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Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erika O'Rourke
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früher.
    Ganz gleich, welches College ich letzten Endes besuchen würde, wir würden fast sechs Monate lang unter einem Dach leben, bevor ich entkommen konnte.
    Mir wurde am ganzen Körper erst heiß, dann kalt, und ich schwankte und war plötzlich dankbar für Lucs Hand an meinem Ellbogen. Obwohl ich wusste, dass sein Zauber uns verbarg, kam ich mir vor, als ob alle im Saal mich anstarrten und die Intensität ihres Interesses an unserem kleinen Familiendrama mich erstickte.
    » Gehen wir«, sagte ich zu Luc.
    » Was?«
    » Du wolltest doch reden? Reden wir also. Bring mich nur weg von hier.«
    Seine Mundwinkel hoben sich, aber das Lächeln drang nicht ganz bis zu seinen Augen vor. » Ich dachte schon, du würdest nie darum bitten«, sagte er und führte mich in die bitterkalte Novembernacht hinaus.

Kapitel 11
    Vielleicht lag es daran, dass ich aus der Übung war, oder daran, dass ich mich im Laufe dieses Tages zu oft im Dazwischen aufgehalten hatte, aber durch die kurze Reise zu Lucs Wohnung wurde mir so schlecht, dass ich würgen musste. Ich war nicht dazu geschaffen, ins Dazwischen zu gehen. Jedes Mal musste mich ein Bogen hindurchbringen. Vielleicht ließ die Magie mich auf diese Weise wissen, dass ich nicht dazugehörte, um mich daran zu erinnern, dass ich ein Eindringling war, und mich davor zu warnen, mich zu häufig vorzuwagen. Vielleicht mochte die Magie mich auch einfach nicht.
    Das beruhte auf Gegenseitigkeit.
    Wie ein Gentleman wartete Luc im Wohnzimmer, während ich mich im Badezimmer sammelte. Ich ließ mich auf den Fußboden sinken, spürte seine Festigkeit unter mir, presste die Wange gegen die kühle, gekachelte Wand und wünschte mir, der Raum würde aufhören, sich zu drehen. Jeder Herzschlag ließ neuerlichen Schmerz durch meine Schläfen pulsieren. Allein der Gedanke daran, dass mein Vater nach Hause kommen würde, sorgte dafür, dass eine neuerliche Welle der Übelkeit mich durchströmte.
    Im selben Haus wie mein Vater zu leben würde unmöglich sein. Ich hatte es schon vor Jahren aufgegeben, wütend auf ihn zu sein: Mein Zorn war etwas Trostlosem gewichen, einer gleichgültigen Leere. Mein Vater war dumm gewesen und hatte Geldwäsche durch die verschiedenen Firmen meines Onkels betrieben. Auch gierig, denn als ihm das nicht mehr genug gewesen war, hatte er Geld veruntreut. Als mein Vater nicht mehr da gewesen war, war Billy eingesprungen, hatte dafür gesorgt, dass meine Mutter die Rechnungen bezahlen konnte, hatte etwas zu meinem Schulgeld beigesteuert und meiner Mutter das Slice verkauft, um sie unabhängig zu machen. Billy hatte uns gerettet. Das hatte meine Mutter mir immer erzählt. Mein Onkel hatte uns gerettet, als mein Vater ausgefallen war.
    Die Wahrheit war weit weniger edel. Ich kannte keine Details. Colin wollte nicht reden, und meine Mutter weigerte sich, auch nur ein Wort gegen meinen Vater und meinen Onkel zu sagen, also blieben mir nur die Zeitungsartikel über den Prozess. Und während die offizielle Geschichte lautete, dass mein Vater das Vertrauen und die Großzügigkeit seines Schwagers missbraucht hatte, wusste ich mittlerweile, dass beide die ganze Zeit über mit der Mafia von Chicago zu tun gehabt hatten.
    New York hatte meine Zuflucht werden sollen. Nach Veritys Tod war mir das wichtiger denn je erschienen, als Möglichkeit, unser gegenseitiges Versprechen zu erfüllen und den Traum auszuleben, den wir miteinander geteilt hatten. Aber wie sich herausgestellt hatte, wäre Verity ohnehin nicht nach New York gegangen. Ihre Pläne hatten sich geändert, als sie ihre magischen Kräfte gewonnen und zugleich herausgefunden hatte, dass sie das Gefäß war, dem es bestimmt war, die Bögen und ihre Magie zu retten. Unser letztes Gespräch miteinander war ein Streit über ihre Absicht gewesen, nach New Orleans statt nach New York zu ziehen. Und jetzt war ich hier, in New Orleans, und löste ein anderes Versprechen ein, das ich ihr gegeben hatte.
    » Geht es dir gut?«, rief Luc durch die geschlossene Tür.
    » Ja.« Ich stand auf, stützte mich an der Wand ab und ging dann ins Wohnzimmer. Ich liebte Lucs Wohnung. Die Kranzprofile, die alten Gemälde, das unbefangene Durcheinander schöner Kunstwerke von überall auf der Welt … Alles hier flehte geradezu darum, in Augenschein genommen, berührt und erforscht zu werden, weil ein rascher Blick nicht ausreichte.
    Der Junge, der auf dem Sofa saß, bildete da keine Ausnahme.
    Er stand auf, als ich das Zimmer betrat, rank und schlank,

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