Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
Gebäude, aber im Gegensatz zu den Gasthöfen in den Dörfern, in denen sie bisher übernachtet hatten, war es allerdings ein prächtiges Anwesen mit ausgesprochen komfortabler Ausstattung.
Während ihre Wagen langsam durch Ahrweiler gerollt waren, hatte der Junge das bunte Treiben in den Straßen und Gassen aufmerksam beobachtet. Inmitten der vornehmen Häuser, in deren Mitte die protzige Burg des Barons lag, fielen dem Jungen die augenfällig extremen Unterschiede zwischen arm und reich auf, als er die Passanten genauer musterte. Sicher, es gab eine Reihe prächtig herausgeputzte Männer und Frauen, die, begleitet von ihren Dienern, offenbar gut zu dieser schönen Stadt passten. Aber wenn man sich genau umsah, bemerkte man, dass zwischen den unwillkürlich ins Auge fallenden Reichen, viele elend gekleidete Leibeigene gehetzt und mit hoffnungslosen Blicken den schweren, niederen Arbeiten nachgingen, die diese Pracht der Wenigen wohl erst ermöglichten.Diese Eindrücke gingen Ragnor im Kopf herum, als er mit Menno und Maramba im Innenhof des Gasthofes die Pferde abschirrte, um sie in den Stall zu bringen und zu versorgen.
"Sag mal Menno, wer waren diese prächtig gekleideten Leute, die uns auf unserem Weg hier her begegneten? Sie passen so gar nicht zu dem Elend der Leibeigenen, das wir in Ahrborg bisher gesehen haben.""Oh doch. Sie passen sogar hervorragend zu diesem Elend", antwortete der stämmige Seemann heftig erregt."Es sind die Speichellecker des Barons, die Höflinge, Beamte und gewissenlose Kaufleute, die ihm helfen sein Volk auszupressen und dafür ihren schäbigen Anteil an der Beute bekommen."Ragnor spürte die tiefe Verachtung, die sein väterlicher Freund für diese Menschen empfand und drang nicht weiter in ihn, da er bemerkte, wie sehr dieses Thema Menno in Rage brachte.
Kapitel 5
Eine weitere Facette von Ahrweilers schäbigem Glanz bekam der Junge am Abend zu sehen, als sie sich in der Gaststube an einem großen Tisch zu einem kräftigen Abendessen versammelt hatten. Sie wurden dort von jungen und recht hübschen, allerdings nur spärlich bekleideten Frauen bedient, die Menno, Maramba und ihm, während sie die Speisen und Getränke auftrugen, ganz bewusst tiefe Einblicke auf ihre gut gewachsenen Körper gewährten.Das irritierte den Jungen doch mächtig. Menno, der bemerkte, dass Ragnor durch diesen sexuellen Reiz ganz unruhig wurde, tippte ihn mit dem Finger an und meinte schmunzelnd: "Ja mein Junge, das ist Ahrweiler. Wenn du ein paar Silbermünzen springen lässt, kannst du jede von ihnen ins Bett kriegen.""Du meinst, sie tun es für Geld?", fragte der Junge. "Ich dachte immer, man tut es aus Liebe!"Menno lächelte nachsichtig über die liebenswürdige Naivität seines jungen Schützlings und klärte ihn umgehend auf: "Weißt du, mein Junge- Huren gibt es überall. Besonders häufig aber sind sie an Orten, wo Unterdrückung und Ausbeutung herrschen. Dort haben viele Frauen gar keine andere Wahl. Es ist nämlich immer noch besser in einer Schenke wie dieser zu arbeiten, als auf einem dieser dreckigen Fronhöfe unseres hochgeschätzten Barons. Hier können Sie sich ihre Bettgenossen in der Regel wenigstens selbst aussuchen, während sie auf den Fronhöfen der Willkür der Söldner vollkommen schutzlos ausgeliefert sind.""Und wer bekommt das Geld, das sie auf diese Weise verdienen?", fragte der Junge, der sehr aufmerksam zugehört hatte."Sie leben und kleiden sich davon. Sie bekommen für ihre normale Arbeit in der Schenke keinen Lohn, denn das Geld, das der Wirt für sie bezahlen muss, verschwindet als Leibeigenenabgabe in der Kasse des Barons", ergänzte der alte Lars."Leider habe ich heute keine Zeit fürs Vergnügen", meinte Menno, mit einem bedauernden Blick auf eine üppige Blondine, die gerade vorbei ging und fügte dann ganz leise hinzu: "Ich muss heute Abend nämlich noch ein wenig spionieren gehen."An Maramba und Ragnor gewandt fuhr er dann fort: "Ihr beide bleibt bitte bis zur Sperrstunde hier unten sitzen, trinkt Bier und seht zu, ob ihr irgendetwas aus den Gesprächen hier aufschnappen könnt. Lasst aber die Finger von den Mädchen, es könnten Spioninnen darunter sein, die sehr geschickt im Ausfragen sind. Gebt ihnen hin und wieder ein kleines Trinkgeld und klopft ihnen dann mal freundlich auf den Po, damit ihr nicht auffallt, aber geht nicht allein mit ihnen nach oben."Tana, die die Anweisungen von Menno mitbekommen hatte, wollte erst protestieren, dass er den Jungen raus
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