Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
fertig, das Bettlaken wie ein riesiges Handtuch um mich zu schlingen. Lucs Grinsen wurde breiter. » Warum so schüchtern?«
» Ich bin da drunter nackt.« Ich tappte ins Wohnzimmer und hielt Ausschau nach meiner Tasche, die ich hatte fallen lassen, als wir hereingekommen waren.
» Und das steht dir. Vorher warst du doch nicht so!«
» Du hast mich abgelenkt. Mit Küssen. Und noch so einigem.« Ich wühlte zwischen Stiften, Zetteln, Haarspangen und einem Müsliriegel herum.
» Und noch so einigem.« Er lachte leise. » Ist das eine Einladung?«
Ich schnappte mir mein Telefon und scrollte mich durch die Liste. Verpasste Anrufe, zahlreiche SMS . Colin, Lena, meine Mutter. Nick Petros. Eine einzige SMS von Jenny.
» Ich will mich damit nicht befassen.« Ich setzte mich aufs Sofa.
» Dann tu es auch nicht«, sagte er. » Bleib hier. Bei mir.«
» Ich muss Billy aufhalten. Meine Mutter ist in Gefahr, verstehst du? Wenn er mir etwas antut, dann sicher auch ihr.«
» Ich könnte mich mit ihm befassen, wenn es dir recht ist.«
Ich schüttelte den Kopf. Wenn ich Luc gebeten hätte, das zu tun, hätte das wie ein Eingeständnis gewirkt, dass ich zu verängstigt war, selbst mit allem fertigzuwerden. Ich wollte die sein, von der er dachte, dass ich sie sein konnte: stark und zupackend. Billy musste nicht sterben. Er musste sich nur künftig aus dem Leben meiner Familie heraushalten. » Mein Onkel. Mein Kampf.«
Er nickte unglücklich. » Wann brechen wir auf?«
Kapitel 40
» Komm rein«, sagte ich zu Luc, als wir an der Tür zur Veranda standen. Wir waren seitlich vom Haus aus dem Dazwischen hervorgetreten und hatten nach Autos Ausschau gehalten. Auch der Taurus meiner Mutter war nicht da, aber ich konnte sie durch die Fenster sehen, wie sie mit gesenktem Kopf energisch die Spüle schrubbte.
» Bist du sicher, dass es der richtige Zeitpunkt ist, mich ihr vorzustellen?«, fragte Luc. » Angesichts der Umstände hat sie da vielleicht einiges zu verarbeiten.«
Es würde nie einen passenden Zeitpunkt geben, meiner Mutter von Luc zu erzählen. Also öffnete ich die Tür, und er folgte mir und wirkte beinahe nervös– Luc, der doch nie nervös wirkte! Der jeden Raum, den er betrat, binnen Sekunden in Besitz nahm. Und die Aussicht, meine Mutter kennenzulernen, ließ seine Haut unter dem goldenen Schimmer blass werden. Es war seltsam anrührend.
» Mo!« Meine Mutter wirbelte herum, als wir hereinkamen, und presste den Schwamm so fest zusammen, dass ihr Seifenrinnsale über den Arm liefen. » Wo warst du? Wir waren in Panik!«
» Es tut mir leid.« Ich wusste, wonach es aussah– ich war die ganze Nacht weg gewesen, mein Haar war noch von einer hastigen Dusche nass, und ich trug einen von Lucs Kaschmirpullovern, während er mir nicht von der Seite wich. Und dieses eine Mal war die Situation genau so, wie sie zu sein schien. Ich versuchte noch nicht einmal, meiner Mutter zu sagen, dass sie sich keine Sorgen machen sollte, denn mir war klar, dass ich schon seit einem ganzen Tag nicht mehr auf dem Laufenden war. Sie musste sich um alles Mögliche Sorgen machen, und Luc war noch ihr geringstes Problem.
» Wo sind Billy und Dad?«
» Wo warst du?«, fragte sie noch einmal mit schriller Stimme und Tränen in den Augen.
» Wo sind sie, Mom?«
» Dein Onkel ist wahrscheinlich in der Bar. Dein Vater fährt durch die Gegend und sucht nach dir. Wo ist Colin? Er sollte doch auf dich aufpassen.«
» Er musste weg.« Ich unterdrückte das Zittern in meiner Stimme und rief mir ins Gedächtnis, dass es so das Beste gewesen war.
Ihr Blick huschte mit unverhohlener Feindseligkeit zu Luc hinüber. » Ich kann mir denken, warum.«
» Colin hat eine Schwester. Wusstest du das?«
» Eine Schwester? Er hat nie gesagt, dass… Er hätte sie einmal zu Besuch mitbringen sollen.«
» Sie war krank. Zu krank, um uns zu besuchen. Es geht ihr jetzt besser, aber sie brauchen einen Neuanfang. Sie sind weg, Mom.«
Mit aufeinandergepressten Lippen wrang sie ein Geschirrhandtuch aus, bis es fast riss. » Und wer ist dann das hier?«
» Luc DeFoudre«, sagte er, trat vor und streckte ihr die Hand hin. » Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Ma’am.«
Es musste am Akzent liegen, entschied ich. Am Akzent oder an der Art, wie sein Lächeln zugleich feierlich und verführerisch war, oder daran, wie er sich leicht verneigte, wie ein Höfling. Ganz gleich, welchen Trick er zum Einsatz brachte, meine Mutter taute um ein paar Grad auf–
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