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Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erika O'Rourke
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Lies die Akte, Mo. Ich leiste dir Gesellschaft.«
    Ich zog die Schublade auf und nahm den Papierstapel heraus. Wenn meine Welt schon explodieren musste, dann war es besser, wenn ich eine Freundin an meiner Seite hatte.

Kapitel 29
    Ich blätterte den Dokumentenstapel durch. Fremdsprachen waren nicht meine Stärke, und juristisches Fachchinesisch bildete da keine Ausnahme. » Ich weiß noch nicht einmal, wonach ich suche.«
    » Ein Stück weiter vorn«, sagte sie und zeigte darauf. » Da.«
    » Eine Kronzeugenregelung? Er hat sie nicht unterschrieben. Was spielt das für eine Rolle?«
    » Lies«, riet Lena.
    Ich überflog die winzige Druckschrift dreimal. » Ich verstehe es immer noch nicht.«
    » Der Staatsanwalt hat deinem Vater Strafmilderung angeboten. Fünf Jahre, mit der Option auf Bewährung. Er wäre wieder draußen gewesen, noch bevor du zehn geworden bist. Er hätte bloß reden müssen.«
    » Über Billy reden«, überlegte ich laut. » Und über alles, was sie getan haben, wie etwa, das Morgan’s und das Slice zur Geldwäsche zu nutzen.«
    » Das ist logisch«, sagte Lena und schürzte die Lippen. » Man kann nicht einfach illegal einen Haufen Geld verdienen und ihn auf der Bank einzahlen, weil das der Regierung gemeldet wird, und die stellt dann Nachforschungen an. Geldwäscher suchen sich ein Unternehmen, das das Bargeld als Einnahme angibt, Steuern zahlt und es sauber zurückgibt.«
    » Woher weißt du das alles?«, fragte ich.
    » Aus dem Wirtschaftskundeunterricht«, sagte sie beinahe gelangweilt. » Das Slice akzeptiert keine Kreditkarten, nicht wahr? Es wäre leicht für deinen Vater gewesen, die Bücher so aussehen zu lassen, als ob ihr mehr Geld eingenommen hättet, als ihr eigentlich verdient habt. Aber sie hätten vorsichtig sein müssen. Das Slice steht ganz gut da, aber man kann keine riesigen Geldsummen hindurchschleusen. Sie durften also nicht gierig werden.«
    Colins Worte kamen mir wieder in den Sinn. Billy hat nur so lange überlebt, weil er schlau ist – er wird nicht gierig, lehnt sich nicht zu weit aus dem Fenster.
    » Billy besitzt mehrere Unternehmen. Es sind nicht nur das Morgan’s und die Baufirma, sondern noch andere. Das Slice hat ihm auch gehört, bevor meine Mutter es übernommen hat.« Er hatte ein Dutzend Gelegenheiten gehabt, Mafiageld blitzsauber aussehen zu lassen. Als mein Vater noch der Buchhalter gewesen war, war es sogar noch einfacher gewesen, alle Spuren zu verwischen. » Aber meine Mutter wäre damit nie einverstanden gewesen. Sie müssen es ohne ihr Wissen getan haben.«
    Lena starrte das Papier vor uns an. » Warum hat dein Vater sich nicht auf den Deal eingelassen? Er muss einen Grund gehabt haben. Fünf Jahre mit der Option auf Bewährung sind viel weniger als zwölf.«
    » Ich weiß es nicht.« Ich überflog das Kreuzverhör, dem die Anklage meinen Vater unterzogen hatte. Ganz gleich, wie sie die Frage formuliert hatten, Dad war eisern geblieben – nein, er hatte keine Komplizen gehabt. Nein, er arbeitete nicht für jemand anderen. Nein, niemand hatte ihm Vorteile für seine Familie versprochen. Nein, er hatte nie auch nur das Geringste mit Marco Forelli oder irgendeinem anderen Mitglied der Familie Forelli zu tun gehabt. Jack Fitzgerald hatte allein gehandelt, und kein Nachhaken, keine Drohung, keine Fangfrage der Staatsanwaltschaft konnte etwas an seiner Geschichte ändern.
    » Er war der Sündenbock«, sagte ich.
    » Die Mafia muss ein Druckmittel gehabt haben«, murmelte Lena mit verstörtem Blick. » Etwas, um zu verhindern, dass dein Vater aus der Reihe tanzte.«
    Ich spürte eine Kälte, die nichts mit dem Fenster unten zu tun hatte. » Uns. Meine Mutter und mich. Und wenn mein Onkel heil davongekommen ist …«
    » Dann wusste er Bescheid.«
    Ich nickte stumm und blätterte mit dem Daumen den Rest der Papiere durch. Und dann hielt ich inne, denn am Ende, nach dem Protokoll der Schlussplädoyers und der Urteilsverkündung, befand sich ein einzelnes Blatt Papier, getrennt von den juristischen Dokumenten. Es war die Schenkungsurkunde des Slice, die das Eigentum von Billy auf meine Mutter übertrug. Sie war auf den Tag nach der Verurteilung meines Vaters datiert.
    » Lena«, sagte ich, und es widerstrebte mir, das Papier zu berühren. » Nicht nur ein Druckmittel. Bestechung.«
    Sie nahm die Schenkungsurkunde, las sie durch und schlug die Hand vor den Mund. Mein Vater war nicht der Einzige gewesen, der Vereinbarungen getroffen hatte, bevor er ins

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