Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
hinteren Veranda stehen lassen, wo ich ständig darüber stolperte. Aber von allen Veränderungen seit der Rückkehr meines Vaters war sein neuentdecktes Interesse an meinem Leben die unangenehmste. Es war, als ob er zwölf Jahre Erziehung in die paar Monate stopfen wollte, die mir zu Hause noch blieben. Klar, auch meine Mutter war überbehütend, aber ich hatte gelernt, ihre Sorgen zu zerstreuen und zu umschiffen. Wir hatten Regeln, welche Themen wir nicht ansprachen und auf welchen Gebieten sie mir Freiräume gewährte. Etwa bei Colin.
Mein Vater kannte die Regeln nicht und war mehr als willens, mich zu fragen, warum meine Haare in Unordnung waren, wenn Colin mich zu Hause absetzte. Und er hatte kein Interesse daran, mir viel Freiraum zu lassen.
Ich huschte in das winzige Büro, um mich umzuziehen. Als ich wieder herauskam, wartete Billy schon auf mich. » Bist du dir mit deinem Vater in die Wolle geraten?«
Ich fasste meine Haare ruckartig zu einem Pferdeschwanz zusammen. » Als ob dich das kümmern würde.«
» Sei nicht so unfreundlich«, sagte er schneidend. » Ich habe dich gewarnt, dass es Konsequenzen haben würde, wenn du dich nicht von Donnelly trennst. Du musst dir ja ausgerechnet den steinigsten Weg aussuchen, den du finden kannst!«
» Charlie braucht mich«, sagte ich.
» Erst habe ich einen Auftrag für dich«, erwiderte er, zog einen gefalteten Zettel aus der Tasche und hielt ihn mir hin.
Ich nahm ihn nicht. » Noch einer?«
» Wenn er fragt, dann hast du ihn unter ein paar anderen Papieren auf meinem Schreibtisch liegen sehen und mit dem schicken Drucker eine Kopie gemacht. Es kann nicht schaden, wenn er denkt, dass du Angst hast, erwischt zu werden.«
» Er« war natürlich Juri Ekomow, ein russischer Mafiaboss. Und ich hatte tatsächlich Angst, erwischt zu werden. Ich gab nun schon monatelang Informationen an ihn weiter, um ihn in trügerischer Sicherheit zu wiegen, so dass er unvorbereitet sein würde, wenn mein Onkel gegen ihn vorging.
» Die habe ich auch. Was ist das hier überhaupt?«, fragte ich und dachte an Jenny. Im Laufe der letzten paar Monate hatte ich die Informationen an sie weitergeleitet, die Billy mir gegeben hatte. Lieferrouten. Adressen. Ich wusste nicht, wie nützlich der Kram war, aber jede winzige Kleinigkeit half, wie sie mir versicherte.
» Nichts, worüber du dir Gedanken machen müsstest. Wir haben ihm genug zutreffende Informationen überlassen. Er glaubt, dass er vorangekommen ist. Er ist allzu selbstbewusst, und es ist jetzt an der Zeit, ihm nach und nach die falschen Einzelheiten zuzuspielen. Für einen Mann in Juri Ekomows Position sind Fehler in diesem Stadium folgenreich.«
Nicht gut. Die falschen Informationen würden Jenny und ihren Leuten nicht helfen. Ich würde ihnen nichts geben können. » Was, wenn er mir die Schuld gibt?«
» Wir ziehen dich da heraus, bevor ihm klar wird, was geschehen ist«, sagte Billy zuversichtlich. Ich wünschte, ich hätte seinen Optimismus teilen können. Er zeigte auf einen ordentlichen Stapel von Kartons, die bereits in einen Einkaufswagen geladen worden waren. » Das ist die Lieferung.« Ich rührte mich nicht, und seine Nasenlöcher blähten sich. » Sag mir nicht, dass du es dir anders überlegt hast, Mo. Donnelly ist am Leben und ein freier Mann, aber nur, solange du deinen Teil des Handels einhältst.«
» Er ist nicht wirklich frei.« Ich nahm das gefaltete Stück Papier. » Nicht, solange du ihn mit Tess unter Druck setzt.«
Billy zuckte die Achseln. » Ich habe dir doch schon gesagt, dass die Familie Vorrang vor allem anderen hat. Donnelly ist ein besseres Beispiel dafür als jeder andere, den ich kenne. Ich bin ehrlich gesagt erstaunt, dass er Tess deinetwegen überhaupt aufs Spiel gesetzt hat.«
» Danke«, sagte ich trocken, schnappte mir den Wagen und schob ihn durchs Restaurant.
Aber als ich einen Blick durchs vordere Fenster warf, waren Colin, der Truck und mein Vater verschwunden. In meiner Magengrube machte sich Kälte breit.
» Das wird sicher ein interessantes Gespräch«, sagte Billy und half mir in die Jacke. Ich vertraute seiner Höflichkeit weniger als seiner Kälte. » Schaffst du es, allein dorthin zu gehen?«
» Ich glaube, das bekomme ich hin.« Ich starrte die Stelle an, wo der Truck sich hätte befinden sollen. Was tat mein Vater? Las er Colin die Leviten? Bedrohte er ihn? Es kostete einige Mühe, Colin zu einer Reaktion zu provozieren. Er konnte einen damit zur Weißglut treiben,
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