Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
mich dem Rest der Gruppe zu. » Es ist so weit. Aber wir können nicht den Truck nehmen.«
Colin richtete sich auf. » Ich merke schon, wenn uns jemand folgt.«
» Lena sagt nein. Was, wenn jemand ihn sieht?«
» Wie zur Hölle sollen wir dann dort hinkommen? Wie soll ich mich in der Stadt bewegen?«
» So wie ich es getan habe, bevor ich dich kennengelernt habe«, sagte ich. » Mit öffentlichen Verkehrsmitteln.«
» Tess ist seit elf Jahren nicht aus diesem Haus rausgekommen. Ein städtischer Bus ist nicht gerade der geeignete Ort, sich wieder an die Außenwelt zu gewöhnen.«
» Ihr beiden«, sagte Luc kopfschüttelnd, » seid wirklich alles andere als kreativ. Was ist Ihre Lieblingsfarbe, Miss Tess?«
» Rosa«, sagte sie sofort.
Ein boshaftes Lächeln huschte über Lucs Gesicht. » Dann also Rosa.«
» Unter keinen Umständen«, sagte ich, als ich verstand, worauf er hinauswollte. » Es geht darum, unauffällig zu sein. Schwarz.«
Er schüttelte missmutig den Kopf. » Du lässt mich nie Spaß haben.«
Ich verschränkte die Arme und funkelte ihn an.
» Na gut. Schwarz. Jetzt müssen wir aber los.«
Wir gingen auf den Parkplatz hinaus, während die Sonne unterging, und Colin half Tess in den Truck. » Es wird eng, wenn wir alle hineinpassen müssen«, sagte er.
» Dann gehen wir jetzt lieber getrennte Wege«, erklärte Luc. » Heute Abend ist die Nachfolgezeremonie. Wir haben viel zu tun.«
» Was ist mit Billy?«, fragte Colin. » Es ist nicht vorbei, Mo.«
Ich tastete nach dem USB -Stick, der sicher in meiner Tasche steckte. » Noch nicht. Aber bald. Luc hat recht mit der Nachfolge– ihr beiden trefft euch mit Lena bei dem Unterschlupf. Ich schaue vorbei, wenn wir fertig sind.« Ich versetzte Luc einen Rippenstoß. » Der Truck?«
Er legte die Hand auf die Motorhaube und murmelte ein paar Worte. Die Farbe schlug unter seiner Berührung Wellen und verdunkelte sich, bis sie schwarz war. Tess schnappte entzückt nach Luft.
Die Männer gaben sich die Hand. » Ich wünsche dir ein gutes Leben, Cujo. Ich nehme nicht an, dass sich unsere Wege noch einmal kreuzen.«
» Wohl kaum. Danke«, sagte Colin und wies mit einer Kopfbewegung auf mich. » Pass auf sie auf, auch wenn sie behauptet, dass sie das nicht nötig hat.«
Luc nickte und schlenderte zu Tess hinüber, um uns ein bisschen Privatsphäre zu gönnen. Colin wandte sich wieder mir zu. » Es hat keinen Sinn, mit dir zu streiten, nicht wahr? Dir zu sagen, dass du nicht mit ihm da hinunter reisen sollst?«
» In der Tat. Es tut mir leid«, sagte ich leise. » Dass ich euch beiden das alles eingebrockt habe, meine ich– und dass ich euer Leben ruiniert habe.«
» Du hast mir Tess zurückgegeben«, sagte er mit fester Stimme. » Pass bloß auf, dass du heil wiederkehrst, in Ordnung? Luc bekommt eine Sondergenehmigung, aber all die anderen… sie sind es nicht wert, dass du für sie stirbst.«
Nein, aber die Magie war es wert, dass ich für sie lebte– und das hatte ich auch vor. » Ich rufe dich an, sobald es vorbei ist«, sagte ich, umarmte ihn und genoss die Kraft seiner Arme, als sie sich um mich schlossen.
» Sei vorsichtig«, flüsterte er mir ins Haar. » Du kommst zurück, und wir bringen Billy zur Strecke. Verstanden?«
» Verstanden«, sagte ich und sog den Duft nach Seife, Leinen und Colin ein.
Er stieg in den Truck und fuhr vom Parkplatz. Ich biss die Zähne zusammen, versuchte die Beherrschung zu wahren und sah ihnen nach, bis die Rücklichter verblassten.
» Das hast du gut gemacht«, sagte Luc. » Dass du einen sicheren Ort für die beiden gefunden hast, meine ich.«
» Du hast deine Sache aber auch gut gemacht.«
Er zuckte mit den Schultern, als sei es eine Kleinigkeit gewesen, Tess zu heilen. Ich wusste es besser. » Wir müssen jetzt los, Mouse.«
» Nach einem letzten Zwischenhalt«, sagte ich. » Ich muss kurz bei einer Freundin vorbeischauen.«
Kapitel 35
Jenny Kowalski wohnte am Noble Square im Nordwesten der Stadt. Ihre Straße sah so ähnlich aus wie meine– eine Mischung aus Ein- und Zweifamilienhäusern auf schmalen Grundstücken, in deren Vorgärten sich auf dem Rasen hartnäckig halb geschmolzene Schneemänner hielten. Der größte Unterschied war, dass im lauen Abendwind lustlos ein paar Cubs-Flaggen flatterten– die Hoffnung starb zuletzt. In meinem Viertel wäre ein solches Verbrechen mit Eierwürfen bestraft worden. Jennys uralter blauer Honda Civic parkte auf der Straße. Ich schluckte schmerzhaft,
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