Der Weg in Die Schatten
dass er nicht alt war, aber - verwünscht, das Bild verschwand, bevor er es verstehen konnte. Solon Solon Solon. Solon, der starb. Solon, der tötete. Solon auf einem sturmgepeitschten Schiff. Solon, der Regnus vor einem Blutjungen rettete. Solon, der den König tötete. Solon, der Cenaria dem Untergang weihte. Solon, der Dorian nach Khalidor hineinstieß. Eine schöne Frau in einem Gemach mit hundert Porträts von schönen Frauen. Jenine. Dorians Herz machte einen Satz. Garoth Ursuul.
»Dorian? Dorian?« Die Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen, aber Dorian klammerte sich an das Geräusch und zog sich darauf zu.
Dann schüttelte er sich und keuchte, als stiege er aus einem kalten See.
»Es wird schlimmer, während du stärker wirst, nicht wahr?«, fragte Solon.
»Er tauscht seinen Geist gegen die Visionen ein«, bemerkte Feir. »Und er will nicht auf mich hören.«
»Meine geistige Gesundheit ist nicht notwendig für die Arbeit, die ich tun muss«, sagte Dorian schlicht. »Meine Visionen sind es.« Die Würfel lagen in seiner Hand, nicht nur zwei, sondern eine ganze Handvoll Würfel, ein jeder mit einem Dutzend Gesichter versehen. Wie viele Zwölfen kann ich werfen? Er würde blind werfen; er konnte sehen, dass Solon bereits dachte, dass er gehen sollte, dass er unbedingt versuchen musste, Regnus Gyre zu retten, ganz gleich, wie gut es tat, seine alten Freunde wiederzusehen. Aber Dorian hatte ein Gefühl. Das Problem war nur: Manchmal war es so logisch wie ein Zeschspiel. Manchmal war es bloß ein Juckreiz.
»Wie dem auch sei, wo waren wir stehengeblieben?«, fragte er und spielte den ahnungslosen Seher. »Feir hat nicht genug Magie, um Curoch zu benutzen. Wenn er es versuchte, würde er entweder verbrennen oder explodieren. Nichts für ungut, Freund, du hast eine bessere Kontrolle darüber als jeder andere von uns. Ich könnte es benutzen, aber ohne Gefahr nur als Meister - meine magischen Kräfte sind wahrscheinlich nicht stark genug. Natürlich wäre es eine absolute Katastrophe, es mit den Vir zu benutzen. Ich weiß nicht einmal, was ich tun würde. Von uns allen, Solon, bist du der einzige Magus im Raum - oder was das betrifft, im Land -, der hoffen könnte, das Schwert
auch nur in der Hand zu halten, ohne zu sterben, obwohl es eine knappe Sache wäre. Du würdest sterben, wenn du versuchtest, mehr als einen Bruchteil seiner Macht zu benutzen. Hmm.« Er blickte ins Leere, als wäre er plötzlich von einer weiteren Vision ergriffen worden. Der Köder war ausgelegt.
»Gewiss habt ihr es nicht ohne Grund den ganzen Weg bis hierhergebracht«, sagte Solon.
Der Köder war ausgelegt und die Falle gestellt.
»Nein. Wir mussten es von den Brüdern wegbringen. Es war unsere einzige Chance. Wenn wir bis nach unserer Rückkehr gewartet hätten, hätten sie gewusst, dass sie uns nicht trauen können. Sie hätten es von uns ferngehalten.«
»Dorian, du glaubst doch immer noch an deinen einen Gott, nicht wahr?«, erkundigte sich Solon.
»Ich denke, manchmal verwechselt er sich mit ihm«, sagte Feir. Er klang untypisch verbittert, und seine Worte trafen Dorian tief. Sie schmerzten, weil sie verdient waren. Er tat es auch jetzt gerade.
»Feir hat recht«, sagte Dorian. »Solon, ich habe dich verleiten wollen, das Schwert zu nehmen. Ich sollte dich nicht so behandeln. Du hast etwas Besseres verdient, und es tut mir leid.«
»Verdammt«, erwiderte Solon. »Du hast gewusst, dass ich daran gedacht habe, es zu nehmen?«
Dorian nickte. »Ich habe keine Ahnung, ob es richtig ist oder nicht. Ich wusste erst eine Sekunde, bevor du durch unsere Tür getreten bist, dass du kommen würdest. Mit Curoch in meiner Nähe wird alles verzerrt. Wenn du es benutzt, könnte Khalidor es uns durchaus wegnehmen. Das wäre eine weit größere Katastrophe, als deinen Freund Regnus zu verlieren oder sogar dieses ganze Land zu verlieren.«
»Das Risiko ist inakzeptabel«, warf Feir ein.
»Welchen Nutzen hat es für irgendjemanden, wenn wir es nicht benutzen?«, sagte Solon.
»Auf diese Weise bekommen die Vürdmeister es nicht in die Hände!«, erklärte Feir. »Das reicht. Es gibt nur eine Handvoll Magi auf der Welt, die Curoch halten könnten, ohne mit dem Leben dafür zu bezahlen, und das weißt du. Wir wissen auch, dass es Dutzende von Vürdmeistern gibt, die es tun könnten. Mit Curoch in ihren Händen, was könnte sie aufhalten?«
»Was das betrifft, habe ich so ein Gefühl«, ergriff Dorian das Wort. »Vielleicht ist es der
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