Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin
bist?«
» Sei nicht so ein Blödmann.«
» Ich bin ja nicht derjenige, der Probleme mit seiner Impulskontrolle hat«, sagte er und bedachte Constance mit einem unfreundlichen Blick. Ich ging durch den Raum, machte einen Bogen um die umgestürzten Tische und stieg über Bücherstapel und zerbrochene Lampen hinweg.
Ein paar Schritte von Constance entfernt blieb ich stehen. Die Magie hatte sich aufgelöst, aber falls Constance wieder die Kontrolle verlor, würde die nächste Runde zu viel für mich sein. » Geht es dir gut?«
» Was glaubst du?«, blaffte sie.
» Sie ist nicht verletzt«, erklärte Niobe. » Ich wünschte, ich könnte sagen, dass sich viel geändert hat, seit ich dich zum letzten Mal gesehen habe, aber … anscheinend ist dem nicht so.«
» Alles hat sich geändert.«
Sie neigte den Kopf in Lucs Richtung. » Nichts Grundlegendes.«
» Ihr kennt euch?«, fragte Constance in unüberhörbar vorwurfsvollem Ton. » Ich dachte, du hättest gesagt, du wärst nicht magisch, Mo.«
» Mo hat sich eine einzigartige Stellung unter uns erobert«, erklärte Niobe. » Sie ist kein Bogen, aber an uns gebunden und uns so verpflichtet wie wir umgekehrt ihr.«
» Egal.« Constance verdrehte die Augen. Hinter mir beförderte Luc mit wenigen Worten die Bücher in die Regale zurück. Sie landeten härter als nötig an Ort und Stelle, und der Lärm ließ Constance erst zusammenzucken und dann böse dreinblicken.
» Hat Orla dich geschickt?«, fragte ich Niobe, um einem neuerlichen Streit vorzubeugen.
» Ja. Ich habe deiner Freundin schon erklärt …«
» Sie ist nicht meine Freundin«, warf Constance ein.
Niobe bedachte sie mit einem vernichtenden Blick. » Ich habe dem Mädchen schon erklärt, welche Rolle ich bei dem Bund spiele.«
» Sie hat gesagt, du hättest irgendeine Abmachung mit ihrer Chefin getroffen, also müsste sie mir helfen. Du hast mich noch nicht einmal gefragt .«
» Ich will dir doch nur helfen«, erwiderte ich.
Hinter uns setzte Luc die Tafel mit minutiösen Fingerbewegungen wieder zusammen. Die einzelnen Stücke flogen eines nach dem anderen hoch und verschmolzen wie Puzzleteile. Bei Constances Worten wirbelte er herum und schlug mit der Stimme zu wie mit einer Peitsche: » Sie hat eine Abmachung getroffen, um dir das Leben zu retten, kleines Mädchen. Du bist für die meisten Leute in meiner Welt ein kleiner Fisch, und es kostet keinen dort schlaflose Nächte, wie du mit alldem hier umgehst. Sie kommt für dich einer Freundin noch am nächsten. Das Höflichste wäre es jetzt, sich bei ihr zu bedanken.«
Constance sah zu, wie die Tafelbruchstücke sich langsam in der Luft drehten, und kniff die Lippen zusammen.
Ich presste mir die Finger auf die Augenlider und versuchte, den Druck zu lindern. Ich hatte keine große Lust, die Schiedsrichterin zu spielen, aber Veritys Schwester zu beschützen war unabdingbar, und das Gleiche galt für meine Bindung an Luc.
Luc zog an meinem Arm. » Wir gehen jetzt besser. Ich habe alles verhüllt, als wir hergekommen sind, aber ich weiß nicht, wie gut es funktioniert hat. Niobe, kannst du das kleine Fräulein Trotzkopf mitnehmen? Ich schätze, ihr habt einiges zu besprechen.«
Man konnte Constance ansehen, wie sie den Abstand zur Tür und ihre Fluchtchancen abzuschätzen versuchte. Ich konnte es ihr nachempfinden; ich hatte das Gleiche getan, als Luc mir von der Magie erzählt hatte. Ich wusste auch, wie zwecklos der Versuch war, davor davonzulaufen. Constance ertappte mich dabei, wie ich sie anstarrte, und verschränkte trotzig die Arme. » Mich wohin mitnehmen? Ich gehe nicht mit euch weg!«
Niobe lächelte sie an, so dass ihre Zähne sich strahlend weiß von ihrer dunklen Haut abhoben. » In mein Büro natürlich.« Zum ersten Mal bemerkte ich den St.-Brigid-Ausweis, auf dem deutlich PERSONAL stand und den sie an einem Band um den eleganten Hals trug.
» Warte mal.« Ich starrte sie an und erinnerte mich an das, was Lena mir heute Morgen erzählt hatte. » Hast du diese Bilder von Miss Turner verschickt?«
» Nicht persönlich.«
» Es war absolut mies, so etwas zu tun. Sie wird keinen neuen Job finden können.« Ich hätte nicht überrascht sein sollen. Sie stellten das Leben anderer Leute ständig auf den Kopf, ohne sich Gedanken darüber zu machen.
» Lass es gut sein«, sagte Luc und nahm mich beim Ellbogen. » Du hast schließlich selbst darum gebeten.«
Niobe zuckte mit den Schultern. » Wäre es dir lieber, wenn wir Constance
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