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Der Weg ins Dunkel

Der Weg ins Dunkel

Titel: Der Weg ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Woodhead
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kaum geschlafen, sondern den Unfallbericht genau studiert, den Jians Untersuchungskommission zusammengestellt hatte. Es war eine trockene Materie mit Unmengen technischer Fachbegriffe, von denen er die wenigsten kannte. Aber eins war ihm aufgefallen: Es waren praktisch keine Wrackteile gefunden worden, die aus dem Baumaterial des Satelliten bestanden. Als er die Angaben mit der Liste der Rohprodukte verglichen hatte, die er sich direkt von der Herstellerfirma hatte kommen lassen, wurde die Diskrepanz noch offenkundiger. Xie fragte sich, ob es einfach nur daran lag, dass nicht alle Satellitenteile gefunden werden konnten. Die Explosion war gewaltig gewesen, da hätte es nahezu an ein Wunder gegrenzt, wäre nicht allerlei unwiederbringlich verloren gegangen.
    Kurz darauf hielt er eine kleine Schale dampfenden Tees in den Händen und lächelte, als ihm das würzige Aroma in die Nase stieg. Er nahm einen Schluck, und sein Lächeln wurde so breit, als sei es der erste Tee, den er seit Jahren zu trinken bekam.
    «Kapitän», begann er freundlich, «wie ich höre, haben Sie bei der Bergung des verunglückten Satelliten hervorragende Arbeit geleistet.» Er machte eine kleine Pause und gab seinem Gesprächspartner Gelegenheit, sich über das Kompliment zu freuen. «Sie waren sehr gründlich, und es scheint, als hätten Sie ein Großteil der Wrackteile gefunden.»
    Der Kapitän nickte enthusiastisch. «Das ist richtig, mein Herr. Wir gehen davon aus, dass wir fünfundneunzig Prozent der Wrackteile gefunden haben. Es war schwierig, aber wir betrachten es als unsere Pflicht, gründliche Arbeit zu leisten.»
    «Sehr gut.» Xie lächelte den jungen Mann mit dem intelligenten, offenen Gesicht an. Er machte einen ehrlichen Eindruck und schien darauf erpicht zu sein, seine Auftraggeber zufriedenzustellen. Solche Menschen neigten nicht zum Lügen, das wusste er. Xie mochte ihn. Es lag in der Natur seiner Tätigkeit, dass er Menschen wie ihm nicht häufig begegnete.
    «Fünfundneunzig Prozent», wiederholte er anerkennend. «Das ist viel. Trotzdem ist mir aufgefallen, dass einige Komponenten fehlen, die in der Materialliste aufgeführt sind. Ist es möglich, dass sich Teile mit diesen Materialien noch an der Unglücksstelle befinden?»
    Diese Frage war dem Kapitän sichtlich unangenehm. «Ich fürchte, wir müssen davon ausgehen, dass einige Teile unauffindbar bleiben werden, mein Herr. In unserem Bericht haben wir ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir nicht alles gefunden haben, aber der Verlust macht, wie gesagt, nur fünf Prozent aus.»
    «Haben Sie jedes einzelne gefundene Teil genau analysiert und zugeordnet, sodass Sie sagen können, welchem Zweck es ursprünglich diente?»
    «Ich fürchte, nein. Unser Auftrag bestand lediglich darin, alles wiederzufinden, was in der Materialliste des Herstellers aufgeführt wird. Aber diese Liste ist äußerst detailliert und umfangreich, und ich kann Ihnen versichern, dass doppelt und dreifach geprüft wurde, ob wir sie bei der Erstellung unserer eigenen Liste auch wirklich abgearbeitet haben.»
    «Das bezweifle ich keineswegs. Dürfte ich wohl trotzdem eine Kopie Ihrer Liste für meine Unterlagen haben? Es ist reine Routine, und die Bürokratie fordert nun mal ihr Recht.»
    Der Kapitän nickte verständnisvoll. «Folgen Sie mir bitte.»
    Xie trank seinen Tee aus, und der Kapitän führte ihn an den Rand des Hangars, wo für die Dauer der Untersuchung ein provisorisches Büro eingerichtet worden war. Mehrere hochauflösende Scanner standen ordentlich in einer Reihe neben einer großen Waage. Im Halbkreis drum herum waren Tische, auf denen aufgeklappte Laptops standen.
    «Nehmen Sie doch bitte Platz, mein Herr.» Der Kapitän bot Xie einen Schreibtischstuhl an.
    Xie setzte sich und holte das Dossier aus seiner Aktentasche, das er von der Herstellerfirma erhalten hatte. Er fuhr mit dem Finger an den einzelnen Positionen entlang, während er sie mit den Daten verglich, die in einer Excel-Liste auf dem Laptop des Kapitäns erschienen.
    «Sagen Sie, Kapitän», sagte er über die Schulter. «Was genau ist beim Start schiefgegangen? In Laiensprache, wenn ich bitten darf. Technik ist nicht gerade meine starke Seite.»
    Der Kapitän nahm Haltung an, ehe er sprach. «Wir glauben, dass ein Dichtungsring im rechten Heckbereich der Trägerrakete Sekunden nach dem Start abgeplatzt ist, sodass Treibstoff austreten konnte und verbrannte, was wiederum zur Beschädigung des Haupttanks führte. Die

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