Der Weg ins Dunkel
Kunde misstraute der üblichen Mannschaft und hatte ein chinesisches Team aus einer der nahegelegenen Zinnminen verlangt. Die Chinesen hatten die gesamte Organisation übernommen, und zu keinem Zeitpunkt hatten sie Louis auch nur den geringsten Hinweis darauf gegeben, wer der Kunde war. Angesichts der militärischen Gerätschaften, die im Spiel waren, war er sich aber ziemlich sicher, dass es sich um einen ranghohen chinesischen Armeeangehörigen oder jemand in dessen unmittelbarem Umfeld handeln musste.
Trotz aller Geheimhaltung war es Louis gelungen, mit einem der beteiligten Chinesen Kontakt aufzunehmen. Es hatte Wochen gedauert, bis es dazu gekommen war, aber am Ende hatte Geld als Türöffner fungiert. Heute sollte die erste Übergabe erfolgen, und je näher der Zeitpunkt rückte, desto mehr bereute Louis, sich überhaupt darauf eingelassen zu haben. Die
muzungus
hatten ihre Adleraugen überall und waren genauso rachsüchtig wie gierig. Sie würden keine Sekunde davor zurückschrecken, ihn zu töten, falls sie ihn verdächtigten, die Finger im Spiel zu haben.
Einige Minuten lang warteten alle schweigend; nur das Zirpen der Grillen unterbrach die Stille und ab und an ein hupendes Auto in der nahen Stadt. Nervös wanderte Louis das Rollfeld auf und ab. Schweiß bildete sich unter seinem Hemd und sammelte sich in seinem Kreuz über dem Hosenbund. Was zum Teufel hatte er sich bloß dabei gedacht, dem Franzosen ins Geschäft zu pfuschen? Das war doch der reine Wahnsinn!
Plötzlich zerriss das Dröhnen einer russischen Iljuschin 76 die Stille. Sie schaltete die Landescheinwerfer ein und leuchtete den toten Raum zwischen dem Flughafengebäude und dem Ende der Landebahn aus. Lange Schatten bauten sich an den Pistenrändern im trockenen Gras auf und wanderten mit der Bewegung der Lichtquelle weiter, ehe das Fahrgestell aufsetzte und der Bremsschub durch die Dunkelheit röhrte.
Beinahe erleichtert trat Louis die Zigarette mit seiner Stiefelspitze in den Boden und signalisierte den wartenden Chinesen, dass sie ihm folgen sollten. Zischend öffnete die Hydraulik die Laderampe im Bauch der Maschine und gab den Blick auf acht Chinesen einer Spezialeinheit frei. Kampfbereit und mit geschulterten Gewehren musterten sie die Männer auf dem Rollfeld misstrauisch. Sie trugen schwarze Kampfanzüge mit vollgestopften Munitionstaschen und Nachtsichtbrillen, die sie sich in die Stirn geschoben hatten. Nur ihre Augen waren unter ihren eng anliegenden Sturmmützen zu sehen. Die Männer am Boden musterten sie nicht weniger misstrauisch und folgten jeder ihrer Bewegungen mit schussbereiten Maschinengewehren der chinesischen Marke QBZ - 95 G. Keine Seite schien der anderen zu trauen.
In der schummrigen roten Innenbeleuchtung des Laderaums sah Louis die Reihe der Transportpaletten. Woche für Woche das Gleiche. Die Kisten darin trugen bis zur Unkenntlichkeit zerkratzte Etiketten, aber er wusste auch so, dass sie Kalaschnikows enthielten. Die AK - 47 war die begehrteste Waffe in Afrika, und jede Woche kamen einige Hundert über diesen Flughafen ins Land. Waffen interessierten Louis jedoch nicht. Er war hinter der Ware her, gegen die sie getauscht wurden.
Als der Motorenlärm des Flugzeugs verebbte, kam aus nördlicher Richtung ein anderes Geräusch. Vier Helikopter näherten sich dem Flughafen, schienen den Vulkan fast zu rammen und flogen so niedrig, dass am Boden unter ihnen alles erzitterte. Das Geknatter wurde immer lauter, während die Maschinen in dichter Formation auf die Landebahn zuflogen. Die Männer am Boden schützten ihre Augen vor dem Luftwirbel, als die Maschinen immer näher kamen. Da kam also endlich der Franzose.
Synchron drehten sich drei bauchige Oryx um die eigene Achse, um die an den Türen befestigten Maschinengewehre in die richtige Schusslinie zu bringen. Dann setzten sie am Boden auf, und Soldaten sprangen heraus, während der vierte Helikopter schützend über ihnen kreiste. Als er zum zweiten Mal seine Runde drehte, flog er so niedrig, dass man vom Boden aus das unverwechselbare Profil eines Rooivalk Kampfhubschraubers erkennen konnte. Die chinesischen Soldaten in der Iljuschin warfen einander vielsagende Blicke zu. Sie hatten nicht damit gerechnet, in einem so entlegenen Winkel der Welt wie Goma Kriegsgerät dieses Kalibers zu sehen. Abgesehen von Raketen war der Rooivalk mit einem 20 mm-Geschütz bestückt, das ein Flugzeug mühelos in Stücke reißen konnte.
Langsam kletterte ein Mann aus dem
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