Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
um die unbequemen Lederriemen zu lösen. Menno bekam fast einen Lachkrampf, bis es Ragnor endlich, unter großen Mühen, gelang, eines von Mennos kleinen Wurfmessern, aus einem von dessen Nackenhalftern mittels seiner zusammengebundenen Händen heraus zu ziehen. Ragnor knurrte ärgerlich, weil Mennos Lacherei seine Arbeit erschwerte: "Jetzt hör auf so rum zu hampeln, das macht die Sache nicht gerade einfacher!"
Als er Menno dann endlich von seinen Riemen befreit hatte, schaute sein stämmiger Freund voll Wehmut auf seine zerschnittenen Hände und meinte trocken: "Da hast du dich aber sauber gerächt, mein Junge."Nun musste auch Ragnor lachen, während Menno ihn ebenfalls von seinen Riemen befreite, denn er konnte Menno nie lange böse sein, auch wenn der ihn oft ärgerte. Das freundliche und optimistische Wesen des bärtigen Seemanns hatte noch immer jede, wie auch immer gelagerte Verstimmung, zwischen den beiden im Nu beseitigt.Doch schlagartig wurde Menno wieder ernst, während er seine Ausrüstung untersuchte und stellte ernst fest: "Genug gelacht. Wir müssen uns beeilen, das Gebiet von Kaarborg zu erreichen, um uns die nötige Ausrüstung für die Befreiung unserer Familie zu besorgen."Zweifelnd sah der Junge ihn an und fragte: "Wie willst du das anfangen? Die Burg schien mir gut befestigt zu sein! Ich stelle es mir ganz schön schwierig vor, jemand da heraus zu holen.""Du hast sicher recht. Leicht wird es nicht. Aber wir müssen es versuchen, sonst wird der junge Schnösel Lars, Tana und Maramba quälen und vielleicht umbringen. Also auf die Pferde und zur Grenze", beendete Menno die Diskussion.
Nach einer knappen Stunde scharfen Rittes erreichten sie die Grenze. Gleich hinter dem Schlagbaum befand sich ein Weiler mit Gasthof, welcher einen kleinen Grenzposten der Kaarborger Miliz beherbergte. Zu ihrer Überraschung fanden sie nicht nur die übliche Grenztruppe von einem Korporal und elf Soldaten, sondern eine ganze Kompanie von einhundert Mann des vierten Bauernregiments vor, was Menno an der Standarte erkannte, die hier aufgepflanzt worden war. Dieser Grenzübergang nach Ahrborg war, in diesen unruhigen Zeiten, ganz offenbar personell verstärkt worden war.
Menno wies sich beim Wachhabenden mit Rurigs Ring aus und verlangte unverzüglich den kommandierenden Offizier zu sprechen. Der wachhabende Leutnant grüßte respektvoll, und versprach, seinen Hauptmann umgehend von ihrer Ankunft zu benachrichtigen. Er winkte zwei Soldaten herbei, welche die Pferde der beiden zu den Ställen brachten, während er selber, Ragnor und Menno zum Gasthof führte.
Der junge Mann musterte die freundlichen Häuser des kleinen Weilers mit Wohlgefallen. Alles blitzte vor Sauberkeit, und die Menschen, die ihnen begegneten, waren freundlich und gut gelaunt. Wie gut den Menschen doch die Freiheit tut, wenn sie mit Freude für ihr Hab und Gut arbeiteten. Nie war dem Jungen ein Unterschied krasser klar geworden, als jetzt, wo er die schlampigen Gasthöfe und heruntergekommenen Fronhöfe von Ahrborg mit dem gepflegten Weiler der Kaarborger verglich. Auch fiel ihm sofort das gute Verhältnis auf, das die Soldaten des Regimentes und die Bewohner des Weilers ganz offensichtlich verband. Doch eigentlich war es gar nicht so erstaunlich, stellte er nach kurzer Überlegung fest, denn die Soldaten des Kaarborger Regimentes waren selber Bauern, die das Hab und Gut anderer achteten und keine beutegierigen verrohten Söldner. Er beschloss, wenn sie erst in Kaarborg waren, sich mit Rurig mal ausführlich über die Prinzipien der Verwaltungs- und Wehrordnung seiner Grafschaft zu unterhalten, denn es ging ihm nun auf, dass viele Dinge zusammen spielen mussten, um ein funktionierendes Gemeinwesen zu schaffen und zu erhalten. Das war es also, was Lars immer als 'Verantwortung der Feudalherren' bezeichnet hatte, als er bei seinem Unterricht im letzten Winter die Feudalordnung von Caer und ihre unterschiedlichen Ausprägungen in den einzelnen Grafschaften und Baronien kurz, aber mit viel ironischem Biss, erklärt hatte.
Schließlich betraten sie die saubere Gaststube, und der Leutnant bat sie freundlich, sich an einem der langen Tische, in dem mit hellem Holz freundlich eingerichteten Raum, niederzulassen."Darf ich euch zwei Kaarborger Bier zapfen lassen, während ich den Hauptmann informiere?", fragte er höflich."Ja, das ist eine wirklich gute Idee", antwortete Menno freundlich. "Und lassen sie auch gleich für ihren Hauptmann eins mitzapfen. Ich
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