Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)

Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica O'Rourke
Vom Netzwerk:
lange stumm und reglos wie ein Felsbrocken zu bleiben, aber wenn er dann in die Luft ging, geschah es mit der unaufhaltsamen Gewalt einer Lawine. Und wenn mein Vater Colins Vergangenheit ansprach, war ohnehin nicht vorherzusagen, was geschehen würde.
    Unwillkürlich ballte ich die Hände zu Fäusten. Ich kannte den Stil meines Vaters nicht– war er wie Billy, schlau und gerissen und den anderen immer drei Schritte voraus? Oder war er direkter und legte die Karten gleich offen auf den Tisch? Ich hatte keine Ahnung, wozu er fähig war oder wie weit er gehen würde. Es war möglich, dass ich ihn falsch eingeschätzt hatte. Mir wurde klar, dass er vielleicht sogar eine noch größere Bedrohung als Billy darstellte, und in meinen Zorn mischte sich plötzlich Furcht.
    Es war auch zu Fuß nicht weit bis zum Shady Acres, der Seniorenresidenz, in der Ekomow seinen Schlupfwinkel hatte. Edie, die Verwaltungsangestellte, betätigte mit einem Winken und einem Lächeln den Türöffner für mich. Ich holte tief Luft, drückte die Schultern durch und ging in die Küche. Die Magie stieß mich beruhigend an, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass ich auf mich allein gestellt war. Und schutzlos.
    Die Küche war leer, und das Quietschen meiner Schuhe auf dem Linoleum hallte laut wider. Ich ließ die Kuchen auf die lange Edelstahltheke gleiten und lauschte auf das Geräusch von Schritten oder einem Gehstock. Eine Minute später hörte ich beides.
    » Was hast du uns heute mitgebracht, Mo?« Juri Ekomow humpelte quer durch den Raum und musterte mit zusammengekniffenen Augen die Etiketten auf den Schachteln. » Zitronenschnitten! Die sind vielleicht der einzige Sonnenschein, den wir diese Woche bekommen. Deine Mutter ist so gut zu uns! Noch ein Leckerbissen?«
    Er war älter als mein Onkel: Seine Schultern hingen herab, sein Gesicht war faltig, und der Anzug, den er trug, wirkte wie immer ein bisschen zu klein für ihn.
    Ich durchforstete meine Tasche und zog den zusammengefalteten Zettel hervor. » Ich habe ein Papier auf dem Schreibtisch meines Onkels gefunden. Es ist nicht das Original– ich habe es gescannt, damit er nicht herausbekommt, dass ich etwas habe mitgehen lassen.«
    Ekomow nickte und nahm es mir aus der Hand. » Er hat doch keinen Verdacht?«
    » Im Moment ist er ziemlich beschäftigt.«
    Er überflog das Papier, faltete es dann zweimal und schob es in die Innentasche seines Anzugs. » Wie lebt sich dein Vater ein? Knüpft er an alte Gewohnheiten an?«
    Ich rang die Hände; die Andeutung behagte mir nicht. » Ich weiß es nicht. Wir haben noch nicht viel Zeit miteinander verbracht.«
    » Verständlich. Es wäre schön, wenn seine lange Abwesenheit ihn hätte vorsichtiger werden lassen. Ich schätze dich, Mo, und auch deine Mutter, obwohl ich nur ihr Gebäck kenne. Aber ich habe dir ja schon gesagt, dass ein Krieg droht, und falls dein Vater seinen alten Lebenswandel wieder aufgenommen hat, dann gibt es nichts, was ich für ihn tun kann.«
    Ich hob den Briefumschlag auf, der auf dem Tresen lag– die Bezahlung des Shady Acres für meine Mutter. Die Bezahlung, die ich meinerseits von Juri Ekomow erhielt, bestand nicht aus Bargeld, sondern in einem Schutzversprechen; ich erwarb mir nach und nach einen Kreditrahmen. Da die Informationen, die ich an ihn weitergab, falsch waren, war es natürlich ein ziemlich leeres Versprechen, und wenn er herausfand, was ich tat, würde ich bezahlen müssen. » Ich weiß.«
    » Gut. Bist du heute ganz allein? Ich hätte gedacht, dass dein Onkel dich gern besser beschützt sehen würde.«
    » Ich schätze, er geht davon aus, dass ich hier ziemlich sicher bin.« Er irrte sich. Ekomow musterte mich wie ein Stück Obst im Lebensmittelgeschäft und versuchte, weiche Stellen zu finden.
    » Gut. So ist es für alle besser. Du bist immer noch mit Mr. Donnelly zusammen, oder?« Sein Lächeln verriet einen Hauch von Entzücken. » Das muss deinen Onkel doch sehr unglücklich machen.«
    » Er ist nicht gerade begeistert.«
    » Wie hast du das hinbekommen?«
    Ich tischte ihm dieselbe Geschichte auf wie Colin, aber ich hatte ein weitaus weniger schlechtes Gewissen dabei. » Ich habe ihm gesagt, dass ich meiner Mutter die Wahrheit über das Feuer erzählen würde.«
    Er tätschelte mir die Hand. Die Magie zog sich kurz zurück, als ob sie vor ihm zurückzuckte, und der Umschlag in meiner freien Hand fühlte sich feucht an. » Ich wusste ja, dass du ein außergewöhnliches Mädchen bist. Vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher