Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
unspontan, wie man es sich nur vorstellen kann. In vielen Situationen reagiert meine Zunge äußerst spontan, wenn ich dazu ermutigt werde … Aber meine Handlungen sind es nur selten. Wir alle sind manchmal spontan, und wir alle sind manchmal auch zurückhaltend.«
»Damit gebt Ihr zu, dass das Buch Recht hat. Es sagt, dass Ihr spontan seid, und Ihr seid es manchmal. Also ist seine Aussage korrekt.«
»Diesem Argument zufolge hat es aber bei jedem Menschen Recht.«
»Das heißt, es trifft hundertprozentig zu.«
»Nein, nicht hundertprozentig«, sagte Schallan und schluckte ein weiteres Stück des lockeren, süßen Brotes herunter. »Wie ich schon sagte, Jasnah hasst jede Art von Marmelade.«
»Ach ja«, sagte Kabsal. »Sie ist auch eine Marmeladenhäretikerin . Ihre Seele schwebt in noch größerer Gefahr, als mir bewusst war.« Er grinste und biss in seine Brotscheibe.
»Allerdings«, bestätigte Schallan. »Was sagt denn dieses Buch noch über mich und die halbe Weltbevölkerung, nur weil wir Speisen mit zu viel Zucker darin lieben?«
»Nun, eine Vorliebe für Simbeeren deutet auch eine Liebe zur Natur an.«
»Ah, die Natur«, sagte Schallan. »Ich habe diesen mythischen Ort auch schon einmal besucht. Es ist aber so lange her, dass ich es fast vergessen habe. Scheint eigentlich die Sonne noch, oder ist das nur eine meiner Traumerinnerungen?«
»Sicherlich sind Eure Studien nicht so schlimm.«
»Jasnah mag Staub übertrieben gern«, erklärte Schallan. »Ich glaube, sie ernährt sich davon, wie ein Chull Steinknospen frisst.«
»Und Ihr, Schallan? Wovon ernährt Ihr Euch?«
»Von Kohle.«
Zuerst wirkte er verwirrt, doch dann warf er einen Blick auf ihr Skizzenbuch. »Ah, ja. Ich bin überrascht, wie schnell sich Euer Name und Eure Zeichnungen im Konklave verbreitet haben.«
Schallan aß den Rest ihres Brotes und wischte sich die Hände an einem feuchten Tuch ab, das Kabsal mitgebracht hatte. »Wenn Ihr das so sagt, klingt es wie eine Krankheit.« Sie fuhr mit den Fingern durch ihr rotes Haar und zog eine Grimasse. »Ich glaube, es hat die Farbe eines Hautausschlags, nicht wahr?«
»Unsinn«, gab er streng zurück. »So etwas solltet Ihr nicht sagen, Hellheit. Das ist respektlos.«
»Mir selbst gegenüber?«
»Nein, dem Allmächtigen gegenüber, der Euch erschaffen hat.«
»Er hat auch die Kremlinge erschaffen, um Hautausschlag und andere Krankheiten erst gar nicht zu erwähnen. Mit einer solchen verglichen zu werden, ist also in Wirklichkeit eine Ehre.«
»Diese Logik verstehe ich nicht, Hellheit. Da er alles erschaffen hat, sind Vergleiche doch ganz bedeutungslos.«
»Zum Beispiel die in Eurem Buch über den Geschmack, nicht wahr?«
»Ein gutes Argument.«
»Es gibt Schlimmeres als den Vergleich mit einer Krankheit«, erklärte sie nachdenklich. »Wenn man eine hat, erinnert einen das doch daran, dass man lebt. Man kämpft um das, was man hat. Und wenn die Krankheit vorbei ist, scheint das gewöhnliche, gesunde Leben im Vergleich dazu wunderbar zu sein.«
»Würdet Ihr nicht lieber ein Hochgefühl sein und denjenigen, die Ihr infiziert, angenehme Empfindungen schenken?«
»Hochgefühle vergehen wieder. Sie sind für gewöhnlich kurzlebig, und wir verbringen mehr Zeit damit, uns nach ihnen zu sehnen, als damit, sie zu genießen.« Sie seufzte. »Seht, was wir getan haben. Jetzt bin ich ganz niedergeschlagen. Im Vergleich dazu wird es aufregend sein, mich wieder meinen Studien zu widmen.«
Er bedachte die Bücher mit einem verwirrten Blick. »Ich hatte aber den Eindruck, dass Ihr Eure Studien genießt.«
»Diesen Eindruck hatte ich auch. Dann aber ist Jasnah Kholin in mein Leben geplatzt und hat mir bewiesen, dass sogar etwas Angenehmes langweilig sein kann.«
»Ich verstehe. Sie ist eine strenge Herrin?«
»Eigentlich nicht«, antwortete Schallan. »Ich liebe bloß Übertreibungen. «
»Also, ich treibe es auch gern«, gab er zurück.
»Kabsal!«
»Verzeihung«, sagte er und richtete den Blick nach oben. »Verzeihung.«
»Ich bin sicher, dass die Decke Euch vergeben wird. Wenn Ihr aber die Aufmerksamkeit des Allmächtigen erregen wollt, werdet Ihr stattdessen ein Gebet verbrennen müssen.«
»Ich schulde ihm sowieso noch einige«, erklärte Kabsal. »Was hattet Ihr noch über Hellheit Jasnah gesagt?«
»Sie ist keine sehr strenge Herrin. Eigentlich ist sie all das, was über sie gesagt wird: brillant, wunderschön und rätselhaft. Ich darf mich glücklich preisen, ihr Mündel zu
Weitere Kostenlose Bücher