Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
galt der Magie, und heute Abend würde ich alles tun, was in meiner Macht stand, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.
Luc erkannte, wie es um meine Stimmung bestellt war, und löste sich aus der Förmlichkeit, in die wir verfallen waren, um mir demonstrativ den Umhang zurechtzuziehen und die Goldstickerei am Saum nachzuzeichnen.
» Denk an das, was ich dir gesagt habe«, sagte er zu mir. » Es ist mir gleichgültig, was aus allen anderen wird. Du passt auf dich auf.«
» Das tue ich.«
Er beugte sich vor, bis sein Mund nur noch Zentimeter von meinem Ohr entfernt war. » Ich würde dich ja küssen, aber ich habe versprochen, das nicht zu tun.«
» Du bist sehr ehrenhaft«, sagte ich.
» Eigentlich nicht.«
» Was, wenn ich dich küssen würde?« Meine Worte waren impulsiv und resultierten aus meiner Nervosität und dem Leichtsinn, den er immer bei mir auslöste.
Er trat zurück, und die goldenen Pünktchen in seinen Augen waren betörend. » Vor all diesen Leuten? Ich wusste ja gar nicht, dass du solch eine Exhibitionistin bist.«
» Ich…« Ich spürte, wie die Röte mir die Haut wärmte.
Er lächelte grimmig. » Frag mich noch einmal, wenn wir die Sache durchgestanden haben.«
» Maura«, sagte Sabine. » Es wird Zeit.«
Wir gingen langsam auf die gewaltige Veranda hinaus. Der Rasen war von Kristallen übersät, die wie Laternen leuchteten. Im Schein der flackernden Lichter wirkten die Seidenroben der Bögen wie sanft bewegtes Wasser.
Die Augen, die meine Bewegungen verfolgten, wirkten dagegen alles andere als sanft. Die Spannbreite reichte von neugierigen Blicken über besorgte zu offen feindseligen. Mit bleischweren Schritten nahm ich meinen Platz am Rande der Menge ein.
Auf dem Tisch mit der Marmorplatte befanden sich ein Glasbecken voller Wasser und die Pergamentrolle, auf der ich neulich unterschrieben hatte. Auf der anderen Seite des Beckens ruhte auf einem ordentlichen Stapel weißer Leinentücher ein Stück Seeglas, dessen eine Seite abgeschlagen war, um ein primitives Messer zu bilden.
Ich ließ den Blick noch einmal über die Menge schweifen. Keine Spur von ihm.
Noch.
Auf irgendein unsichtbares Signal hin hob Sabine die Hände und begann den Sprechgesang, um die Zeremonie fortzusetzen. Wir anderen fielen mit ein, und ich spürte dieselbe Aufwallung von Magie, sah, wie meine Haut zu leuchten anfing, und hörte das Raunen der Menge. Diesmal machte Sabine keine Pause.
Sobald die Anrufung vorüber war, kam die Magie wieder unter meiner Haut zur Ruhe, aber meine Fingerspitzen leuchteten noch immer, während die Macht durch meine Adern strömte.
Sabines Name war der erste auf der Liste. Iris hob das Glasmesser auf, murmelte einen Segenswunsch und reichte es Sabine. Ich hoffte, dass die Magie sie erwählen würde– sie oder irgendjemand anderen, um mir die Arbeit hier zu erleichtern.
Ruhig zog sich Sabine die Seeglasschneide über die Handfläche. Blut quoll in einer breiten Linie hervor, und sie drückte zu, um die Tropfen in das Becken fallen zu lassen. Das Blut bildete im Wasser Wolken wie aus scharlachrotem Rauch und verteilte sich langsam. Mein Magen zog sich bei dem Anblick zusammen. Als das Blut sich vollkommen aufgelöst hatte, streckte Sabine die verletzte Hand über die Wasseroberfläche und begann den Zauber, indem sie sich den gewaltigen Ley-Linien öffnete, die an das Haus grenzten.
Ich hatte mehr als einmal rohe Magie in mich aufgenommen. Mit gedämpfter Magie ging es leichter, aber das war ein bisschen so, als würde man sagen, dass es leichter sei, einen Finger in die Steckdose zu stecken, als vom Blitz getroffen zu werden.
Sabine zuckte ein einziges Mal, und ihre Augen verdrehten sich; dann fing sie sich und setzte den Zauber fort. Die Luft erschauerte angesichts seiner Kraft, und das Wasser in der Schale brodelte, während sie sprach und sich abmühte, die Macht wirksam zu kanalisieren.
Das war, wie Niobe erklärt hatte, die Prüfung, eine öffentliche Demonstration, wie gut der Kandidat mit der Magie arbeiten konnte. Sie zeigte seine Kraft und Kunstfertigkeit, weil jeder hier die Linien lesen konnte. Manchmal war der Kandidat zu schwach, die Magie zu lenken, sobald sie sich mit seinem Blut vermischt hatte, und sie verschlang ihn. Sabine jedoch schien recht gut zurechtzukommen. Sie wirkte ein zierlich gearbeitetes blaues Gitterwerk in die Luft, zart, aber haltbar. Es sah aus wie die Schutzzauber, die Luc um mich gewirkt hatte, aber Lucs Zauber glitzerten immer und waren
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