Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
halten sollte, doch Lars schnitt ihr den Protest mit einer Handbewegung ab und sagte bestimmt: "Ragnor ist nun fast erwachsen, und wir können uns keine Rücksichten irgendwelcher Art mehr leisten. Er und Maramba sind am wenigsten auffällig, wenn sie hier unten weiter zechen, und du musst dir abgewöhnen, ihn wie eine Glucke bemuttern zu wollen."Tana nickte bedauernd, nahm Lars am Arm und bemerkte dann spitz: "Komm, die Alten müssen jetzt schlafen gehen."Jetzt war es an Lars, mit einem schwachen Lächeln, ergeben zu nicken, und die beiden gingen die Treppe hoch in ihr Quartier.
Menno blieb noch eine Weile bei Maramba und Ragnor sitzen und trank mit ihnen, bevor er sich eine Stunde vor Mitternacht unauffällig entfernte. Die Schenke war zu diesem Zeitpunkt bis auf den letzten Platz gefüllt. Vor allem Söldner und niedere Beamte schienen hier zu verkehren und lautstark ihrem Vergnügen nachzugehen. Die Schankmädchen hatten sich, nachdem sie bemerkt hatten, dass mit Maramba und Ragnor nichts anzufangen war, auf die anderen Gäste konzentriert und verschwanden immer mal wieder mit dem einen oder anderen für kurze Zeit ins obere Stockwerk.
Maramba und Ragnor hockten meist stumm über ihren Bierkrügen und hielten die Ohren gespitzt. Sie saßen in der Nähe einiger Beamter des Barons, welche sich lebhaft über ihre Probleme bei der Beschaffung von Zelten, Wagen und anderen Nachschubgütern ausließen. Außerdem beklagten sie, die in letzter Zeit stark steigende Anzahl von Söldnern, welche sie zu versorgen hätten, ohne über die notwendigen Mittel zu verfügen, da der verschwenderische Haushalt des Barons den Großteil für sich beanspruchte. Einer von ihnen, der sich besonders zu ärgern schien, sagte zu einem seiner Saufkumpane: "Stell dir vor, von den zwanzigtausend lorcanschen Goldtalenten, die letzte Woche für die Ausrüstung aus Burg Harka von Kreeg da Harkon gekommen sind, hat sich der Haushofmeister unseres Barons doch glatt die Hälfte unter den Nagel gerissen. Wie soll man da die Beschaffungszahlen schaffen?"Sein Kumpan antwortete ihm darauf grinsend: "Ach, stell dich nicht so an. Irgendetwas in lausiger Qualität wirst du schon auftreiben können, um die Zahlen zu schaffen und auch noch deine Taschen beträchtlich zu füllen. Was kümmert es uns, wenn es hinterher nichts taugt!"
Während die beiden in der Schenke saßen, um den Gesprächen dort zuzuhören, machte sich Menno, im Dunkel der Nacht, auf den Weg zu den Kasernen und Magazinen, welche unterhalb des Schlossberges von Ahrweiler lagen. Er atmete tief durch, als er die vom Kaminfeuer geschwängerte Luft hinter sich gelassen hatte. Er warf einen prüfenden Blick die Gasse hinunter, welche nur vom fahlen Licht der beiden Monde beleuchtet wurde, die gerade beide am wolkenlosen Frühsommerhimmel standen. Der kleine rote Mond Ximonar stand hoch am Himmel, während der große grüne Mond Amanar gerade dabei war unterzugehen.
"Irgendwie seltsam", sinnierte der stämmige Seemann. "Da stehen die beiden so einträchtig am Himmel, obwohl sie doch eigentlich Gegensätze darstellen, wie sie größer nicht sein könnten."Menno schmunzelte. Um diese Zeit ging er immer auf die Pirsch, wenn er etwas ausspionieren wollte. Die Menschen in Caer verließen um diese Zeit normalerweise ihre Häuser nicht mehr, denn sie glaubten, dass, sobald Amanar, das Symbol Amas des Guten, unterging, Ximons Knechte, die dem Bösen dienten, durch die Welt schlichen, gestärkt von Ximonars rotem Licht.
So erreichte Menno kurz, nach Mitternacht, das besagte Militärgelände. Als Erstes nahm er sich die Magazine vor, mehrstöckige, primitive Holzbauten, welche rechts von den alten steinernen Kasernenbauten in mehreren Reihen standen. Sie waren offenbar auf dem Pflaster eines ehemaligen Exerzierplatzes errichtet worden, und es war gerade genügend Platz zwischen ihnen, um mit Pferdefuhrwerken ein- und ausfahren zu können.
Eine Zeit lang verharrte er reglos im Schatten einer Toreinfahrt, die gegenüber der Reihe der Magazinbaracken lag. Schnell hatte er die Wachen ausgemacht, die als Doppelstreifen rund um den Lagerkomplex unterwegs waren. Er wartete ab, bis die Patrouille im Schatten der Gasse verschwunden war. Dann spurtete er hinüber, zog sich am Dachbalken hoch, und kletterte gewandt die Außenbalken hinauf. Lautlos glitt er dann über die Kante des flachen Daches und duckte sich hinter die Balkenumrandung. Nun wartete er in Ruhe ab, bis die nächste Streife vorbei war, und
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