Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
"Das glaube ich auch, und es ist gut so. Gemeinsam werden sie mit ihren schmerzlichen Verlusten besser fertig werden."Liebevoll glitt sein Blick dabei über das verhärmte und doch hübsche Gesicht des Mädchens, welches Ragnor für einen Moment auf einen Stuhl gesetzt hatte, bevor sie zum Begräbnis aufbrachen.
Es war ein stilles Begräbnis unter der alten Roteiche. Die heraus gestochenen Grasstücke waren sorgfältig wieder eingesetzt worden, nachdem die Gräber geschlossen worden waren, sodass der Frieden der beiden nicht von Fremden gestört werden konnte. Ragnor hatte sich tief im Innern geschworen, dass er an das Grab von Tana und Miranas Mutter zurückkehren würde, wenn deren Mörder, Atz da Ahrborg, erst mal tot war, und vielleicht erlaubten es dann sogar die Machtverhältnisse, den beiden Frauen einen würdigen Grabstein setzen zu lassen.
In der Burg herrschte schon Aufbruchsstimmung, als sie zurückkehrten. Die Wagen waren bereits beladen vor die Burg gefahren worden und auch die Gefangenen, die auf Burg Koman, der benachbarten Grenzfestung der Kaarborger, interniert werden würden, standen mit Handfesseln versehen und von Milizionären bewacht zum Aufbruch bereit. Diese Gefangenen, bis auf die Handvoll überlebender Soldaten, würden wieder frei gelassen werden, sobald der unvermeidlich bevorstehende Krieg begonnen hatte. Wenn die Feindseligkeiten erst offiziell eröffnet waren, würde ihr nächtlicher Überfall politisch keine Rolle mehr spielen und es würde keinen Grund mehr geben, sie weiterhin festzuhalten.
Ragnor nahm für ihre Abreise eines der vorhandenen Reitpferde, die ihm Hauptmann Kufur angeboten hatte. Er hatte Mirana vor sich aufs Pferd gesetzt, als sie zusammen mit Menno über die Zugbrücke ritten. Die Feuer in der Burg waren bereits gelegt, um alle Holzteile der Burg zu vernichten und die Dächer zum Einsturz zu bringen. Hinter ihnen wurde gerade der letzte Akt der Brandschatzung vorbereitet. Die Milizionäre tränkten die Zugbrücke mit Lampenöl aus den Burgbeständen und zündeten dann den Holzstoß an, den sie auf der Brücke aufgeschichtet hatten. Sofort erfassten die Flammen, die mit Öl getränkte Brücke, und sie stand Minuten später bereits in hellen Flammen. Als sie den Burgberg umrundet hatten, quoll dicker, schwarzer Rauch aus dem Bergfried, dem Pallas und den Wehrgängen, und die ersten Flammen leckten bereits gierig über die Mauerkronen.
"Da wird der Herr Kastellan ganz schön fluchen, wenn er in etwa drei Tagen hierher zurückkommen wird, mit seinen Söldnern. Die werden ihm sowieso gleich wieder davonlaufen, wenn er von ihnen verlangt, ihm beim Wiederaufbau der Burg zu helfen", spöttelte Menno."Wenn ich ihn in der Burg erwischt hätte, dann wäre er nicht mehr fähig, sich zu ärgern", bemerkte der Junge darauf in unversöhnlichem Ton. Er hatte immer noch nicht verwunden, dass er den Kastellan nicht zur Rechenschaft hatte ziehen können. Ragnor warf einen letzten Blick zu der brennenden Burg hinauf und empfand dabei zumindest eine kleine Befriedigung. Der Kastellan würde sich ranhalten müssen, wenn er die Burg bis zum Winter wieder instand setzen wollte. Es bestand immerhin eine gute Chance, dass sie noch nicht voll verteidigungsfähig sein würde, wenn der Krieg begann.
Sie ritten langsam, am Ende der langen Marschkolonne, auf der Handelsstraße an der Mors, Richtung Grenze. Mirana saß vor ihm auf dem Pferd und nahm die Landschaft und den Fluss, der in der warmen Sommersonne glitzerte, in sich auf. Interessiert sah sie sich um, und Ragnor erkannte an den Fragen, die sie immer wieder an ihn stellte, dass das kleine Mädchen vermutlich nie außerhalb der Burg gewesen war, seit sie hierher auf die Festung gebracht worden war. Ein tiefes Mitleid durchströmte ihn, wenn er an seine eigene, unbeschwerte Jugend dachte, und er küsste sie sanft auf den Haarschopf. Das Mädchen kuschelte ihren Kopf, bei der Liebkosung an ihn, und es wurde ihm ganz warm ums Herz. Er beschloss, wenn er erst in Kaarborg sein würde, ihr alles zu zeigen, was er über die Schönheiten von Makar und seine Natur wusste. Er wollte ihr helfen, all das zu erfahren, was ihr ein grausames Schicksal bisher vorenthalten hatte.
Kapitel 7
Am Grenzposten angekommen, wurden die Gefangenen nach einer kurzen Rast mit einer starken Eskorte versehen und nach der Kaarborger Grenzfestung Koman, die ganz in der Nähe lag, in Marsch gesetzt.
Ragnor überließ sein Beutepferd einem Milizionär, der es in
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