Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
stimmte sie aber seltsamerweise irgendwie froh. Sie wusste nun, dass die bevorstehende Trennung wirklich das Beste für sie beide sein würde und nicht nur ein unendlich bitterer Verzicht, wie sie in den letzten Wochen geglaubt hatte.
Als sie am Abend dann alle zusammen das Abschiedsfest feierten, tischte Bela ein wahrhaft königliches Mahl auf und den besten Wein, den Ragnor je getrunken hatte. Nach dem Abendessen erläuterte Menno ihnen ausführlich ihre Reiseroute und die möglicherweise damit verbundenen Gefahren: "Unser Weg wird uns zuerst durch die recht angenehme Mittelgebirgslandschaft der Baronie Niewborg führen. Dort werden wir im Wesentlichen die Handelsstraße entlang der Mors benutzen und uns dabei auf den königlichen Geleitbrief verlassen, den mir Mark da Loza mitgegeben hat. Der Baron von Niewborg und seine Vasallen werden uns sicherlich in Ruhe lassen. Aufgrund seiner Lage zwischen Caer und Kormon auf der einen und Ahrborg und Harkon auf der anderen Seite und seiner traditionellen Frontstellung am großen Pass zu den Ork, ist er sehr auf seine Neutralität bedacht. Der Baron ist ein sturer alter Mann, ausgesprochen selbstsüchtig Fremden gegenüber aber zweifellos ein guter Feudalherr. Er unterstützt seine wehrhaften Bauern, deren Dörfer und Gehöfte er befestigen hilft und reist ständig, begleitet von zwanzig Panzerreitern und ihren Knappen, kreuz und quer durch seine Baronie, um seine Leute vor Räubern und Marodeuren zu schützen.Sobald wir die Baronie Ahrborg erreicht haben, wird sich das Bild allerdings drastisch ändern und unsere Reise wird wesentlich gefährlicher werden: Der Baron von Ahrborg ist ein verschwendungssüchtiger, schwacher Feudalherr, der seine Bauern ausplündert und mit jedem paktiert, der ihn bezahlt. Im Moment hält er es mit dem Baron von Harkon, der wie eine fette Spinne auf Burg Harkon sitzt und ihn großzügig unterstützt. Kreeg da Harkon ist ja, wie ihr wisst, ein 'guter' Freund von Rurig und Maramba. Es könnte sich allerdings ein Problem aus der Tatsache ergeben, dass sich die Knechte des Barons von Ahrborg auch gerne an Reisenden vergreifen, um unverschämte Zölle einzutreiben oder hin und wieder auch, um Lösegelder zu erpressen. Wir werden also in Ahrborg öfter mal gezwungen sein die Handelsstraße zu meiden und über Nebenstraßen zu reisen, um dieser Gefahr weitestgehend auszuweichen."
Nachdem Menno seine kurze Einweisung beendet hatte, saßen alle mit nachdenklichen Gesichtern um den Kamin. Doch die ernste Stimmung verflog schnell, als der alte Lars eine seiner lustigen Geschichten aus seiner Zeit als Lehrer in Caerum erzählte und wich einer teilweise sogar ausgelassenen Stimmung, die, unterstützt von dem herrlichen Rotwein, auch den Rest des Abends anhielt. Einem unbeteiligten Beobachter wäre allerdings aufgefallen, dass es ein jeder von nun an fast krampfhaft vermied, durch Gespräche über die nähere gemeinsame Vergangenheit Wehmut in dieses Abschiedsfest zu tragen.Spät und nach dem Genuss von einigen Amphoren erstklassigen, zephirischen Weines gingen sie dann alle zu Bett. Danach versank der Rest der Nacht für Ragnor und Ana noch einmal in stürmischer Leidenschaft, und es gelang den beiden, berauscht wie sie waren, sie noch einmal in vollen Zügen zu genießen.
Als Bela Ragnor am nächsten Morgen im ersten Morgengrauen weckte, war Ana schon aufgestanden. Ragnor erhob sich und fühlte sich dabei ziemlich zerschlagen. Er hatte das Gefühl, dass sein Kopf über Nacht von dem schweren Wein erheblich dicker geworden war. Doch nachdem er ihn mehrmals in eine große Schüssel mit eiskaltem Wasser getaucht hatte, die ihm Ana schon vorsorglich hingestellt hatte, kehrten seine Lebensgeister langsam zurück. Er wusch sich fertig, kleidete sich an und ging dann in das Speisezimmer hinunter, wo sich die anderen bereits zum Frühstück versammelt hatten.
Zufrieden stellte er fest, dass Menno, Lars und Grugar auch unter den Folgen des Vorabends litten, ausgesprochen einsilbig waren. Während er sein Frühstück einnahm, sah er immer wieder zu Ana hinüber, die ihm gegenüber saß. Sie wirkte sehr locker, lächelte ihn freundlich und aufmunternd an, so als ob sie ihm sagen wollte: "Denk an deine Zukunft und lasse dich nicht so hängen."Dann sagte sie lächelnd: "Übrigens hat Karl, der Schmied, vor einer Stunde deine neue Rüstung geliefert. Er hat sie persönlich im Wagen verstaut und trug mir auf, dich herzlich zu grüßen und dir eine gute Reise zu
Weitere Kostenlose Bücher