Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
spürte den Druck des stoffumwickelten Dolchs an meinem Bein; er war verlockend nah. » Ich bin nicht hilflos.«
» Wir auch nicht«, sagte Dominic und kam eilig zu uns herüber. » Du bist ein Verbrecher. Du hast unsere Gesetze gebrochen, und es ist unser gutes Recht, mit dir zu verfahren, wie wir es für richtig halten.«
» Nicht hier«, sagte Sabine. Ihr Tonfall war sanft, aber ihre Augen blitzten. » Innerhalb der Begrenzungen dieses Hauses haben unsere Leute die Hoheit. Ihr dürft nicht gegen ihn zu den Waffen greifen.«
Anton lächelte. » Es ist immer schön, die Stimme der Vernunft zu hören.«
Ich bückte mich, zog den Dolch aus dem Stiefel und schüttelte im Schutz meiner Robe den Stoff von der Klinge. Die Angst der Magie steigerte sich, während der Puls mir in der Kehle hämmerte.
» Es ist keine Vernunft«, sagte Sabine und presste voller Abneigung die Lippen zusammen. » Sondern Tradition.«
» Das Gleiche in Grün«, erwiderte Anton. » Da wir festgestellt haben, dass ihr nichts tun könnt, nehme ich jetzt diesen Federhalter.«
Ich verstärkte meinen Griff um den Dolch. » Warum möchtest du zu den Quartoren gehören? Du willst sie doch zerstören.«
» Wäre es da nicht schöner, dafür zu sorgen, dass sie von innen vernichtet werden?«, flüsterte er mir zu. Anton greift selten aus größerer Entfernung an. Er will spüren, wie es geschieht, und das erfordert Nähe, hatte Niobe gesagt. Er wollte die Bögen nicht nur ausmerzen, sondern sie dabei leiden sehen.
Lässig eilte er die Stufen hinauf und unterschrieb dann schwungvoll.
» Anton Renard«, rief er, ließ den Federhalter klirrend auf den Tisch fallen und spazierte wieder zu mir zurück.
Ich hielt die Stellung. » Sie werden dich nicht wählen. Sie wissen, was du bist, und werden dich nicht wählen.«
Er beugte sich zu mir, und es kostete mich alles, was in mir steckte, nicht vor ihm zurückzuzucken. Stattdessen zo g i ch mit ruhiger Hand den Dolch und zielte auf seine Kehle.
Mit einem Lächeln, das der Menge galt, trat er sogar noch näher heran, bis die Spitze ihm in die Haut drang und kurz davor war, eine blutige Wunde zu reißen.
Ich hätte die Klinge gern tief in ihm begraben, aber es war zu viel– zu gezielt, zu öffentlich und zu instinktgesteuert. Ich konnte es nicht, und das hatte Anton von Anfang an gewusst.
» Was ich bin? Der mächtigste Bogen hier. Wen sonst sollten sie wählen?« Er wandte sich zum Gehen und kehrte mir den Rücken zu, um zu unterstreichen, wie schwach und harmlos ich war.
Während die Menge mit offenem Mund zuschaute, zeichnete er eine Tür in die Luft, blaue Flammen, die spöttisch tanzten. Entsetzen wurde zu rasender Wut, und ich wirbelte zu den Quartoren herum. » Hat er wirklich eine Chance?«
Sie tauschten besorgte Blicke, antworteten mir aber nicht. Lucs Hand schloss sich fester um meine.
» Anton!«
Er warf sorglos einen Blick über die Schulter, als ob nichts, was ich zu sagen hatte, seine Aufmerksamkeit wert wäre. Aber meine Mutter hatte mir schon sehr früh beigebracht, dass Taten lauter sprachen als Worte.
Ich rannte die Stufen hinauf, riss den Federhalter vom Tisch hoch und kritzelte meinen Namen auf das Pergament.
» Maura Fitzgerald«, sagte ich und wirbelte herum, den Dolch immer noch in der Hand, um die Menge anzusehen.
Anton schnaubte, aber seine verächtliche Maske hatte Risse, durch die Wut hervorsickerte. » Du machst wohl Witze.«
» Ich bin ein Mitglied dieses Hauses«, sagte ich. » Die Magie hat mich erkannt. Und das heißt, dass ich fürs Quartorenamt kandidieren kann.«
Dominic verschränkte mit befriedigter Miene die Arme, aber Anton prustete. » Du bist ein Kind, und noch dazu eine Flache.«
» Nein«, sagte ich mit absoluter, unerschütterlicher Gewissheit in der Stimme. » Ich bin das Gefäß.«
Kapitel 22
Manchmal überkommt einen die Inspiration, und das Ergebnis ist ein Geniestreich. Manchmal ist das Ergebnis ein Fehlschlag. Und manchmal ist das Ergebnis ein schieres Ärgernis.
In einem der Salons der Wasserbögen schimpfte Orla laut, stampfte zur Betonung mit dem Gehstock auf und fuchtelte empört mit den Händen, während Dominic sie zu beruhigen versuchte. Unterdessen diskutierten Pascal und die Magier angeregt und versuchten zweifellos zu verstehen, warum ich während der Zeremonie wie ein Glühwürmchen aufgeleuchtet hatte. Luc saß neben mir auf dem altmodischen Diwan, spielte an meinem Haarspitzen herum, streifte mich mit voller Absicht jedes
Weitere Kostenlose Bücher