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Der Weg in die Verbannung

Der Weg in die Verbannung

Titel: Der Weg in die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Wiese wieder in den Wald eindringen wollte, schnellte sich Mattotaupa halb über den Rücken des Hirsches und faßte mit der Linken die linke Stange. Seine Muskeln schwollen an. Mit der Rechten hob er das Messer zum Stoß. Harka hielt den Atem an.
    Mit einer ungewöhnlichen Kraft bog Mattotaupa den Kopf des Hirsches zurück. Das Tier bäumte sich auf, aber ehe sein Widerstand Erfolg hatte, drang ihm das Messer in die Kehle. Das Tier brach zusammen. Dem Knaben war nach einem Jubelschrei zumute, aber er unterdrückte jeden Laut, und auch Mattotaupa gab seinem Triumph nur schweigend Ausdruck. Er hatte die Waffe wieder aus dem Hals des Tieres herausgerissen und hielt sie in die Höhe, während seine Beute zu seinen Füßen lag. Die Sonnenstrahlen brachen über den Wald in die Wiese herein und leuchteten dem Sieger.
    Harka kletterte vom Baum herab, die letzten Meter ließ er sich einfach hinunterfallen, und dann rannte er zum Vater. Mit einem Blick sprachen die beiden ihren Stolz und ihre Freude aus. Der Hirsch war rasch verendet. Er war eine prächtige und reiche Beute für die Indianer. Mattotaupa begann sofort auszuweiden. Harka konnte ihm nicht helfen, weil sie zusammen nur ein Messer besaßen. Der Knabe tat, was er noch nie getan hatte, er trank vor Hunger das Blut. Der Vater gab ihm von den Teilen, die sofort gegessen wurden: Hirn, Leber und Herz. Harka glaubte noch nie so gut gegessen zu haben. Er hatte seit drei Tagen nichts als Wasser, Blätter, Gräser und Wurzeln zu sich genommen.
    Als der Schmaus beendet war, sagte der Vater: »Nun laß uns alles hinaufschleppen in unser Versteck, zu unseren Pferden!« Er schnitt den Kopf des Hirsches ab, ließ ihn vollends ausbluten und gab ihn Harka. Den gewichtigen Rumpf nahm er selbst auf die Schulter. Der Rückweg und Aufstieg war anstrengend. Der Wald war steil und unwegsam, und die Beute drückte schwer auf Mattotaupas Nacken. Der Schweiß brach Mattotaupa aus, und nur er selbst wußte, wie heftig ihm das Herz klopfte. Die letzten Tage des Hungers und der übermäßigen Erregung hatten auch an seiner Kraft gezehrt. Aber er schämte sich, nachzugeben und weniger zu leisten, als er selbst von sich und sein Junge von ihm gewohnt war. Daher schleppte er den Hirsch ohne Rast hangaufwärts und setzte Fuß vor Fuß, auch wenn er zuweilen dachte, daß er zusammenbrechen würde.
    Erst als die Waldgrenze erreicht war, machte er halt und warf sich hin, um auszuruhen. Auch der Junge setzte sich, schlang die Arme um die Knie und betrachtete sich während der Rast das Geweih mit den zwölf spitzen Enden.
    »Was machen wir daraus, Vater?«
    »Was meinst du selbst?«
    »Die Stangen mit ihren Spitzen taugen zu vielem. Auch so, wie sie sind, können wir sie schon als Waffe gegen Tiere und sogar gegen Menschen gebrauchen.«
    »Du hast recht. Wir werden sehen, wozu sie uns am nötigsten sind und am besten taugen. Speerspitzen brauchen wir zum Beispiel. Die Schäfte dazu werden wir uns gleich suchen und schneiden. Kannst du noch etwas tragen?«
    »Es wird gehen.«
    »Bast brauchen wir, um die Spitzen an die Schäfte zu binden.«
    »Dazu können wir auch die Sehnen des Hirsches benutzen.«
    »Die Sehnen will ich für Bogen haben.«
    »Zu einem Bogen gehören Pfeile. Machen wir die Pfeilspitzen aus Knochen oder aus Stein?«
    »Es kommt darauf an, ob du gute Steine findest. Sieh dich um!«
    Die beiden Indianer saßen an dem Bach, der hoch oben in ihrem Versteck entsprang, über die Felswand versprühte und oberhalb des Waldrandes seine Wasser in weit ausgebreitetem Felsschutt wieder sammelte. Bis jetzt hatte Harka mit dem Rücken gegen den Berg, mit dem Blick auf den Wald gesessen. Nun drehte er sich um, legte sich auf den Bauch, stützte die Ellenbogen auf und legte das Kinn in die Hände. Er musterte den Steinschutt und begriff bald, daß der Vater sich hier schon umgesehen hatte. Der Knabe griff nach diesem und jenem scharfkantigen Stein, um ihn genau zu betrachten, und schließlich hatte er einen gefunden, wie er ihn suchte.
    »Dieser ist gut!«
    »Solche Steine findest du hier noch mehr!«
    Harka stand auf, ging langsam umher, die Augen immer auf den Schutt gerichtet. In einer halben Stunde brachte er zwei Handvoll Steine zusammen, die für Pfeilspitzen geeignet waren, ihnen zum Teil sogar aufs Haar glichen.
    Außerdem hatte er einen großen, flachen, eigentümlichen Stein mit messerscharfen Kanten gefunden, und auf diesen Fund war er sehr stolz. Der Vater ließ ihn sich geben, wendete

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