Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin
aufgeregt?«
» Nicht besonders.« Pascal würde entweder weitere Experimente durchführen oder neue Hiobsbotschaften überbringen. Keines von beidem reizte mich sonderlich.
Sie verzog mitleidig das Gesicht. » Bist du sicher, dass sie dich nicht reinlassen werden? Es kommt mir dumm vor, dich hinzubestellen und dich dann die ganze Zeit in der Eingangshalle versauern zu lassen.«
» In der Eingangshalle?« Lena redete vom Sadie-Hawkins-Ball, der mir vollkommen entfallen war. Ich runzelte die Stirn. Wie sollte ich auf dem Ball arbeiten und mich gleichzeitig mit Pascal treffen? Selbst wenn ich durchs Dazwischen reiste, konnte ich nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. » Was würde Schwester Donna deiner Meinung nach tun, wenn ich gehen würde, sobald der Ball begonnen hat?«
Lena starrte mich mit offenem Mund an. » Du bist wirklich verrückt«, sagte sie schließlich. » Sieh mal, ich weiß, dass dein Jahr bisher unglaublich beschissen war. Aber nicht zum Ball zu kommen? Das wäre akademischer Selbstmord.«
Ich seufzte. » Ich weiß. Ich muss aber woanders sein.«
» Ich dachte, wir hätten Pläne«, sagte sie leise.
» Die haben wir auch. Absolut. Dieses Treffen findet während des Balls statt, nicht danach.« Ich würde Luc erklären, dass ich nur ein bis zwei Stunden Zeit hatte.
» Es ist mir egal, wie gutaussehend der Typ aus dem Sommer ist oder wie verliebt du in Colin bist. Schwester Donna wird dich aus der NHS werfen und dich beurlauben. Dein Leben wird nie wieder so sein wie vorher.« Sie musste nicht erfahren, dass es das ohnehin schon nicht mehr war. » Und seit wann bist du überhaupt so bescheuert? Ich hätte nicht gedacht, dass du eines von den Mädchen bist.« Sie warf sich verächtlich den Pferdeschwanz über die Schulter. » Vielleicht sollten wir es einfach vergessen.«
Ich schüttelte schnell den Kopf, da ich sie nicht noch mehr kränken wollte, als ich es ohnehin schon getan hatte. » Unter keinen Umständen. Ich würde mich viel lieber mit dir treffen, als zu der anderen Sache zu gehen. Ich kann sie verschieben.« Das hoffte ich zumindest.
Lena lehnte sich mit immer noch funkelnden Augen zurück. » Lass dich von mir nicht aufhalten, wenn du etwas Besseres vorhast.«
Ich konnte mich nicht erinnern, wie lange es her war, dass ich, abgesehen von Verity, eine echte Freundin gehabt hatte. Ich vermisste es, jemanden zu haben, mit dem ich reden konnte. Sogar Colin gegenüber blieb immer etwas unausgesprochen, da unsere Gefühle unmittelbar unter der Oberfläche unserer Gespräche brodelten. » Nichts ist besser, als mich mit dir zu treffen.« Es klingelte, und ich hievte meine Bücher hoch. » Ich muss schnell nach unten ins Büro. Können wir nachher noch einmal darüber reden und uns auf einen genauen Termin und alles einigen?«
» Klar.« Sie sah nicht aus, als ob sie mir glaubte, und ich konnte es ihr nicht verdenken.
Ich ging zum Beratungslehrerbüro, und die Sekretärin winkte mich durch in Niobes winziges Zimmer. Sie hatte es umdekoriert und alle Spuren der armen Miss Turner entfernt. Die Motivationsposter mit den Tierbabys waren verschwunden und durch eine Reihe düsterer Schwarzweißlandschaften ersetzt worden. Statt des elektrischen Wasserkochers und des überfüllten Bücherregals, das ich das ganze Semester lang angestarrt hatte, stand ein japanisches Teeservice auf einem niedrigen Tisch, an den einladend zwei Stühle gerückt waren, als ob dort Gespräche stattfinden sollten.
» Keine Schülerinnen? Solltest du nicht den Leuten helfen, mit ihrem Leben zurechtzukommen?«
» Ungeachtet des Schilds an der Tür bin ich keine Beratungslehrerin. Ich versuche, niemanden zu wiederholten Besuchen zu ermuntern.« Sie ließ sich auf einen der Stühle fallen und kreuzte die Knöchel.
» Nett. Hör zu, du musst für mich eine Nachricht an Pascal überbringen.«
» Ich bin auch keine Dienstbotin.«
» Es ist wichtig. Ich kann mich heute Abend nicht mit ihm treffen.«
» Wie bitte?«, fragte sie, als hätte sie mich nicht richtig verstanden. » Du willst ein Treffen mit einem Quartoren absagen? Was um alles in der Welt könnte denn wichtiger sein?«
Ich biss die Zähne zusammen. » Der Ball.«
Sie lachte, halb amüsiert, halb entsetzt. » Ein Highschool-Ball?«
» Ich weiß, dass es sich dumm anhört.«
» Es ist dumm. Unfassbar dumm.« Sie beugte sich vor und goss sich eine Tasse Tee ein.
» In deinen Augen vielleicht. Aber es gibt exakt eine Person an dieser Schule, die bereit
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