Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
damit, uns andere anzustarren.« Er zögerte. »Er ist wirklich ziemlich verstaubt. Wenn ich es mir recht überlege, könnte er sogar ausgestopft sein. Ich habe noch nie gesehen, wie er sich bewegt hat …«
»Wir schweifen ab. Wolltet Ihr nicht gerade versuchen, mich für Euer Devotarium anzuwerben?«
»Ja. Und das ist gar nicht so ungewöhnlich, wie Ihr glaubt. Alle Devotarien tun es. Wir missbilligen uns wegen unseres Mangels an Ethik gegenseitig.« Er beugte sich wieder vor und wurde nun ernster. »Mein Devotarium hat vergleichsweise wenige Mitglieder, denn wir sind nicht so bekannt wie die anderen. Wann immer jemand ins Palanaeum kommt und nach Wissen sucht, nehmen wir es auf uns, ihn in … Kenntnis zu setzen.«
»Ihn anzuwerben.«
»Wir zeigen ihm, was ihm fehlt.« Er biss in sein Marmeladenbrot. »Hat man Euch im Devotarium der Reinheit die Natur des Allmächtigen gelehrt? Das göttliche Prisma mit den zehn Facetten, die die Herolde repräsentieren?«
»Sie haben es erwähnt«, sagte sie. »Hauptsächlich haben wir darüber gesprochen, wie wir mein Ziel der … nun ja, der Reinheit erreichen können. Ich gebe zu, dass es etwas langweilig war, da ich kaum Gelegenheit hatte, etwas Unreines zu tun.«
Kabsal schüttelte den Kopf. »Der Allmächtige gibt jedem ein bestimmtes Talent, und wenn wir für uns eine Berufung erwählen, die dieses Talent fördert, dann ehren wir ihn auf die grundlegendste Weise. Ein Devotarium und seine Feuerer sollten dies fördern und Euch ermutigen, Eure höchsten Ziele zu erreichen.« Er deutete auf die Bücher. »Damit sollte Euer
Devotarium Euch helfen, Schallan. Geschichte, Logik, Wissenschaft, Kunst. Aufrichtig und gut zu sein ist zwar wichtig, aber wir sollten mehr daran arbeiten, die natürlichen Talente der Menschen zu fördern, anstatt sie dazu zu zwingen, diejenigen Glorien und Berufungen zu übernehmen, die wir als die wichtigsten betrachten.«
»Ich glaube, das ist ein vernünftiges Argument.«
Kabsal nickte und sah nachdenklich drein. »Ist es ein Wunder, dass sich eine Frau wie Jasnah Kholin davon abgewendet hat? Viele Devotarien ermuntern die Frauen dazu, das schwierige Studium der Theologie den Feuerern zu überlassen. Wenn Jasnah nur in der Lage gewesen wäre, die wahre Schönheit unserer Lehren zu erkennen …« Er lächelte und zog ein dickes Buch aus seinem Brotkorb. »Eigentlich hatte ich gehofft, ihr zeigen zu können, was ich meine.«
»Ich bezweifle, dass sie wohlwollend darauf reagieren würde.«
»Vielleicht ja auch nicht«, sagte er beiläufig und wog das Buch in der Hand. »Aber allein die Vorstellung, dass ich es war, der sie am Ende überzeugt hat …«
»Bruder Kabsal, das klingt beinahe so, als würdet Ihr Euch Ruhm erwerben wollen.«
Er errötete, und sie begriff, dass sie etwas gesagt hatte, das für ihn wahrhaft peinlich war. Sie verfluchte ihre schnelle Zunge.
»Ja«, sagte er, »gern würde ich Ruhm erwerben. Ich sollte mir nicht so sehnlich wünschen, dass ich es bin, der sie bekehrt. Aber ich tue es. Wenn sie doch nur meinen Beweisen zuhören würde.«
»Beweise?«
»Ich besitze stichhaltige Beweise für die Existenz des Allmächtigen. «
»Die würde ich gern sehen.« Doch dann hob sie den Finger und schnitt ihm das Wort ab. »Nicht weil ich seine Existenz bezweifelte, Kabsal. Ich bin bloß neugierig.«
Er lächelte. »Es wird mir ein Vergnügen sein, es Euch zu erklären. Aber wie wäre es erst einmal mit einer weiteren Scheibe Brot?«
»Ich sollte Nein dazu sagen und das Übermaß meiden, so wie meine Lehrer es mir beigebracht haben. Doch stattdessen sage ich Ja.«
»Wegen der Marmelade?«
»Natürlich«, antwortete sie und nahm das Brot entgegen. »Wie hat mich Euer Buch der orakelhaften Marmeladen noch gleich beschrieben? Als gefühlsbeherrscht und spontan? Das kann ich bestätigen. Solange es um Marmelade geht.«
Er bestrich eine Scheibe für sie, wischte sich die Finger an seinem Tuch ab, öffnete sein Buch und durchblätterte es, bis er eine Seite mit einer Zeichnung darauf gefunden hatte. Schallan rückte näher an ihn heran, damit sie einen besseren Blick darauf werfen konnte. Die Zeichnung zeigte keine Person, sondern ein Muster. Es war ein aus drei Flügeln gebildetes Dreieck mit einer Erhebung im Mittelpunkt.
»Erkennt Ihr das?«, fragte Kabsal.
Es erschien ihr vertraut. »Ich sollte es kennen.«
»Das ist Kholinar«, erklärte er, »die Alethi-Hauptstadt, so wie sie von oben aussehen würde. Seht Ihr die
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