht erwartet, dass es so befreiend sein konnte, auf sich selbst gestellt zu sein. Ihre Brüder hatten befürchtet, sie könnte sich ängstigen. Sie betrachteten sie als furchtsam, weil sie sich nicht gern stritt und sogleich schwieg, wenn sich große Gruppen miteinander unterhielten. Vielleicht war sie wirklich furchtsam, denn sie empfand es als einschüchternd, so weit entfernt von Vedenar zu sein. Aber gleichzeitig war es wundervoll. Sie hatte bereits drei Skizzenblöcke
mit Bildern der Kreaturen und Menschen gefüllt, die sie auf der Reise gesehen hatte, und obwohl die Sorge um die finanzielle Lage ihres Hauses wie eine ewige Wolke über ihr schwebte, wurde ihr Einfluss durch die schiere
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