Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
brauchen, wenn sie das alles verarbeitet hat.«
» Ich glaube, sie wusste es im Voraus«, murmelte ich. » Sie wusste schon die ganze Zeit, dass es nicht von Dauer sein würde.«
» Sie hat doch all diese Pläne gemacht«, sagte Luc, » das Restaurant zu erweitern. Sie hat über die Zukunft gesprochen. Warum hätte sie das tun sollen, wenn sie dachte, dass es nie so kommen würde?«
» Vielleicht, weil sie Angst hatte, dass es nie geschehen würde? So als ob sie dachte, dass es anhalten würde, wenn sie es nur perfekt machen könnte. Ich weiß nicht, was jetzt aus dem Restaurant werden wird.« Ich wusste nicht, ob sie sich nur umso mehr daran klammern würde, an den Anker, der ihr die letzten zwölf Jahre über Halt gegeben hatte, oder ob es zu viel sein würde, eine Erinnerung an alles, was schiefgegangen war, die sie belastete und in ihrer Trauer ertrinken ließ.
» Sie hat genug Zeit, sich zu entscheiden«, sagte Marguerite, die Hände im Schoß gefaltet. » Jetzt brauchst du deinen Schlaf.«
» Schließ die Augen, Mouse, ich bleibe so lange bei dir, wie du möchtest.«
Mir fielen die Augen zu, und Luc zog die Häkeldecke über meine Schultern. Es tat zu weh, an meinen Vater zu denken und die Bilder zu sehen, die vor meinem inneren Auge abliefen, und so stimmte ich mich stattdessen auf die Magie ein, ließ sie meine Gedanken lenken, so dass sie die Linien entlangschweiften und nach etwas Ausschau hielten, das die scharfen Kanten meiner Trauer etwas abstumpfen lassen würde.
Stattdessen sah ich den Versammlungssaal, in dem die Quartoren auf ihren verzierten Stühlen saßen, vor sich einen neuen Tisch wie ein unbeschriebenes Blatt. Sie waren vollzählig, bereit, ein neues Zeitalter für die Bögen einzuläuten. Die Magie war gesichert, die Sturzflutprophezeiung abgewehrt, die Seraphim besiegt… Sie waren wie in einem lebenden Bild erstarrt, Dominic immer noch der Anführer, Sabine souverän und wachsam neben ihm, Orla kleinlich und darauf bedacht, sich Gehör zu verschaffen, und Pascal abgelenkt wie immer.
Am Rande der Bühne befand sich der geborstene Tisch, dessen Stücke noch genauso ungeordnet dalagen, wie wir sie nach Marguerites Prophezeiung zurückgelassen hatten. Wieder überkam mich Trauer– noch ein Zeichen für all das, was wir verloren hatten. Aber die Magie reagierte nicht entsprechend. Stattdessen ließ sie mein Blut schneller strömen und übertönte den Kummer mit Sehnsucht.
Ich bewegte mich, da mir das Gefühl nicht behagte, aber die Magie wurde immer eindringlicher. Ich öffnete die Augen und hoffte, die Bilder so zu verscheuchen.
» Pssst…« Luc streichelte mir die Haare, aber ich kämpfte mich in eine sitzende Stellung hoch. » Was ist los?«
» Die Magie. Sie will etwas.« Zustimmung blühte in mir auf wie eine Blume.
» Sie will höchstwahrscheinlich, dass du ein Nickerchen hältst.«
» Nein. Können wir ins Versammlungsgebäude gehen?«
» Hast du das Bedürfnis, dich noch einmal mit den Quartoren anzulegen?«
» Es geht um den Tisch, Luc. Ich muss den Tisch reparieren.«
» Er ist schon seit Tagen kaputt. Einer mehr wird da auch nicht schaden.«
» Bitte«, sagte ich. » Bring mich in den Versammlungssaal. Ich muss ihn selbst sehen.«
» Maman?«
» Ich bleibe bei Mos Mutter«, sagte sie. » Viel Glück, Mo.«
Der Versammlungssaal war beinahe vollständig wiederhergestellt. Nur der zerstörte Tisch erinnerte noch an den Angriff der Düsterlinge.
» Mein Sohn«, sagte Dominic, als wir näher kamen. » Maura. Können wir euch irgendwie helfen?« Das vorsichtige Mitgefühl in seinem Tonfall machte deutlich, dass er wusste, was mit meinem Vater geschehen war.
» Nein«, erwiderte ich und ließ Lucs Hand los, um mich neben das Ebenholz zu knien.
» Wir wollten gerade mit Sabines Amtseinführung beginnen«, sagte er. » Ihr seid herzlich willkommen und dürft gern zusehen, aber wir würden uns gern ans Werk machen.«
Ich antwortete nicht. Stattdessen studierte ich die Symbole und versuchte, die Wechselwirkung zwischen ihnen und der Magie zu ergründen. Einer nach dem anderen standen die Quartoren von ihnen Plätzen auf und überquerten die Bühne, als Erster Pascal, der mich durch seine Brille musterte.
» Mouse?«, fragte Luc. » Was tust du da?«
Ich spürte, wie die Quartoren Blicke tauschten und sich darüber einig zu werden versuchten, ob sie mir meinen Willen lassen sollten. » Ich kann ihn reparieren«, erklärte ich. » Die Magie will, dass ich es tue. Das hat
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